Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sperander [i. e. Gladov, Friedrich]: Sorgfältiger Negotiant und Wechßler. Leipzig, 1706.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
len Hertzogen zu Venedig und Genua Bischöffe und Cardinäl Patriar-
chen und Päbste worden/ und mehr andre in grösser anzahl in Teutsch-
land/ Italia, Hispania, Franckreich/ Engelland und Holland. etc.

Allein gleich wie in Studiis und Krieg den Dausenden nicht gelin-
get die Staffel der Ehren und dignität zu besteigen/ also gelangen auch
bey der Handlung und Kauffmanschafft nicht alle zu einbarligen Ver-
mögen/ iedoch ists der Weg und Anleitung auch Staffeln zur Ehren
und Tugend. Nun mag die Handlung und Gewerb ohne Gerechtigkeit
und Billigkeit nicht wohl bestehen und solches Recht auch Billigkeit ob es
gleich in der Natürlichen Vernunfft seinen Wohn-Platz und ursprüng-
lichen Qvell hat/ so ist gleichwohl des Menschen verkehrte Natur mehr
zum Unrecht und Bösen geneiget/ absonderlich da es sich einig ums pro-
fit
tig ereignen mag/ weder zur Gerecht- und Billigkeit. Die Menschen
seynd auch nicht einerley Glücks/ nicht einerley Verstandes und Erfah-
rung/ nicht einerley Tugend und Guthertzigkeit/ nicht einerley con-
duite
Lebens und Wandels/ sondern in solchen allen der eine in den einen/
der andre in einen andern/ der dritte will nicht sagen in allen/ doch gleich-
wohl in den meisten verderbet und boßhafftig. Wegen vieler Ungerechten
und Boßhafften Practiquen haben nun hohe Häupter/ Regenten und
Magistrats mancherley gesetze gestellet und befästiget/ um alles in einer
richtigen Ordnung Gerecht- und Billigkeit zu erhalten/ Unordnungen
und Boßheit aber abzuwehren und zu verwenden; Allein solche Gesätze
und Ordnungen haben dahin sich zur Zeit noch nicht erstrecken und zulan-
gen mögen/ daß man allen Vorfällen und Practiquen Regeln und Ge-
setze hätte vorschreiben können/ zumahl alles iedweden nicht vollkomlig
bekant und wissent/ die Welt auch immer ver schlimmert und ärger wird/ und
Arglistigkeit gebähret Böses über Böses. Es ist die Handlung und Kauff-
mannschafft eine speculativa materia, so in practica offtermals subtil,
und nicht weniger Nachsinnes erfordert/ als eintzig ander Studium oder
Wissenschafft/ und darum hat/ der Autor hierinnen etwas wenigs auf
die Bahn zubringen sich verstehen lassen/ so wohl von Geschichte als
Dubia, zwar ausser eintziger Ordnung/ und nur nachdeme es vorgefallen
und ihme eingefallen/ oder aus Geschichts Erzehlung erfahren/ und
auch gelesen/ beyfügend abusus und Mißbräuch zur speculation und
Vorsichtigkeit anleitend/ alles doch erfahrner und derständigern Judicio
anheim stellend zur vollkommenen Entscheidung und folglig von Rechts-

Gelehrte

Vorrede.
len Hertzogen zu Venedig und Genua Biſchoͤffe und Cardinaͤl Patriar-
chen und Paͤbſte worden/ und mehr andre in groͤſſer anzahl in Teutſch-
land/ Italia, Hiſpania, Franckreich/ Engelland und Holland. ꝛc.

Allein gleich wie in Studiis und Krieg den Dauſenden nicht gelin-
get die Staffel der Ehren und dignitaͤt zu beſteigen/ alſo gelangen auch
bey der Handlung und Kauffmanſchafft nicht alle zu einbarligen Ver-
moͤgen/ iedoch iſts der Weg und Anleitung auch Staffeln zur Ehren
und Tugend. Nun mag die Handlung und Gewerb ohne Gerechtigkeit
und Billigkeit nicht wohl beſtehen und ſolches Recht auch Billigkeit ob es
gleich in der Natuͤrlichen Vernunfft ſeinen Wohn-Platz und urſpruͤng-
lichen Qvell hat/ ſo iſt gleichwohl des Menſchen verkehrte Natur mehr
zum Unrecht und Boͤſen geneiget/ abſonderlich da es ſich einig ums pro-
fit
tig ereignen mag/ weder zur Gerecht- und Billigkeit. Die Menſchen
ſeynd auch nicht einerley Gluͤcks/ nicht einerley Verſtandes und Erfah-
rung/ nicht einerley Tugend und Guthertzigkeit/ nicht einerley con-
duite
Lebens und Wandels/ ſondern in ſolchen allen der eine in den einen/
der andre in einen andern/ der dritte will nicht ſagen in allen/ doch gleich-
wohl in den meiſten verderbet und boßhafftig. Wegen vieler Ungerechten
und Boßhafften Practiquen haben nun hohe Haͤupter/ Regenten und
Magiſtrats mancherley geſetze geſtellet und befaͤſtiget/ um alles in einer
richtigen Ordnung Gerecht- und Billigkeit zu erhalten/ Unordnungen
und Boßheit aber abzuwehren und zu verwenden; Allein ſolche Geſaͤtze
und Ordnungen haben dahin ſich zur Zeit noch nicht erſtrecken und zulan-
gen moͤgen/ daß man allen Vorfaͤllen und Practiquen Regeln und Ge-
ſetze haͤtte vorſchreiben koͤnnen/ zumahl alles iedweden nicht vollkomlig
bekant und wiſſent/ die Welt auch im̃er ver ſchlim̃ert und aͤrger wird/ und
Argliſtigkeit gebaͤhret Boͤſes uͤber Boͤſes. Es iſt die Handlung und Kauff-
mannſchafft eine ſpeculativa materia, ſo in practica offtermals ſubtil,
und nicht weniger Nachſinnes erfordert/ als eintzig ander Studium oder
Wiſſenſchafft/ und darum hat/ der Autor hierinnen etwas wenigs auf
die Bahn zubringen ſich verſtehen laſſen/ ſo wohl von Geſchichte als
Dubia, zwar auſſer eintziger Ordnung/ und nur nachdeme es vorgefallen
und ihme eingefallen/ oder aus Geſchichts Erzehlung erfahren/ und
auch geleſen/ beyfuͤgend abuſus und Mißbraͤuch zur ſpeculation und
Vorſichtigkeit anleitend/ alles doch erfahrner und derſtaͤndigern Judicio
anheim ſtellend zur vollkommenen Entſcheidung und folglig von Rechts-

Gelehrte
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0010"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
len Hertzogen zu Venedig und <hi rendition="#aq">Genua</hi> Bi&#x017F;cho&#x0364;ffe und Cardina&#x0364;l Patriar-<lb/>
chen und Pa&#x0364;b&#x017F;te worden/ und mehr andre in gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er anzahl in Teut&#x017F;ch-<lb/>
land/ <hi rendition="#aq">Italia, Hi&#x017F;pania,</hi> Franckreich/ Engelland und Holland. &#xA75B;c.</p><lb/>
        <p>Allein gleich wie in <hi rendition="#aq">Studiis</hi> und Krieg den Dau&#x017F;enden nicht gelin-<lb/>
get die Staffel der Ehren und <hi rendition="#aq">digni</hi>ta&#x0364;t zu be&#x017F;teigen/ al&#x017F;o gelangen auch<lb/>
bey der Handlung und Kauffman&#x017F;chafft nicht alle zu einbarligen Ver-<lb/>
mo&#x0364;gen/ iedoch i&#x017F;ts der Weg und Anleitung auch Staffeln zur Ehren<lb/>
und Tugend. Nun mag die Handlung und Gewerb ohne Gerechtigkeit<lb/>
und Billigkeit nicht wohl be&#x017F;tehen und &#x017F;olches Recht auch Billigkeit ob es<lb/>
gleich in der Natu&#x0364;rlichen Vernunfft &#x017F;einen Wohn-Platz und ur&#x017F;pru&#x0364;ng-<lb/>
lichen Qvell hat/ &#x017F;o i&#x017F;t gleichwohl des Men&#x017F;chen verkehrte Natur mehr<lb/>
zum Unrecht und Bo&#x0364;&#x017F;en geneiget/ ab&#x017F;onderlich da es &#x017F;ich einig ums <hi rendition="#aq">pro-<lb/>
fit</hi>tig ereignen mag/ weder zur Gerecht- und Billigkeit. Die Men&#x017F;chen<lb/>
&#x017F;eynd auch nicht einerley Glu&#x0364;cks/ nicht einerley Ver&#x017F;tandes und Erfah-<lb/>
rung/ nicht einerley Tugend und Guthertzigkeit/ nicht einerley <hi rendition="#aq">con-<lb/>
duite</hi> Lebens und Wandels/ &#x017F;ondern in &#x017F;olchen allen der eine in den einen/<lb/>
der andre in einen andern/ der dritte will nicht &#x017F;agen in allen/ doch gleich-<lb/>
wohl in den mei&#x017F;ten verderbet und boßhafftig. Wegen vieler Ungerechten<lb/>
und Boßhafften <hi rendition="#aq">Practiq</hi>uen haben nun hohe Ha&#x0364;upter/ Regenten und<lb/><hi rendition="#aq">Magi&#x017F;trats</hi> mancherley ge&#x017F;etze ge&#x017F;tellet und befa&#x0364;&#x017F;tiget/ um alles in einer<lb/>
richtigen Ordnung Gerecht- und Billigkeit zu erhalten/ Unordnungen<lb/>
und Boßheit aber abzuwehren und zu verwenden; Allein &#x017F;olche Ge&#x017F;a&#x0364;tze<lb/>
und Ordnungen haben dahin &#x017F;ich zur Zeit noch nicht er&#x017F;trecken und zulan-<lb/>
gen mo&#x0364;gen/ daß man allen Vorfa&#x0364;llen und <hi rendition="#aq">Practiqu</hi>en Regeln und Ge-<lb/>
&#x017F;etze ha&#x0364;tte vor&#x017F;chreiben ko&#x0364;nnen/ zumahl alles iedweden nicht vollkomlig<lb/>
bekant und wi&#x017F;&#x017F;ent/ die Welt auch im&#x0303;er ver &#x017F;chlim&#x0303;ert und a&#x0364;rger wird/ und<lb/>
Argli&#x017F;tigkeit geba&#x0364;hret Bo&#x0364;&#x017F;es u&#x0364;ber Bo&#x0364;&#x017F;es. Es i&#x017F;t die Handlung und Kauff-<lb/>
mann&#x017F;chafft eine <hi rendition="#aq">&#x017F;peculativa materia,</hi> &#x017F;o in <hi rendition="#aq">practica</hi> offtermals <hi rendition="#aq">&#x017F;ubtil,</hi><lb/>
und nicht weniger Nach&#x017F;innes erfordert/ als eintzig ander <hi rendition="#aq">Studium</hi> oder<lb/><choice><sic>Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chenfft</sic><corr>Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft</corr></choice>/ und darum hat/ der <hi rendition="#aq">Autor</hi> hierinnen etwas wenigs auf<lb/>
die Bahn zubringen &#x017F;ich <choice><sic>ver&#x017F;te&#x017F;tehen</sic><corr>ver&#x017F;tehen</corr></choice> la&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;o wohl von Ge&#x017F;chichte als<lb/><hi rendition="#aq">Dubia,</hi> zwar au&#x017F;&#x017F;er <choice><sic>eiutziger</sic><corr>eintziger</corr></choice> Ordnung/ und nur nachdeme es vorgefallen<lb/>
und ihme eingefallen/ oder aus Ge&#x017F;chichts Erzehlung erfahren/ und<lb/>
auch gele&#x017F;en/ beyfu&#x0364;gend <hi rendition="#aq">abu&#x017F;us</hi> und Mißbra&#x0364;uch zur <hi rendition="#aq">&#x017F;peculation</hi> und<lb/>
Vor&#x017F;ichtigkeit anleitend/ alles doch erfahrner und der&#x017F;ta&#x0364;ndigern <hi rendition="#aq">Judicio</hi><lb/>
anheim &#x017F;tellend zur vollkommenen Ent&#x017F;cheidung und folglig von Rechts-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Gelehrte</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0010] Vorrede. len Hertzogen zu Venedig und Genua Biſchoͤffe und Cardinaͤl Patriar- chen und Paͤbſte worden/ und mehr andre in groͤſſer anzahl in Teutſch- land/ Italia, Hiſpania, Franckreich/ Engelland und Holland. ꝛc. Allein gleich wie in Studiis und Krieg den Dauſenden nicht gelin- get die Staffel der Ehren und dignitaͤt zu beſteigen/ alſo gelangen auch bey der Handlung und Kauffmanſchafft nicht alle zu einbarligen Ver- moͤgen/ iedoch iſts der Weg und Anleitung auch Staffeln zur Ehren und Tugend. Nun mag die Handlung und Gewerb ohne Gerechtigkeit und Billigkeit nicht wohl beſtehen und ſolches Recht auch Billigkeit ob es gleich in der Natuͤrlichen Vernunfft ſeinen Wohn-Platz und urſpruͤng- lichen Qvell hat/ ſo iſt gleichwohl des Menſchen verkehrte Natur mehr zum Unrecht und Boͤſen geneiget/ abſonderlich da es ſich einig ums pro- fittig ereignen mag/ weder zur Gerecht- und Billigkeit. Die Menſchen ſeynd auch nicht einerley Gluͤcks/ nicht einerley Verſtandes und Erfah- rung/ nicht einerley Tugend und Guthertzigkeit/ nicht einerley con- duite Lebens und Wandels/ ſondern in ſolchen allen der eine in den einen/ der andre in einen andern/ der dritte will nicht ſagen in allen/ doch gleich- wohl in den meiſten verderbet und boßhafftig. Wegen vieler Ungerechten und Boßhafften Practiquen haben nun hohe Haͤupter/ Regenten und Magiſtrats mancherley geſetze geſtellet und befaͤſtiget/ um alles in einer richtigen Ordnung Gerecht- und Billigkeit zu erhalten/ Unordnungen und Boßheit aber abzuwehren und zu verwenden; Allein ſolche Geſaͤtze und Ordnungen haben dahin ſich zur Zeit noch nicht erſtrecken und zulan- gen moͤgen/ daß man allen Vorfaͤllen und Practiquen Regeln und Ge- ſetze haͤtte vorſchreiben koͤnnen/ zumahl alles iedweden nicht vollkomlig bekant und wiſſent/ die Welt auch im̃er ver ſchlim̃ert und aͤrger wird/ und Argliſtigkeit gebaͤhret Boͤſes uͤber Boͤſes. Es iſt die Handlung und Kauff- mannſchafft eine ſpeculativa materia, ſo in practica offtermals ſubtil, und nicht weniger Nachſinnes erfordert/ als eintzig ander Studium oder Wiſſenſchafft/ und darum hat/ der Autor hierinnen etwas wenigs auf die Bahn zubringen ſich verſtehen laſſen/ ſo wohl von Geſchichte als Dubia, zwar auſſer eintziger Ordnung/ und nur nachdeme es vorgefallen und ihme eingefallen/ oder aus Geſchichts Erzehlung erfahren/ und auch geleſen/ beyfuͤgend abuſus und Mißbraͤuch zur ſpeculation und Vorſichtigkeit anleitend/ alles doch erfahrner und derſtaͤndigern Judicio anheim ſtellend zur vollkommenen Entſcheidung und folglig von Rechts- Gelehrte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sperander_negotiant_1706
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sperander_negotiant_1706/10
Zitationshilfe: Sperander [i. e. Gladov, Friedrich]: Sorgfältiger Negotiant und Wechßler. Leipzig, 1706, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sperander_negotiant_1706/10>, abgerufen am 24.11.2024.