"Der Hof liegt dort hinaus," sagte der Kut¬ scher, mit dem Peitschenstiel rechts über die Haide deutend; "Sie können ihn von hier aus nicht sehen. Ich fahre den Herrn Doctor nach dem Schweizer¬ häuschen."
"Und wo liegt das?"
"Gerade vor uns, in den Tannen."
Ein Wäldchen von hohen Tannen krönte den höch¬ sten Punkt des Ufers, zu dem jetzt der Weg, der immer steiler und steiniger wurde, ziemlich rasch hin¬ aufführte. Als Oswald sich, um die zurückgelegte Strecke zu überschauen, im Wagen umwandte, erblickte er in der Entfernung von vier bis fünfhundert Schrit¬ ten den Reiter, der vorhin vor dem Wirthshause ge¬ halten hatte. Er ritt mit derselben Geschwindigkeit, in welcher der Wagen fuhr, und als dieser zufällig hielt, weil eine Schnalle an dem Riemenzeug auf¬ gegangen war, hielt er ebenfalls sein Pferd an, so lange bis das Fuhrwerk sich wieder in Bewegung setzte. Oswald, dem dies Benehmen aufgefallen war, bat den Kutscher nach einigen Minuten abermals zu halten. Er wandte sich um: der Reiter hielt ebenfalls. Er ließ dies Manöver noch ein paar Mal wiederholen, stets mit demselben Erfolg.
"Das ist doch sonderbar," sagte Oswald.
„Der Hof liegt dort hinaus,“ ſagte der Kut¬ ſcher, mit dem Peitſchenſtiel rechts über die Haide deutend; „Sie können ihn von hier aus nicht ſehen. Ich fahre den Herrn Doctor nach dem Schweizer¬ häuschen.“
„Und wo liegt das?“
„Gerade vor uns, in den Tannen.“
Ein Wäldchen von hohen Tannen krönte den höch¬ ſten Punkt des Ufers, zu dem jetzt der Weg, der immer ſteiler und ſteiniger wurde, ziemlich raſch hin¬ aufführte. Als Oswald ſich, um die zurückgelegte Strecke zu überſchauen, im Wagen umwandte, erblickte er in der Entfernung von vier bis fünfhundert Schrit¬ ten den Reiter, der vorhin vor dem Wirthshauſe ge¬ halten hatte. Er ritt mit derſelben Geſchwindigkeit, in welcher der Wagen fuhr, und als dieſer zufällig hielt, weil eine Schnalle an dem Riemenzeug auf¬ gegangen war, hielt er ebenfalls ſein Pferd an, ſo lange bis das Fuhrwerk ſich wieder in Bewegung ſetzte. Oswald, dem dies Benehmen aufgefallen war, bat den Kutſcher nach einigen Minuten abermals zu halten. Er wandte ſich um: der Reiter hielt ebenfalls. Er ließ dies Manöver noch ein paar Mal wiederholen, ſtets mit demſelben Erfolg.
„Das iſt doch ſonderbar,“ ſagte Oswald.
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[15/0025]
„Der Hof liegt dort hinaus,“ ſagte der Kut¬
ſcher, mit dem Peitſchenſtiel rechts über die Haide
deutend; „Sie können ihn von hier aus nicht ſehen.
Ich fahre den Herrn Doctor nach dem Schweizer¬
häuschen.“
„Und wo liegt das?“
„Gerade vor uns, in den Tannen.“
Ein Wäldchen von hohen Tannen krönte den höch¬
ſten Punkt des Ufers, zu dem jetzt der Weg, der
immer ſteiler und ſteiniger wurde, ziemlich raſch hin¬
aufführte. Als Oswald ſich, um die zurückgelegte
Strecke zu überſchauen, im Wagen umwandte, erblickte
er in der Entfernung von vier bis fünfhundert Schrit¬
ten den Reiter, der vorhin vor dem Wirthshauſe ge¬
halten hatte. Er ritt mit derſelben Geſchwindigkeit,
in welcher der Wagen fuhr, und als dieſer zufällig
hielt, weil eine Schnalle an dem Riemenzeug auf¬
gegangen war, hielt er ebenfalls ſein Pferd an, ſo
lange bis das Fuhrwerk ſich wieder in Bewegung ſetzte.
Oswald, dem dies Benehmen aufgefallen war, bat den
Kutſcher nach einigen Minuten abermals zu halten.
Er wandte ſich um: der Reiter hielt ebenfalls. Er
ließ dies Manöver noch ein paar Mal wiederholen,
ſtets mit demſelben Erfolg.
„Das iſt doch ſonderbar,“ ſagte Oswald.
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/25>, abgerufen am 16.07.2024.
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