Alte nannte Sie "Junker," ich vermuthe daraus, daß ich in Zukunft Herr von Stein werde sagen müssen."
"Weshalb nicht gar Freiherr!" lachte Oswald, dem die Weise seines neuen Bekannten sehr gefiel. "Nein, ich bin eben so wenig adlig, als Mutter Clausen, die, ich weiß nicht weshalb? möglicherweise durch Re¬ miniscenzen ihrer Jugend verleitet, mich durchaus zu ihrem Junker haben will, eine Königin ist."
"Das ist eine sonderbare alte Frau," sagte der Doctor. "Sehen Sie, wie schön der Mond sich dort über dem Waldrand erhebt, und wie duftig der Nebel über den Wiesen liegt! -- eine sonderbare Frau. Ich erinnere mich jetzt, daß sie mir auch sonst schon auf¬ gefallen ist, sie sieht aus wie -- nun, wie nur gleich?"
"Wie eine alte, alte Frau aus irgend einem Grimm'¬ schen Märchen, die sich gelegentlich in die allerschönste Prinzeß von der Welt verwandelt."
"Ja, ganz recht -- sie hat ein wunderbares Feuer in ihren alten Augen. Es ist einem, als ob das alte Gesicht nur eine Maske für eine noch immer jugend¬ liche Psyche sei."
"So ist es auch," sagte Oswald, und er erzählte dem Doctor die sonderbare Unterhaltung, die er mit Mutter Clausen gestern Morgen auf der Haide ge¬ habt, und wie ihm die Rede der alten Frau so natür¬
F. Spielhagen, Problematische Naturen. I. 19
Alte nannte Sie „Junker,“ ich vermuthe daraus, daß ich in Zukunft Herr von Stein werde ſagen müſſen.“
„Weshalb nicht gar Freiherr!“ lachte Oswald, dem die Weiſe ſeines neuen Bekannten ſehr gefiel. „Nein, ich bin eben ſo wenig adlig, als Mutter Clauſen, die, ich weiß nicht weshalb? möglicherweiſe durch Re¬ miniscenzen ihrer Jugend verleitet, mich durchaus zu ihrem Junker haben will, eine Königin iſt.“
„Das iſt eine ſonderbare alte Frau,“ ſagte der Doctor. „Sehen Sie, wie ſchön der Mond ſich dort über dem Waldrand erhebt, und wie duftig der Nebel über den Wieſen liegt! — eine ſonderbare Frau. Ich erinnere mich jetzt, daß ſie mir auch ſonſt ſchon auf¬ gefallen iſt, ſie ſieht aus wie — nun, wie nur gleich?“
„Wie eine alte, alte Frau aus irgend einem Grimm’¬ ſchen Märchen, die ſich gelegentlich in die allerſchönſte Prinzeß von der Welt verwandelt.“
„Ja, ganz recht — ſie hat ein wunderbares Feuer in ihren alten Augen. Es iſt einem, als ob das alte Geſicht nur eine Maske für eine noch immer jugend¬ liche Pſyche ſei.“
„So iſt es auch,“ ſagte Oswald, und er erzählte dem Doctor die ſonderbare Unterhaltung, die er mit Mutter Clauſen geſtern Morgen auf der Haide ge¬ habt, und wie ihm die Rede der alten Frau ſo natür¬
F. Spielhagen, Problematiſche Naturen. I. 19
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Alte nannte Sie „Junker,“ ich vermuthe daraus, daß
ich in Zukunft Herr von Stein werde ſagen müſſen.“
„Weshalb nicht gar Freiherr!“ lachte Oswald,
dem die Weiſe ſeines neuen Bekannten ſehr gefiel.
„Nein, ich bin eben ſo wenig adlig, als Mutter Clauſen,
die, ich weiß nicht weshalb? möglicherweiſe durch Re¬
miniscenzen ihrer Jugend verleitet, mich durchaus zu
ihrem Junker haben will, eine Königin iſt.“
„Das iſt eine ſonderbare alte Frau,“ ſagte der
Doctor. „Sehen Sie, wie ſchön der Mond ſich dort
über dem Waldrand erhebt, und wie duftig der Nebel
über den Wieſen liegt! — eine ſonderbare Frau. Ich
erinnere mich jetzt, daß ſie mir auch ſonſt ſchon auf¬
gefallen iſt, ſie ſieht aus wie — nun, wie nur gleich?“
„Wie eine alte, alte Frau aus irgend einem Grimm’¬
ſchen Märchen, die ſich gelegentlich in die allerſchönſte
Prinzeß von der Welt verwandelt.“
„Ja, ganz recht — ſie hat ein wunderbares Feuer
in ihren alten Augen. Es iſt einem, als ob das alte
Geſicht nur eine Maske für eine noch immer jugend¬
liche Pſyche ſei.“
„So iſt es auch,“ ſagte Oswald, und er erzählte
dem Doctor die ſonderbare Unterhaltung, die er mit
Mutter Clauſen geſtern Morgen auf der Haide ge¬
habt, und wie ihm die Rede der alten Frau ſo natür¬
F. Spielhagen, Problematiſche Naturen. I. 19
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/299>, abgerufen am 16.07.2024.
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