umzieht, ist jetzt zum Theil versumpft, mit dichtem Röhricht angefüllt, und wo das Wasser sich noch einen Raum offen gehalten, mit einem grünen Teppich von Wasserpflanzen bedeckt, in welchem halbwilde Enten lustig schnattern. Offenbar hatte dieser Wall den Zweck gehabt, im Fall einer Fehde nicht nur die Hö¬ rigen der fehdelustigen Barone mit ihren Weibern und Kindern, sondern auch die Heerden und die Vorräthe zu schirmen; auch hatten bis zur Zeit des Neubaues die Wirthschaftsgebäude, die jetzt ziemlich entfernt vom Schlosse außerhalb des Walles lagen, innerhalb desselben gelegen. Damals hatte der Wall nur einen Durch¬ gang gehabt, ein festes, mit einem Thurm versehenes Thor, aus dem eine Zugbrücke über den Graben nach einem Brückenkopfe führte. Jetzt war der Thurm ab¬ getragen, die Brücke konnte nicht mehr aufgezogen werden und aus dem Brückenkopfe hatte man längst Backöfen und andere nützliche Dinge gebaut. Von diesem Hauptthor führte eine Allee vielhundertjähriger prachtvoller Linden auf das Portal des Schlosses zu. Rechts von der Allee und vor der Front des Schlosses war ein großer Rasenplatz, in dessen Mitte ein steinernes Becken mit einer Najade als Schutzpatronin stand, die, wahrscheinlich aus Schmerz, daß ihrem Brunnen schon
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umzieht, iſt jetzt zum Theil verſumpft, mit dichtem Röhricht angefüllt, und wo das Waſſer ſich noch einen Raum offen gehalten, mit einem grünen Teppich von Waſſerpflanzen bedeckt, in welchem halbwilde Enten luſtig ſchnattern. Offenbar hatte dieſer Wall den Zweck gehabt, im Fall einer Fehde nicht nur die Hö¬ rigen der fehdeluſtigen Barone mit ihren Weibern und Kindern, ſondern auch die Heerden und die Vorräthe zu ſchirmen; auch hatten bis zur Zeit des Neubaues die Wirthſchaftsgebäude, die jetzt ziemlich entfernt vom Schloſſe außerhalb des Walles lagen, innerhalb deſſelben gelegen. Damals hatte der Wall nur einen Durch¬ gang gehabt, ein feſtes, mit einem Thurm verſehenes Thor, aus dem eine Zugbrücke über den Graben nach einem Brückenkopfe führte. Jetzt war der Thurm ab¬ getragen, die Brücke konnte nicht mehr aufgezogen werden und aus dem Brückenkopfe hatte man längſt Backöfen und andere nützliche Dinge gebaut. Von dieſem Hauptthor führte eine Allee vielhundertjähriger prachtvoller Linden auf das Portal des Schloſſes zu. Rechts von der Allee und vor der Front des Schloſſes war ein großer Raſenplatz, in deſſen Mitte ein ſteinernes Becken mit einer Najade als Schutzpatronin ſtand, die, wahrſcheinlich aus Schmerz, daß ihrem Brunnen ſchon
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[35/0045]
umzieht, iſt jetzt zum Theil verſumpft, mit dichtem
Röhricht angefüllt, und wo das Waſſer ſich noch einen
Raum offen gehalten, mit einem grünen Teppich von
Waſſerpflanzen bedeckt, in welchem halbwilde Enten
luſtig ſchnattern. Offenbar hatte dieſer Wall den
Zweck gehabt, im Fall einer Fehde nicht nur die Hö¬
rigen der fehdeluſtigen Barone mit ihren Weibern und
Kindern, ſondern auch die Heerden und die Vorräthe
zu ſchirmen; auch hatten bis zur Zeit des Neubaues
die Wirthſchaftsgebäude, die jetzt ziemlich entfernt vom
Schloſſe außerhalb des Walles lagen, innerhalb deſſelben
gelegen. Damals hatte der Wall nur einen Durch¬
gang gehabt, ein feſtes, mit einem Thurm verſehenes
Thor, aus dem eine Zugbrücke über den Graben nach
einem Brückenkopfe führte. Jetzt war der Thurm ab¬
getragen, die Brücke konnte nicht mehr aufgezogen
werden und aus dem Brückenkopfe hatte man längſt
Backöfen und andere nützliche Dinge gebaut. Von
dieſem Hauptthor führte eine Allee vielhundertjähriger
prachtvoller Linden auf das Portal des Schloſſes zu.
Rechts von der Allee und vor der Front des Schloſſes
war ein großer Raſenplatz, in deſſen Mitte ein ſteinernes
Becken mit einer Najade als Schutzpatronin ſtand, die,
wahrſcheinlich aus Schmerz, daß ihrem Brunnen ſchon
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/45>, abgerufen am 24.11.2024.
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