Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.stehen scheine -- eine Nachricht, welche die Bewohnerin Dies wunderliche Benehmen der vorher für den ſtehen ſcheine — eine Nachricht, welche die Bewohnerin Dies wunderliche Benehmen der vorher für den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0172" n="162"/> ſtehen ſcheine — eine Nachricht, welche die Bewohnerin<lb/> der Sphären höherer Bildung in ein ſolches Erſtaunen<lb/> verſetzte, daß, als jetzt Oswald kurz vor dem Abend¬<lb/> eſſen erſchien, ſie ſeine höfliche Begrüßung nur mit<lb/> einer ſehr förmlichen Verbeugung zu erwiedern ver¬<lb/> mochte.</p><lb/> <p>Dies wunderliche Benehmen der vorher für den<lb/> „Gaſtfreund“ ſo begeiſterten Dichterin würde wahr¬<lb/> ſcheinlich nicht wenig zur Erhöhung von Oswald's<lb/> guter Laune beigetragen haben, wenn er es überhaupt<lb/> bemerkt hätte. Leider aber befand er ſich heute Abend<lb/> in einer Stimmung, in welcher man, wie Oldenburg<lb/> es ausdrückte, Ohren und Augen offen hat und doch<lb/> weder ſieht noch hört. Die Schatten der Ereigniſſe<lb/> des letzten Tages und der letzten Nacht lagen noch<lb/> auf ſeiner Seele und auf ſeiner Stirn. Seine ge¬<lb/> wöhnliche Lebhaftigkeit war einer melancholiſchen Ruhe<lb/> gewichen; er ſah bleich und nachdenklich aus, aber ſo<lb/> ſchön und vornehm, daß Primula's zartbeſaitete Seele<lb/> alsbald den Zauber, welchen die Erſcheinung des jungen<lb/> Fremden bei der erſten Begegnung auf ſie ausgeübt<lb/> hatte, wiederum zu fühlen begann, und ſie die War¬<lb/> nung ihres vorſichtigen Gatten um ſo lieber vergaß,<lb/> als ſie ſah, mit welcher ausgeſuchten Höflichkeit und<lb/> Zuvorkommenheit die Baronin und der Baron denſelben<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [162/0172]
ſtehen ſcheine — eine Nachricht, welche die Bewohnerin
der Sphären höherer Bildung in ein ſolches Erſtaunen
verſetzte, daß, als jetzt Oswald kurz vor dem Abend¬
eſſen erſchien, ſie ſeine höfliche Begrüßung nur mit
einer ſehr förmlichen Verbeugung zu erwiedern ver¬
mochte.
Dies wunderliche Benehmen der vorher für den
„Gaſtfreund“ ſo begeiſterten Dichterin würde wahr¬
ſcheinlich nicht wenig zur Erhöhung von Oswald's
guter Laune beigetragen haben, wenn er es überhaupt
bemerkt hätte. Leider aber befand er ſich heute Abend
in einer Stimmung, in welcher man, wie Oldenburg
es ausdrückte, Ohren und Augen offen hat und doch
weder ſieht noch hört. Die Schatten der Ereigniſſe
des letzten Tages und der letzten Nacht lagen noch
auf ſeiner Seele und auf ſeiner Stirn. Seine ge¬
wöhnliche Lebhaftigkeit war einer melancholiſchen Ruhe
gewichen; er ſah bleich und nachdenklich aus, aber ſo
ſchön und vornehm, daß Primula's zartbeſaitete Seele
alsbald den Zauber, welchen die Erſcheinung des jungen
Fremden bei der erſten Begegnung auf ſie ausgeübt
hatte, wiederum zu fühlen begann, und ſie die War¬
nung ihres vorſichtigen Gatten um ſo lieber vergaß,
als ſie ſah, mit welcher ausgeſuchten Höflichkeit und
Zuvorkommenheit die Baronin und der Baron denſelben
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |