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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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rem vorigen gebet saget Joh. 16/ 24. Biß-
her habt ihr nichts gebeten in meinem
Nahmen/
nemlich mit solcher völligen er-
käntniß und daraus fliessendem vertrauen/
wie es billig seyn soll/ und ihr auch nach em-
psangung des heiligen Geistes bey euch ha-
ben werdet/ da hingegen jetzt alles mit gros-
ser schwachheit vermischet ist. Jndessen/
wie der HErr ihre schwachheit mit grosser
gedult truge/ also können wir nicht sagen/
daß alles solches in den lieben Aposteln nur
wercke der natur gewesen/ sondern es wa-
ren in ihnen warhafftige wirckungen des
heiligen Geistes/ bey denen sich jene unwis-
senheit doch zugleich befunden/ und die rei-
nigkeit derselben etwas beflecket hat. Also
kan es noch geschehen/ daß eine sache an sich
selbs recht/ gut/ und von GOtt geboten ist/
der mensch thut auch dieselbige aus gehor-
sam gegen Göttliches gebot/ er hat aber ei-
nen irrthum bey einigen umständen der sa-
che/ welcher also Göttlichem willen und ge-
bot entgegen seyn kan; oder er thut etwas
darinnen unbedachtsam/ darinnen er auch
von jener regel abschreitet: da ist aber als-
dann dieses noch nicht ein gnugsames zeug-
niß/ daß das gantze werck allein ein werck

der

rem vorigen gebet ſaget Joh. 16/ 24. Biß-
her habt ihr nichts gebeten in meinem
Nahmen/
nemlich mit ſolcher voͤlligen er-
kaͤntniß und daraus flieſſendem vertrauen/
wie es billig ſeyn ſoll/ und ihr auch nach em-
pſangung des heiligen Geiſtes bey euch ha-
ben werdet/ da hingegen jetzt alles mit groſ-
ſer ſchwachheit vermiſchet iſt. Jndeſſen/
wie der HErr ihre ſchwachheit mit groſſer
gedult truge/ alſo koͤnnen wir nicht ſagen/
daß alles ſolches in den lieben Apoſteln nur
wercke der natur geweſen/ ſondern es wa-
ren in ihnen warhafftige wirckungen des
heiligen Geiſtes/ bey denen ſich jene unwiſ-
ſenheit doch zugleich befunden/ und die rei-
nigkeit derſelben etwas beflecket hat. Alſo
kan es noch geſchehen/ daß eine ſache an ſich
ſelbs recht/ gut/ und von GOtt geboten iſt/
der menſch thut auch dieſelbige aus gehor-
ſam gegen Goͤttliches gebot/ er hat aber ei-
nen irrthum bey einigen umſtaͤnden der ſa-
che/ welcher alſo Goͤttlichem willen und ge-
bot entgegen ſeyn kan; oder er thut etwas
darinnen unbedachtſam/ darinnen er auch
von jener regel abſchreitet: da iſt aber als-
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[17/0079] rem vorigen gebet ſaget Joh. 16/ 24. Biß- her habt ihr nichts gebeten in meinem Nahmen/ nemlich mit ſolcher voͤlligen er- kaͤntniß und daraus flieſſendem vertrauen/ wie es billig ſeyn ſoll/ und ihr auch nach em- pſangung des heiligen Geiſtes bey euch ha- ben werdet/ da hingegen jetzt alles mit groſ- ſer ſchwachheit vermiſchet iſt. Jndeſſen/ wie der HErr ihre ſchwachheit mit groſſer gedult truge/ alſo koͤnnen wir nicht ſagen/ daß alles ſolches in den lieben Apoſteln nur wercke der natur geweſen/ ſondern es wa- ren in ihnen warhafftige wirckungen des heiligen Geiſtes/ bey denen ſich jene unwiſ- ſenheit doch zugleich befunden/ und die rei- nigkeit derſelben etwas beflecket hat. Alſo kan es noch geſchehen/ daß eine ſache an ſich ſelbs recht/ gut/ und von GOtt geboten iſt/ der menſch thut auch dieſelbige aus gehor- ſam gegen Goͤttliches gebot/ er hat aber ei- nen irrthum bey einigen umſtaͤnden der ſa- che/ welcher alſo Goͤttlichem willen und ge- bot entgegen ſeyn kan; oder er thut etwas darinnen unbedachtſam/ darinnen er auch von jener regel abſchreitet: da iſt aber als- dann dieſes noch nicht ein gnugſames zeug- niß/ daß das gantze werck allein ein werck der

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/79>, abgerufen am 18.05.2024.