niger auffallen, als Alle mehr oder weniger seit der Reise sich verändert hatten, und Alle mehr oder we¬ niger dem neu aufgegangenen glänzenden Stern hul¬ digten. Oder weshalb war die Baronin jetzt ganz Freundlichkeit und Güte? Weshalb erschien sie bei Tisch jetzt stets mit einem lächelnden Gesicht und be¬ mühte sich, die Unterhaltung während der Mahlzeit nicht in's Stocken gerathen zu lassen? weshalb ließ der Baron, zum großen Aerger des schweigsamen Kutschers, sobald nur der Wunsch ausgesprochen war, diesen oder jenen weiter gelegenen Punkt zu besuchen, die schwerfälligen Braunen anspannen -- während so etwas vor der Reise geradezu ein Ereigniß hätte ge¬ nannt werden müssen? weshalb hatte Herr Timm jetzt zum ersten Male seinen Frack aus der Ecke des melancholischen Koffers hervorgesucht und mit dem Frack, wie es schien, eine etwas weniger nachlässige Haltung und eine etwas weniger burschikose Sprache? weshalb klang der Ton von Mademoiselle Margueri¬ te's Stimme jetzt etwas weniger scharf, wie sonst? und weshalb hatte sie sich gerade jetzt darauf besonnen, daß sie ein paar recht hübsche seidene Schleifen besitze, die schon seit Jahren in ihrer Commode müßig ge¬ legen hatten? weshalb gab sich jetzt selbst Malte beim Reifenspiel Mühe, die Spielregeln zu beobachten und
niger auffallen, als Alle mehr oder weniger ſeit der Reiſe ſich verändert hatten, und Alle mehr oder we¬ niger dem neu aufgegangenen glänzenden Stern hul¬ digten. Oder weshalb war die Baronin jetzt ganz Freundlichkeit und Güte? Weshalb erſchien ſie bei Tiſch jetzt ſtets mit einem lächelnden Geſicht und be¬ mühte ſich, die Unterhaltung während der Mahlzeit nicht in's Stocken gerathen zu laſſen? weshalb ließ der Baron, zum großen Aerger des ſchweigſamen Kutſchers, ſobald nur der Wunſch ausgeſprochen war, dieſen oder jenen weiter gelegenen Punkt zu beſuchen, die ſchwerfälligen Braunen anſpannen — während ſo etwas vor der Reiſe geradezu ein Ereigniß hätte ge¬ nannt werden müſſen? weshalb hatte Herr Timm jetzt zum erſten Male ſeinen Frack aus der Ecke des melancholiſchen Koffers hervorgeſucht und mit dem Frack, wie es ſchien, eine etwas weniger nachläſſige Haltung und eine etwas weniger burſchikoſe Sprache? weshalb klang der Ton von Mademoiſelle Margueri¬ te's Stimme jetzt etwas weniger ſcharf, wie ſonſt? und weshalb hatte ſie ſich gerade jetzt darauf beſonnen, daß ſie ein paar recht hübſche ſeidene Schleifen beſitze, die ſchon ſeit Jahren in ihrer Commode müßig ge¬ legen hatten? weshalb gab ſich jetzt ſelbſt Malte beim Reifenſpiel Mühe, die Spielregeln zu beobachten und
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Reiſe ſich verändert hatten, und Alle mehr oder we¬
niger dem neu aufgegangenen glänzenden Stern hul¬
digten. Oder weshalb war die Baronin jetzt ganz
Freundlichkeit und Güte? Weshalb erſchien ſie bei
Tiſch jetzt ſtets mit einem lächelnden Geſicht und be¬
mühte ſich, die Unterhaltung während der Mahlzeit
nicht in's Stocken gerathen zu laſſen? weshalb ließ
der Baron, zum großen Aerger des ſchweigſamen
Kutſchers, ſobald nur der Wunſch ausgeſprochen war,
dieſen oder jenen weiter gelegenen Punkt zu beſuchen,
die ſchwerfälligen Braunen anſpannen — während ſo
etwas vor der Reiſe geradezu ein Ereigniß hätte ge¬
nannt werden müſſen? weshalb hatte Herr Timm
jetzt zum erſten Male ſeinen Frack aus der Ecke des
melancholiſchen Koffers hervorgeſucht und mit dem
Frack, wie es ſchien, eine etwas weniger nachläſſige
Haltung und eine etwas weniger burſchikoſe Sprache?
weshalb klang der Ton von Mademoiſelle Margueri¬
te's Stimme jetzt etwas weniger ſcharf, wie ſonſt?
und weshalb hatte ſie ſich gerade jetzt darauf beſonnen,
daß ſie ein paar recht hübſche ſeidene Schleifen beſitze,
die ſchon ſeit Jahren in ihrer Commode müßig ge¬
legen hatten? weshalb gab ſich jetzt ſelbſt Malte beim
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/185>, abgerufen am 16.02.2025.
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