Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

Bild:
<< vorherige Seite

andern eingewurtzelten sünden/ und bösen
gewohnheiten/ an hand genommen werden.
So nun denen angewehneten Lastern ge-
steuret worden/ kan man durch GOttes
Gnad einer Tugend nach der andern sich be-
fleissen/ und abermahl in der Ordnung/ daß
man in denen sich übe/ welche uns am schwe-
resten scheinen; dabey alle zuträgliche Mittel
an die hand nehmen/ und deren mit rath sei-
nes Professoris, Eltern/ oder Seelsorgers
denen man sich p. t. allein vertrauen muß bey
allen vorfallenden Gemüths-bewegungen
bedienen. Dann obwol eine solche ver-
traulichkeit und freundschafft/ unter benen
Commilitonibus hertzlich zu wünschen wä-
re/ krafft deren sie einander nicht nur zu
übung dessen was sie auß GOttes Wort
gehört/ vermahneten/ sondern auch auff
einander sehen/ wie je ein und anderer sich
darzu anstellet/ so ist es doch noch zur zeit/
da das menschliche Gemüht so gar unbe-
ständig/ gefährlich/ sein Hertz einem
gantzen Collegio außzuschütten/ seine
zuneigungen/ sündliche versuchungen
und gebrechen/ zu eröffnen/ als in wel-
chem gemeiniglich ein Judas verborgen/

der

andern eingewurtzelten ſuͤnden/ und boͤſen
gewohnheiten/ an hand genommen werden.
So nun denen angewehneten Laſtern ge-
ſteuret worden/ kan man durch GOttes
Gnad einer Tugend nach der andern ſich be-
fleiſſen/ und abermahl in der Ordnung/ daß
man in denen ſich uͤbe/ welche uns am ſchwe-
reſten ſcheinen; dabey alle zutraͤgliche Mittel
an die hand nehmen/ und deren mit rath ſei-
nes Profeſſoris, Eltern/ oder Seelſorgers
denen man ſich p. t. allein vertrauen muß bey
allen vorfallenden Gemuͤths-bewegungen
bedienen. Dann obwol eine ſolche ver-
traulichkeit und freundſchafft/ unter benen
Commilitonibus hertzlich zu wuͤnſchen waͤ-
re/ krafft deren ſie einander nicht nur zu
uͤbung deſſen was ſie auß GOttes Wort
gehoͤrt/ vermahneten/ ſondern auch auff
einander ſehen/ wie je ein und anderer ſich
darzu anſtellet/ ſo iſt es doch noch zur zeit/
da das menſchliche Gemuͤht ſo gar unbe-
ſtaͤndig/ gefaͤhrlich/ ſein Hertz einem
gantzen Collegio außzuſchuͤtten/ ſeine
zuneigungen/ ſuͤndliche verſuchungen
und gebrechen/ zu eroͤffnen/ als in wel-
chem gemeiniglich ein Judas verborgen/

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0285" n="259"/>
andern eingewurtzelten &#x017F;u&#x0364;nden/ und bo&#x0364;&#x017F;en<lb/>
gewohnheiten/ an hand genommen werden.<lb/>
So nun denen angewehneten La&#x017F;tern ge-<lb/>
&#x017F;teuret worden/ kan man durch GOttes<lb/>
Gnad einer Tugend nach der andern &#x017F;ich be-<lb/>
flei&#x017F;&#x017F;en/ und abermahl in der Ordnung/ daß<lb/>
man in denen &#x017F;ich u&#x0364;be/ welche uns am &#x017F;chwe-<lb/>
re&#x017F;ten &#x017F;cheinen; dabey alle zutra&#x0364;gliche Mittel<lb/>
an die hand nehmen/ und deren mit rath &#x017F;ei-<lb/>
nes <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;oris,</hi> Eltern/ oder Seel&#x017F;orgers<lb/>
denen man &#x017F;ich <hi rendition="#aq">p. t.</hi> allein vertrauen muß bey<lb/>
allen vorfallenden Gemu&#x0364;ths-bewegungen<lb/>
bedienen. Dann obwol eine &#x017F;olche ver-<lb/>
traulichkeit und freund&#x017F;chafft/ unter benen<lb/><hi rendition="#aq">Commilitonibus</hi> hertzlich zu wu&#x0364;n&#x017F;chen wa&#x0364;-<lb/>
re/ krafft deren &#x017F;ie einander nicht nur zu<lb/>
u&#x0364;bung de&#x017F;&#x017F;en was &#x017F;ie auß GOttes Wort<lb/>
geho&#x0364;rt/ vermahneten/ &#x017F;ondern auch auff<lb/>
einander &#x017F;ehen/ wie je ein und anderer &#x017F;ich<lb/>
darzu an&#x017F;tellet/ &#x017F;o i&#x017F;t es doch noch zur zeit/<lb/>
da das men&#x017F;chliche Gemu&#x0364;ht &#x017F;o gar unbe-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndig/ gefa&#x0364;hrlich/ &#x017F;ein Hertz einem<lb/>
gantzen <hi rendition="#aq">Collegio</hi> außzu&#x017F;chu&#x0364;tten/ &#x017F;eine<lb/>
zuneigungen/ &#x017F;u&#x0364;ndliche ver&#x017F;uchungen<lb/>
und gebrechen/ zu ero&#x0364;ffnen/ als in wel-<lb/>
chem gemeiniglich ein Judas verborgen/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0285] andern eingewurtzelten ſuͤnden/ und boͤſen gewohnheiten/ an hand genommen werden. So nun denen angewehneten Laſtern ge- ſteuret worden/ kan man durch GOttes Gnad einer Tugend nach der andern ſich be- fleiſſen/ und abermahl in der Ordnung/ daß man in denen ſich uͤbe/ welche uns am ſchwe- reſten ſcheinen; dabey alle zutraͤgliche Mittel an die hand nehmen/ und deren mit rath ſei- nes Profeſſoris, Eltern/ oder Seelſorgers denen man ſich p. t. allein vertrauen muß bey allen vorfallenden Gemuͤths-bewegungen bedienen. Dann obwol eine ſolche ver- traulichkeit und freundſchafft/ unter benen Commilitonibus hertzlich zu wuͤnſchen waͤ- re/ krafft deren ſie einander nicht nur zu uͤbung deſſen was ſie auß GOttes Wort gehoͤrt/ vermahneten/ ſondern auch auff einander ſehen/ wie je ein und anderer ſich darzu anſtellet/ ſo iſt es doch noch zur zeit/ da das menſchliche Gemuͤht ſo gar unbe- ſtaͤndig/ gefaͤhrlich/ ſein Hertz einem gantzen Collegio außzuſchuͤtten/ ſeine zuneigungen/ ſuͤndliche verſuchungen und gebrechen/ zu eroͤffnen/ als in wel- chem gemeiniglich ein Judas verborgen/ der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/285
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/285>, abgerufen am 05.05.2024.