werth keinen Anspruch machen. Den Künstlern selbst fehlt der rechte Glaube, und ohne den läßt sich nun einmal nichts Ordentliches malen oder meißeln, oder schreiben" -- bei diesem letzten Worte maß er mich mit einem strengen Blicke, -- "Oder schreiben;" wie¬ derholte ich kleinlaut, an meine ungeschriebene Probe¬ predigt denkend -- "Oder schreiben," fuhr er fort -- "und dann ist das Publikum selbst in neuester Zeit sehr gleichgültig geworden, und die Kritik sitzt den Künstlern zu unbarmherzig auf dem Nacken, und das verdirbt ihnen die naive Unbefangenheit und nacht¬ wandlerische Sicherheit, ohne welche nun ein für alle Mal, -- aber jetzt muß ich Sie ersuchen, sich zu ent¬ fernen, die Glocke hat schon lange geläutet, Sie sind der Allerletzte." Er begleitete mich bis zum Ausgange des Saales, öffnete mir die Thür und lud mich mit einer steifen Verbeugung ein, hinauszuspazieren. Ich that es -- die Thür fiel donnernd hinter mir zu, und -- ich erwachte."
"Seit jenem Traum," fuhr Herr Bemperlein fort; "machte ich keinen neuen Versuch mehr. Ohne Glauben läßt sich keine Predigt schreiben, sagte ich zu mir, und wenn sich auch noch zur Noth eine schreiben läßt, so läßt sie sich doch nicht halten, wenigstens nicht von einem Manne, der, wie Du, ein Stück Gewissen und
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werth keinen Anſpruch machen. Den Künſtlern ſelbſt fehlt der rechte Glaube, und ohne den läßt ſich nun einmal nichts Ordentliches malen oder meißeln, oder ſchreiben“ — bei dieſem letzten Worte maß er mich mit einem ſtrengen Blicke, — „Oder ſchreiben;“ wie¬ derholte ich kleinlaut, an meine ungeſchriebene Probe¬ predigt denkend — „Oder ſchreiben,“ fuhr er fort — „und dann iſt das Publikum ſelbſt in neueſter Zeit ſehr gleichgültig geworden, und die Kritik ſitzt den Künſtlern zu unbarmherzig auf dem Nacken, und das verdirbt ihnen die naive Unbefangenheit und nacht¬ wandleriſche Sicherheit, ohne welche nun ein für alle Mal, — aber jetzt muß ich Sie erſuchen, ſich zu ent¬ fernen, die Glocke hat ſchon lange geläutet, Sie ſind der Allerletzte.“ Er begleitete mich bis zum Ausgange des Saales, öffnete mir die Thür und lud mich mit einer ſteifen Verbeugung ein, hinauszuſpazieren. Ich that es — die Thür fiel donnernd hinter mir zu, und — ich erwachte.“
„Seit jenem Traum,“ fuhr Herr Bemperlein fort; „machte ich keinen neuen Verſuch mehr. Ohne Glauben läßt ſich keine Predigt ſchreiben, ſagte ich zu mir, und wenn ſich auch noch zur Noth eine ſchreiben läßt, ſo läßt ſie ſich doch nicht halten, wenigſtens nicht von einem Manne, der, wie Du, ein Stück Gewiſſen und
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werth keinen Anſpruch machen. Den Künſtlern ſelbſt
fehlt der rechte Glaube, und ohne den läßt ſich nun
einmal nichts Ordentliches malen oder meißeln, oder
ſchreiben“ — bei dieſem letzten Worte maß er mich
mit einem ſtrengen Blicke, — „Oder ſchreiben;“ wie¬
derholte ich kleinlaut, an meine ungeſchriebene Probe¬
predigt denkend — „Oder ſchreiben,“ fuhr er fort —
„und dann iſt das Publikum ſelbſt in neueſter Zeit
ſehr gleichgültig geworden, und die Kritik ſitzt den
Künſtlern zu unbarmherzig auf dem Nacken, und das
verdirbt ihnen die naive Unbefangenheit und nacht¬
wandleriſche Sicherheit, ohne welche nun ein für alle
Mal, — aber jetzt muß ich Sie erſuchen, ſich zu ent¬
fernen, die Glocke hat ſchon lange geläutet, Sie ſind
der Allerletzte.“ Er begleitete mich bis zum Ausgange
des Saales, öffnete mir die Thür und lud mich mit
einer ſteifen Verbeugung ein, hinauszuſpazieren. Ich
that es — die Thür fiel donnernd hinter mir zu, und
— ich erwachte.“
„Seit jenem Traum,“ fuhr Herr Bemperlein fort;
„machte ich keinen neuen Verſuch mehr. Ohne Glauben
läßt ſich keine Predigt ſchreiben, ſagte ich zu mir, und
wenn ſich auch noch zur Noth eine ſchreiben läßt, ſo
läßt ſie ſich doch nicht halten, wenigſtens nicht von
einem Manne, der, wie Du, ein Stück Gewiſſen und
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/269>, abgerufen am 23.11.2024.
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