verächtlich bei Seite schieben, weil sein feines Auge doch irgendwo einen Flecken daran bemerkt hat; er wird Alles, was ihm die Erde bietet, gierig ergreifen und verächtlich wieder fortwerfen, weil es eben irdisch, weil es, und wäre es noch so himmlisch, doch immer mit einem Erdenrest behaftet ist."
"Sie sagen mir nichts, Oldenburg, was ich mir nicht schon hundert und tausendmal selbst gesagt hätte."
"Ich weiß es. Die Beurtheilung solcher Naturen kann Ihnen nicht schwer werden, denn auch Sie sind diesem Dämon unterthan. Aber Sie sind ein Weib, und über euch hat der Dämon nicht, wie über uns, unbedingte Gewalt. Ihr, und wenn ihr euch auch noch so sehr sträubt, laßt euch zuletzt doch in der Liebe Fesseln schlagen und seid stolz auf diese Fesseln; der Mann, und wenn er im Anfang noch so sehr mit dem neuen Schmucke prunkt, schleudert ihn zuletzt doch von sich. Und so wird es geschehen."
"Nein, nein!"
"Ja, Melitta; es wird geschehen und -- jetzt weiß ich auch, welches dieses Unglück ist, das ich über Deinem theuren Haupte wie eine finstere Wetterwolke schweben sah. Glaube es mir, der Schlag wird über kurz oder lang auf Dich niederschmettern, und wenn
verächtlich bei Seite ſchieben, weil ſein feines Auge doch irgendwo einen Flecken daran bemerkt hat; er wird Alles, was ihm die Erde bietet, gierig ergreifen und verächtlich wieder fortwerfen, weil es eben irdiſch, weil es, und wäre es noch ſo himmliſch, doch immer mit einem Erdenreſt behaftet iſt.“
„Sie ſagen mir nichts, Oldenburg, was ich mir nicht ſchon hundert und tauſendmal ſelbſt geſagt hätte.“
„Ich weiß es. Die Beurtheilung ſolcher Naturen kann Ihnen nicht ſchwer werden, denn auch Sie ſind dieſem Dämon unterthan. Aber Sie ſind ein Weib, und über euch hat der Dämon nicht, wie über uns, unbedingte Gewalt. Ihr, und wenn ihr euch auch noch ſo ſehr ſträubt, laßt euch zuletzt doch in der Liebe Feſſeln ſchlagen und ſeid ſtolz auf dieſe Feſſeln; der Mann, und wenn er im Anfang noch ſo ſehr mit dem neuen Schmucke prunkt, ſchleudert ihn zuletzt doch von ſich. Und ſo wird es geſchehen.“
„Nein, nein!“
„Ja, Melitta; es wird geſchehen und — jetzt weiß ich auch, welches dieſes Unglück iſt, das ich über Deinem theuren Haupte wie eine finſtere Wetterwolke ſchweben ſah. Glaube es mir, der Schlag wird über kurz oder lang auf Dich niederſchmettern, und wenn
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[198/0208]
verächtlich bei Seite ſchieben, weil ſein feines Auge
doch irgendwo einen Flecken daran bemerkt hat; er
wird Alles, was ihm die Erde bietet, gierig ergreifen
und verächtlich wieder fortwerfen, weil es eben irdiſch,
weil es, und wäre es noch ſo himmliſch, doch immer
mit einem Erdenreſt behaftet iſt.“
„Sie ſagen mir nichts, Oldenburg, was ich mir
nicht ſchon hundert und tauſendmal ſelbſt geſagt
hätte.“
„Ich weiß es. Die Beurtheilung ſolcher Naturen
kann Ihnen nicht ſchwer werden, denn auch Sie ſind
dieſem Dämon unterthan. Aber Sie ſind ein Weib,
und über euch hat der Dämon nicht, wie über uns,
unbedingte Gewalt. Ihr, und wenn ihr euch auch
noch ſo ſehr ſträubt, laßt euch zuletzt doch in der
Liebe Feſſeln ſchlagen und ſeid ſtolz auf dieſe Feſſeln;
der Mann, und wenn er im Anfang noch ſo ſehr mit
dem neuen Schmucke prunkt, ſchleudert ihn zuletzt doch
von ſich. Und ſo wird es geſchehen.“
„Nein, nein!“
„Ja, Melitta; es wird geſchehen und — jetzt
weiß ich auch, welches dieſes Unglück iſt, das ich über
Deinem theuren Haupte wie eine finſtere Wetterwolke
ſchweben ſah. Glaube es mir, der Schlag wird über
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/208>, abgerufen am 16.07.2024.
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