Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861.arge Verwüstungen in dem einstmals schönen Gesichte "Sind Sie ganz allein, gute Frau?" fragte Oswald. "Nein, mein Bub ist bei mir, der Cziko; er ist in "Und wie kommen Sie hierher an diesen abgelegenen "Kenne den Platz schon seit vielen Jahren. Mache arge Verwüſtungen in dem einſtmals ſchönen Geſichte „Sind Sie ganz allein, gute Frau?“ fragte Oswald. „Nein, mein Bub iſt bei mir, der Cziko; er iſt in „Und wie kommen Sie hierher an dieſen abgelegenen „Kenne den Platz ſchon ſeit vielen Jahren. Mache <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0147" n="137"/> arge Verwüſtungen in dem einſtmals ſchönen Geſichte<lb/> angerichtet, den Zügen eine unangenehme Schärfe gege¬<lb/> ben, die Augenhöhlen übermäßig vertieft, ja ſchon hier<lb/> und da einzelne graue Streifchen in das üppige, blau¬<lb/> ſchwarze Haar geſtreut, das mit ſeinen dicken Flechten<lb/> ein beſſerer Schutz für den edelgeformten Kopf war,<lb/> als der Lappen rothen Zeuges, den ſie turbanartig<lb/> herumgewunden hatte. Ihre Kleidung war ſehr ärm¬<lb/> lich und vielfach geflickt, ihre Füße nackt. Oswald<lb/> ſah jetzt auch, daß an einem der nächſten Bäume ein<lb/> wunderlich geformtes Inſtrument hing und allerlei<lb/> Geräth umherlag. Ein mit einem rothen Federbuſch<lb/> und einer bunten Decke geſchmückter Eſel ſtrich langſam<lb/> durch die Stämme und ließ ſich das harte Waldgras<lb/> vortrefflich ſchmecken.</p><lb/> <p>„Sind Sie ganz allein, gute Frau?“ fragte Oswald.</p><lb/> <p>„Nein, mein Bub iſt bei mir, der Cziko; er iſt in<lb/> den Wald gangen, Waſſer zu holen; dies taugt nur<lb/> für Fröſch' und Kröten.“</p><lb/> <p>„Und wie kommen Sie hierher an dieſen abgelegenen<lb/> Ort?“</p><lb/> <p>„Kenne den Platz ſchon ſeit vielen Jahren. Mache<lb/> ſtets hier Raſt, wenn ich in dieſe Gegend komme.<lb/> Schläft ſich billiger im Walde, als in der Dorfſchenke,<lb/> guter Herr.“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [137/0147]
arge Verwüſtungen in dem einſtmals ſchönen Geſichte
angerichtet, den Zügen eine unangenehme Schärfe gege¬
ben, die Augenhöhlen übermäßig vertieft, ja ſchon hier
und da einzelne graue Streifchen in das üppige, blau¬
ſchwarze Haar geſtreut, das mit ſeinen dicken Flechten
ein beſſerer Schutz für den edelgeformten Kopf war,
als der Lappen rothen Zeuges, den ſie turbanartig
herumgewunden hatte. Ihre Kleidung war ſehr ärm¬
lich und vielfach geflickt, ihre Füße nackt. Oswald
ſah jetzt auch, daß an einem der nächſten Bäume ein
wunderlich geformtes Inſtrument hing und allerlei
Geräth umherlag. Ein mit einem rothen Federbuſch
und einer bunten Decke geſchmückter Eſel ſtrich langſam
durch die Stämme und ließ ſich das harte Waldgras
vortrefflich ſchmecken.
„Sind Sie ganz allein, gute Frau?“ fragte Oswald.
„Nein, mein Bub iſt bei mir, der Cziko; er iſt in
den Wald gangen, Waſſer zu holen; dies taugt nur
für Fröſch' und Kröten.“
„Und wie kommen Sie hierher an dieſen abgelegenen
Ort?“
„Kenne den Platz ſchon ſeit vielen Jahren. Mache
ſtets hier Raſt, wenn ich in dieſe Gegend komme.
Schläft ſich billiger im Walde, als in der Dorfſchenke,
guter Herr.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |