Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.die Schulter legend. "Und denken Sie auch nicht so die Schulter legend. „Und denken Sie auch nicht ſo <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0247" n="237"/> die Schulter legend. „Und denken Sie auch nicht ſo<lb/> ſchlecht vom Baron. Er wird nie wieder ſo wild<lb/> und bös ſein, wie er vormals geweſen iſt.“ — „Wo¬<lb/> her wiſſen Sie das, Fräulein?“ ſagte ich. — „Weil<lb/> er es mir verſprochen hat.“ — „Und glauben Sie,<lb/> daß er dies Verſprechen hält?“ — „O, gewiß.“ —<lb/> „Warum.“ — „Weil er mich liebt.“ — „O, Kind,<lb/> Kind,“ rief ich, „um Gotteswillen, es iſt die höchſte<lb/> Zeit: fliehen Sie, oder Sie ſind rettungslos verloren.<lb/> Unglückliche, die Sie ſeinen Schwüren glauben! Er<lb/> ſchießt das Pferd todt, das ihm nicht länger gefällt,<lb/> und er bricht den Schwur, der ihm läſtig wird. Was<lb/> er Ihnen geſchworen hat, iſt ein altes Lied; er pfeift<lb/> es, wie ein Staar ſein Stückchen pfeift, ohne etwas<lb/> dabei zu denken. Was er Ihnen ſchwur, hat er ſchon<lb/> hundert Andern geſchworen, von denen freilich die<lb/> Meiſten nicht viel beſſer waren, wie er ſelbſt, und<lb/> ſich einen Treubruch ſchon gefallen ließen, wenn er<lb/> nur gut bezahlt wurde.“ — „Hören Sie auf,“ rief<lb/> Fräulein Marie heftig; „ich kann und darf Sie nicht<lb/> länger anhören.“ Und dann ſetzte ſie lächelnd hinzu:<lb/> „Sie werden bald einſehen, gute Frau, wie bitter<lb/> Unrecht Sie meinem Harald — wie ſehr Sie dem<lb/> Baron Unrecht gethan haben.“ — „Ihrem Harald?“<lb/> ſagte ich, „armes Kind, er wird nie Ihr Harald.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [237/0247]
die Schulter legend. „Und denken Sie auch nicht ſo
ſchlecht vom Baron. Er wird nie wieder ſo wild
und bös ſein, wie er vormals geweſen iſt.“ — „Wo¬
her wiſſen Sie das, Fräulein?“ ſagte ich. — „Weil
er es mir verſprochen hat.“ — „Und glauben Sie,
daß er dies Verſprechen hält?“ — „O, gewiß.“ —
„Warum.“ — „Weil er mich liebt.“ — „O, Kind,
Kind,“ rief ich, „um Gotteswillen, es iſt die höchſte
Zeit: fliehen Sie, oder Sie ſind rettungslos verloren.
Unglückliche, die Sie ſeinen Schwüren glauben! Er
ſchießt das Pferd todt, das ihm nicht länger gefällt,
und er bricht den Schwur, der ihm läſtig wird. Was
er Ihnen geſchworen hat, iſt ein altes Lied; er pfeift
es, wie ein Staar ſein Stückchen pfeift, ohne etwas
dabei zu denken. Was er Ihnen ſchwur, hat er ſchon
hundert Andern geſchworen, von denen freilich die
Meiſten nicht viel beſſer waren, wie er ſelbſt, und
ſich einen Treubruch ſchon gefallen ließen, wenn er
nur gut bezahlt wurde.“ — „Hören Sie auf,“ rief
Fräulein Marie heftig; „ich kann und darf Sie nicht
länger anhören.“ Und dann ſetzte ſie lächelnd hinzu:
„Sie werden bald einſehen, gute Frau, wie bitter
Unrecht Sie meinem Harald — wie ſehr Sie dem
Baron Unrecht gethan haben.“ — „Ihrem Harald?“
ſagte ich, „armes Kind, er wird nie Ihr Harald.
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