wald konnte das Gesicht nicht sehen, da der Reiter sich eben niederbeugte, ein Glas Branntwein entgegen¬ zunehmen, das eine blauäugige, blonde Schifferdirn mit einem allerliebsten Stumpfnäschen ihm präsentirte.
"Das Pferd ist unter Brüdern seine zweihundert Louisd'or werth," sagte der Kutscher, welcher ein Kenner war.
"Wer ist der Herr?" fragte Oswald.
"Weiß nicht; ich konnte sein Gesicht nicht sehen."
Hinter dem Fischerdorfe stieg der Weg ziemlich schnell zu einer bedeutenderen Höhe, als von welcher er auf jener Seite herabgesunken war. Auch nahm die Landschaft hier einen anderen Charakter an. Das Terrain war weniger eben; statt des gelben nickenden Kornes bedeckte braunes Haidekraut den Boden, der hier und da auf große Strecken eine mit kleinen und großen Steinen und ödem, nur spärliche Gräser trei¬ bendem Sande bedeckte Wüste war. Auch die Luft schien weniger warm, und man hörte, da sich der Weg näher am Rande des hohen steilen Ufers hinzog, deutlicher das Brausen des Meeres. Ein Seeadler zog hoch oben in der blauen Luft seine Kreise, einige¬ mal schwebte sein blauer Schatten über den sonne¬ beschienenen, steinigen Weg.
"Ist es noch weit bis Cona?" fragte Oswald.
wald konnte das Geſicht nicht ſehen, da der Reiter ſich eben niederbeugte, ein Glas Branntwein entgegen¬ zunehmen, das eine blauäugige, blonde Schifferdirn mit einem allerliebſten Stumpfnäschen ihm präſentirte.
„Das Pferd iſt unter Brüdern ſeine zweihundert Louisd'or werth,“ ſagte der Kutſcher, welcher ein Kenner war.
„Wer iſt der Herr?“ fragte Oswald.
„Weiß nicht; ich konnte ſein Geſicht nicht ſehen.“
Hinter dem Fiſcherdorfe ſtieg der Weg ziemlich ſchnell zu einer bedeutenderen Höhe, als von welcher er auf jener Seite herabgeſunken war. Auch nahm die Landſchaft hier einen anderen Charakter an. Das Terrain war weniger eben; ſtatt des gelben nickenden Kornes bedeckte braunes Haidekraut den Boden, der hier und da auf große Strecken eine mit kleinen und großen Steinen und ödem, nur ſpärliche Gräſer trei¬ bendem Sande bedeckte Wüſte war. Auch die Luft ſchien weniger warm, und man hörte, da ſich der Weg näher am Rande des hohen ſteilen Ufers hinzog, deutlicher das Brauſen des Meeres. Ein Seeadler zog hoch oben in der blauen Luft ſeine Kreiſe, einige¬ mal ſchwebte ſein blauer Schatten über den ſonne¬ beſchienenen, ſteinigen Weg.
„Iſt es noch weit bis Cona?“ fragte Oswald.
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wald konnte das Geſicht nicht ſehen, da der Reiter
ſich eben niederbeugte, ein Glas Branntwein entgegen¬
zunehmen, das eine blauäugige, blonde Schifferdirn
mit einem allerliebſten Stumpfnäschen ihm präſentirte.
„Das Pferd iſt unter Brüdern ſeine zweihundert
Louisd'or werth,“ ſagte der Kutſcher, welcher ein
Kenner war.
„Wer iſt der Herr?“ fragte Oswald.
„Weiß nicht; ich konnte ſein Geſicht nicht ſehen.“
Hinter dem Fiſcherdorfe ſtieg der Weg ziemlich
ſchnell zu einer bedeutenderen Höhe, als von welcher
er auf jener Seite herabgeſunken war. Auch nahm
die Landſchaft hier einen anderen Charakter an. Das
Terrain war weniger eben; ſtatt des gelben nickenden
Kornes bedeckte braunes Haidekraut den Boden, der
hier und da auf große Strecken eine mit kleinen und
großen Steinen und ödem, nur ſpärliche Gräſer trei¬
bendem Sande bedeckte Wüſte war. Auch die Luft
ſchien weniger warm, und man hörte, da ſich der Weg
näher am Rande des hohen ſteilen Ufers hinzog,
deutlicher das Brauſen des Meeres. Ein Seeadler
zog hoch oben in der blauen Luft ſeine Kreiſe, einige¬
mal ſchwebte ſein blauer Schatten über den ſonne¬
beſchienenen, ſteinigen Weg.
„Iſt es noch weit bis Cona?“ fragte Oswald.
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/24>, abgerufen am 16.07.2024.
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