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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861.

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spräche: Die Abschwörung Deiner Grundsätze ist der
Preis meiner Gunst! -- Gott, sie wird es nicht sagen,
sie kann es nicht sagen, denn ich will glauben, daß in
dem schönsten Körper die schönste Seele wohne; aber,
wenn sie dennoch in den Berurtheilen ihres Standes
so befangen wäre -- wie dann? O, ich fühle, nein,
ich weiß, daß ich ihren Worten, ihren Thränen nicht
widerstehen könnte; daß vor der Gluth ihrer Küsse,
dem Feuer ihrer Blicke die stolze Kraft hinschmelzen
würde wie Wachs: daß, wenn sie ihre weichen Arme
um mich schlänge, ich nicht im Stande wäre, mich los¬
zureißen; daß aus der gepreßten Brust kein Wort des
Zornes, kein Wort des Hohnes sich losringen würde,
nein! nur das eine Wort: ich liebe Dich!

Sie lächeln, o mein Freund, daß mich eine bloße
Hypothese, ein bloßes Problema so in Aufregung ver¬
setzen kann. Sie denken, in der kühlen Luft der Wirk¬
lichkeit gedeihen dergleichen phantastische Treibhaus¬
pflanzen nicht. Nun wohl, das Ganze ist mir ein
Problema, und wollte Gott, es bliebe problematisch!" ...


ſpräche: Die Abſchwörung Deiner Grundſätze iſt der
Preis meiner Gunſt! — Gott, ſie wird es nicht ſagen,
ſie kann es nicht ſagen, denn ich will glauben, daß in
dem ſchönſten Körper die ſchönſte Seele wohne; aber,
wenn ſie dennoch in den Berurtheilen ihres Standes
ſo befangen wäre — wie dann? O, ich fühle, nein,
ich weiß, daß ich ihren Worten, ihren Thränen nicht
widerſtehen könnte; daß vor der Gluth ihrer Küſſe,
dem Feuer ihrer Blicke die ſtolze Kraft hinſchmelzen
würde wie Wachs: daß, wenn ſie ihre weichen Arme
um mich ſchlänge, ich nicht im Stande wäre, mich los¬
zureißen; daß aus der gepreßten Bruſt kein Wort des
Zornes, kein Wort des Hohnes ſich losringen würde,
nein! nur das eine Wort: ich liebe Dich!

Sie lächeln, o mein Freund, daß mich eine bloße
Hypotheſe, ein bloßes Problema ſo in Aufregung ver¬
ſetzen kann. Sie denken, in der kühlen Luft der Wirk¬
lichkeit gedeihen dergleichen phantaſtiſche Treibhaus¬
pflanzen nicht. Nun wohl, das Ganze iſt mir ein
Problema, und wollte Gott, es bliebe problematiſch!“ ...


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[219/0229] ſpräche: Die Abſchwörung Deiner Grundſätze iſt der Preis meiner Gunſt! — Gott, ſie wird es nicht ſagen, ſie kann es nicht ſagen, denn ich will glauben, daß in dem ſchönſten Körper die ſchönſte Seele wohne; aber, wenn ſie dennoch in den Berurtheilen ihres Standes ſo befangen wäre — wie dann? O, ich fühle, nein, ich weiß, daß ich ihren Worten, ihren Thränen nicht widerſtehen könnte; daß vor der Gluth ihrer Küſſe, dem Feuer ihrer Blicke die ſtolze Kraft hinſchmelzen würde wie Wachs: daß, wenn ſie ihre weichen Arme um mich ſchlänge, ich nicht im Stande wäre, mich los¬ zureißen; daß aus der gepreßten Bruſt kein Wort des Zornes, kein Wort des Hohnes ſich losringen würde, nein! nur das eine Wort: ich liebe Dich! Sie lächeln, o mein Freund, daß mich eine bloße Hypotheſe, ein bloßes Problema ſo in Aufregung ver¬ ſetzen kann. Sie denken, in der kühlen Luft der Wirk¬ lichkeit gedeihen dergleichen phantaſtiſche Treibhaus¬ pflanzen nicht. Nun wohl, das Ganze iſt mir ein Problema, und wollte Gott, es bliebe problematiſch!“ ...

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/229>, abgerufen am 23.11.2024.