besetzten Wege an der Stelle vorüber, wo der Streit zwischen Bruno und dem Knecht stattgefunden hatte. Unwillkürlich blieb er stehen; die ganze Scene wurde wieder lebendig vor seinem Auge; er sah den schönen Knaben, zürnend und drohend, wie ein jugendlicher Gott; und den feigen zurücktaumelnden Knecht. Schon that es ihm leid, daß er seinen Liebling zum Zurück¬ bleiben vermocht hatte. Er fühlte sich so leicht, so froh an diesem schönen Morgen, und es war ihm schon zur lieben Gewohnheit geworden, wenn seine Seele ein Fest feierte, den Knaben zu Gast zu haben. "Du, wie Al Hafi, Wilder, Guter, Edler!" sprach er bei sich, "was willst Du in dieser Welt von weibischen Männern! Fürchten sie sich doch jetzt schon vor Dir, da Du ein Knabe bist, was werden sie thun, wenn Du ein Mann geworden! Ein Mann thut uns noth, schreien die Gelehrten aller Arten. Wie wollt ihr Männer haben, wenn Haus und Schule und Leben sich gegenseitig unterstützen, die stolze Kraft im Keim zu brechen! Da schnitzeln sie an dem Bogen und schnitzeln immerfort, und wundern sich, wenn das feine Ding hernach zerbricht. Pygmäengeschlecht, das den Riesen, den ein glücklicher Zufall an ihren öden Strand geworfen, mit tausend und aber tausend Fäden regungs¬ los an die platte Erde fesselt!"
beſetzten Wege an der Stelle vorüber, wo der Streit zwiſchen Bruno und dem Knecht ſtattgefunden hatte. Unwillkürlich blieb er ſtehen; die ganze Scene wurde wieder lebendig vor ſeinem Auge; er ſah den ſchönen Knaben, zürnend und drohend, wie ein jugendlicher Gott; und den feigen zurücktaumelnden Knecht. Schon that es ihm leid, daß er ſeinen Liebling zum Zurück¬ bleiben vermocht hatte. Er fühlte ſich ſo leicht, ſo froh an dieſem ſchönen Morgen, und es war ihm ſchon zur lieben Gewohnheit geworden, wenn ſeine Seele ein Feſt feierte, den Knaben zu Gaſt zu haben. „Du, wie Al Hafi, Wilder, Guter, Edler!“ ſprach er bei ſich, „was willſt Du in dieſer Welt von weibiſchen Männern! Fürchten ſie ſich doch jetzt ſchon vor Dir, da Du ein Knabe biſt, was werden ſie thun, wenn Du ein Mann geworden! Ein Mann thut uns noth, ſchreien die Gelehrten aller Arten. Wie wollt ihr Männer haben, wenn Haus und Schule und Leben ſich gegenſeitig unterſtützen, die ſtolze Kraft im Keim zu brechen! Da ſchnitzeln ſie an dem Bogen und ſchnitzeln immerfort, und wundern ſich, wenn das feine Ding hernach zerbricht. Pygmäengeſchlecht, das den Rieſen, den ein glücklicher Zufall an ihren öden Strand geworfen, mit tauſend und aber tauſend Fäden regungs¬ los an die platte Erde feſſelt!“
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beſetzten Wege an der Stelle vorüber, wo der Streit
zwiſchen Bruno und dem Knecht ſtattgefunden hatte.
Unwillkürlich blieb er ſtehen; die ganze Scene wurde
wieder lebendig vor ſeinem Auge; er ſah den ſchönen
Knaben, zürnend und drohend, wie ein jugendlicher
Gott; und den feigen zurücktaumelnden Knecht. Schon
that es ihm leid, daß er ſeinen Liebling zum Zurück¬
bleiben vermocht hatte. Er fühlte ſich ſo leicht, ſo
froh an dieſem ſchönen Morgen, und es war ihm
ſchon zur lieben Gewohnheit geworden, wenn ſeine
Seele ein Feſt feierte, den Knaben zu Gaſt zu haben.
„Du, wie Al Hafi, Wilder, Guter, Edler!“ ſprach er
bei ſich, „was willſt Du in dieſer Welt von weibiſchen
Männern! Fürchten ſie ſich doch jetzt ſchon vor
Dir, da Du ein Knabe biſt, was werden ſie thun,
wenn Du ein Mann geworden! Ein Mann thut uns
noth, ſchreien die Gelehrten aller Arten. Wie wollt
ihr Männer haben, wenn Haus und Schule und Leben
ſich gegenſeitig unterſtützen, die ſtolze Kraft im Keim
zu brechen! Da ſchnitzeln ſie an dem Bogen und
ſchnitzeln immerfort, und wundern ſich, wenn das feine
Ding hernach zerbricht. Pygmäengeſchlecht, das den
Rieſen, den ein glücklicher Zufall an ihren öden Strand
geworfen, mit tauſend und aber tauſend Fäden regungs¬
los an die platte Erde feſſelt!“
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/96>, abgerufen am 28.11.2024.
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