wie ein Bauer, und feig dazu. Einmal, nach Tische -- ich weiß nicht, was ich wieder verbrochen hatte, -- schlug er mich in's Gesicht, weil Tante zugegen war und er glaubte, er thue ihr einen Gefallen. Ja, er schlug mich" -- und das Auge des Knaben blitzte auf bei der Erinnerung an diese Schmach und die Zornes¬ ader auf seiner bleichen Stirn schwoll.
"Und da, Bruno?"
"Da nahm ich das Messer, das vor mir auf dem Tische lag und sprang auf ihn ein, und der Elende lief vor mir, um Hülfe schreiend, zur Thür hinaus. Und als ich das sah und die bleichen Gesichter um mich her, mußte ich lachen und ging unbelästigt aus dem Saale. Und ich wäre am liebsten gleich in die weite Welt gerannt, aber Onkel kam hinter mir her und versprach mir, der Mensch solle nun und nimmer wieder Hand an mich legen dürfen. Onkel ist gut; Sie glauben nicht, wie gut er ist; aber er fürchtet sich vor der Tante; Alle fürchten sich vor ihr; aber ich habe sie doch lieb, denn sie hat Muth wie ein Mann und ich hasse nur die Feigen. Malte ist ein Feigling."
"Malte ist schwach und kränklich, und Du mußt Nachsicht mit ihm haben; aber, wenn Du die Tante wirklich lieb hast, warum bist Du so unfreundlich gegen sie?"
wie ein Bauer, und feig dazu. Einmal, nach Tiſche — ich weiß nicht, was ich wieder verbrochen hatte, — ſchlug er mich in's Geſicht, weil Tante zugegen war und er glaubte, er thue ihr einen Gefallen. Ja, er ſchlug mich“ — und das Auge des Knaben blitzte auf bei der Erinnerung an dieſe Schmach und die Zornes¬ ader auf ſeiner bleichen Stirn ſchwoll.
„Und da, Bruno?“
„Da nahm ich das Meſſer, das vor mir auf dem Tiſche lag und ſprang auf ihn ein, und der Elende lief vor mir, um Hülfe ſchreiend, zur Thür hinaus. Und als ich das ſah und die bleichen Geſichter um mich her, mußte ich lachen und ging unbeläſtigt aus dem Saale. Und ich wäre am liebſten gleich in die weite Welt gerannt, aber Onkel kam hinter mir her und verſprach mir, der Menſch ſolle nun und nimmer wieder Hand an mich legen dürfen. Onkel iſt gut; Sie glauben nicht, wie gut er iſt; aber er fürchtet ſich vor der Tante; Alle fürchten ſich vor ihr; aber ich habe ſie doch lieb, denn ſie hat Muth wie ein Mann und ich haſſe nur die Feigen. Malte iſt ein Feigling.“
„Malte iſt ſchwach und kränklich, und Du mußt Nachſicht mit ihm haben; aber, wenn Du die Tante wirklich lieb haſt, warum biſt Du ſo unfreundlich gegen ſie?“
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wie ein Bauer, und feig dazu. Einmal, nach Tiſche
— ich weiß nicht, was ich wieder verbrochen hatte, —
ſchlug er mich in's Geſicht, weil Tante zugegen war
und er glaubte, er thue ihr einen Gefallen. Ja, er
ſchlug mich“ — und das Auge des Knaben blitzte auf
bei der Erinnerung an dieſe Schmach und die Zornes¬
ader auf ſeiner bleichen Stirn ſchwoll.
„Und da, Bruno?“
„Da nahm ich das Meſſer, das vor mir auf dem
Tiſche lag und ſprang auf ihn ein, und der Elende
lief vor mir, um Hülfe ſchreiend, zur Thür hinaus.
Und als ich das ſah und die bleichen Geſichter um
mich her, mußte ich lachen und ging unbeläſtigt aus
dem Saale. Und ich wäre am liebſten gleich in die
weite Welt gerannt, aber Onkel kam hinter mir her
und verſprach mir, der Menſch ſolle nun und nimmer
wieder Hand an mich legen dürfen. Onkel iſt gut;
Sie glauben nicht, wie gut er iſt; aber er fürchtet ſich
vor der Tante; Alle fürchten ſich vor ihr; aber ich
habe ſie doch lieb, denn ſie hat Muth wie ein Mann
und ich haſſe nur die Feigen. Malte iſt ein Feigling.“
„Malte iſt ſchwach und kränklich, und Du mußt
Nachſicht mit ihm haben; aber, wenn Du die Tante
wirklich lieb haſt, warum biſt Du ſo unfreundlich
gegen ſie?“
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/53>, abgerufen am 24.11.2024.
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