Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.der Buche über ihm ein Waldvöglein sein eintöniges Ein Sonnenstrahl, der heiß und stechend durch der Buche über ihm ein Waldvöglein ſein eintöniges Ein Sonnenſtrahl, der heiß und ſtechend durch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0105" n="95"/> der Buche über ihm ein Waldvöglein ſein eintöniges<lb/> Lied mit dem ſtets gleichen melancholiſchen Refrain<lb/> ertönen ließ... Wie einſam er ſich fühlte — wie<lb/> einſam und wie verlaſſen! Dem Kinde gleich, das<lb/> auf weitem öden Moore den Weg zum Hauſe der<lb/> lieben Eltern verloren hat. Hier an dieſer ſelben<lb/> Stelle hatte er in der Nacht vor der Geſellſchaft in<lb/> Barnewitz mit Melitta geſeſſen — ſie hatte den Kopf<lb/> an ſeine Bruſt gelehnt gehabt und ſüßeſte, köſtlichſte<lb/> Worte der Liebe hatte ihr holder Mund geflüſtert.<lb/> Jetzt war es ſtill, ſo ſtill um ihn her, daß er das<lb/> Klopfen ſeines eigenen Herzens hörte. Sehnſüchtige<lb/> Gedanken an die Entfernte glitten durch ſeine Seele,<lb/> wie Vögel, die den Süden ſuchen, durch den weiten<lb/> Himmelsraum . . .</p><lb/> <p>Ein Sonnenſtrahl, der heiß und ſtechend durch<lb/> das Laubdach auf ihn fiel, mahnte ihn, daß es Zeit<lb/> ſei, aufzubrechen. Eile hatte er freilich nicht. Es<lb/> war noch früh am Nachmittage, und irgend einen,<lb/> gleichviel welchen Ort, wo er ſein Quartier für die<lb/> Nacht aufſchlagen konnte, mußte er immer noch er¬<lb/> reichen. So ſchlenderte er durch den Wald auf einem<lb/> Wege hin, den er noch nicht betreten hatte und der<lb/> ihn, ehe er ſich's verſah, an den Strand des Meeres<lb/> führte. Nun wanderte er am Strande fort, bald auf<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [95/0105]
der Buche über ihm ein Waldvöglein ſein eintöniges
Lied mit dem ſtets gleichen melancholiſchen Refrain
ertönen ließ... Wie einſam er ſich fühlte — wie
einſam und wie verlaſſen! Dem Kinde gleich, das
auf weitem öden Moore den Weg zum Hauſe der
lieben Eltern verloren hat. Hier an dieſer ſelben
Stelle hatte er in der Nacht vor der Geſellſchaft in
Barnewitz mit Melitta geſeſſen — ſie hatte den Kopf
an ſeine Bruſt gelehnt gehabt und ſüßeſte, köſtlichſte
Worte der Liebe hatte ihr holder Mund geflüſtert.
Jetzt war es ſtill, ſo ſtill um ihn her, daß er das
Klopfen ſeines eigenen Herzens hörte. Sehnſüchtige
Gedanken an die Entfernte glitten durch ſeine Seele,
wie Vögel, die den Süden ſuchen, durch den weiten
Himmelsraum . . .
Ein Sonnenſtrahl, der heiß und ſtechend durch
das Laubdach auf ihn fiel, mahnte ihn, daß es Zeit
ſei, aufzubrechen. Eile hatte er freilich nicht. Es
war noch früh am Nachmittage, und irgend einen,
gleichviel welchen Ort, wo er ſein Quartier für die
Nacht aufſchlagen konnte, mußte er immer noch er¬
reichen. So ſchlenderte er durch den Wald auf einem
Wege hin, den er noch nicht betreten hatte und der
ihn, ehe er ſich's verſah, an den Strand des Meeres
führte. Nun wanderte er am Strande fort, bald auf
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