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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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Welcherley exempel wir offt an den gott-
seligsten personen finden werden/ uns aber
zu versichern haben/ daß der himmlische Va-
ter aus gantz weisem rath es also müsse ge-
ordnet/ und dieses nützlich befunden haben/
viele seine kinder durch schwermuth/ anfech-
tung und trostlosigkeit vorgeistlichem hoch-
muth und sicherheit zu bewahren/ hingegen
sie in stäter wach samkeit über ihre seelen und
wahrer demuth zu erhalten/ des wegen ihnen
manches des guten/ so in ihnen ist/ zu ver-
bergen/ oder dessen empfindung bey ihnen
zu hemmen.

§. 92.

Damit aber solche liebe leute durch
obige kennzeichen nicht mehr geängstiget/
und in grosse gefahr durch ihre prüffung ge-
führet werden/ so haben sie unterschiedliches
dabey zu mercken. 1. Daß die obigekennzei-
chen zwar alle kennzeichen Göttlicher gna-
den-würckungen seyen/ aber nicht ebennoth-
wendig alle müssen oder können bey jedem
werck sich finden/ massen gar diese nicht alle
so bewandt sind/ daß bey jedem viele dersel-
ben anzutreffen wären. Kan also eine ihres
heils recht begierige seele auch damit zu frie-
den seyn/ dasie einige deutliche zeugnissen
der gnaden bey ihrem thun findet/ ob sie

wol

Welcherley exempel wir offt an den gott-
ſeligſten perſonen finden werden/ uns aber
zu verſichern haben/ daß der himmliſche Va-
ter aus gantz weiſem rath es alſo müſſe ge-
ordnet/ und dieſes nützlich befunden haben/
viele ſeine kinder durch ſchwermuth/ anfech-
tung und troſtloſigkeit voꝛgeiſtlichem hoch-
muth und ſicherheit zu bewahren/ hingegen
ſie in ſtaͤter wach ſamkeit über ihre ſeelen und
wahrer demuth zu erhalten/ des wegen ihnen
manches des guten/ ſo in ihnen iſt/ zu ver-
bergen/ oder deſſen empfindung bey ihnen
zu hemmen.

§. 92.

Damit aber ſolche liebe leute durch
obige kennzeichen nicht mehr geaͤngſtiget/
und in groſſe gefahr durch ihre prüffung ge-
führet werden/ ſo haben ſie unterſchiedliches
dabey zu mercken. 1. Daß die obigekennzei-
chen zwar alle kennzeichen Goͤttlicher gna-
den-wüꝛckungen ſeyen/ aber nicht ebennoth-
wendig alle müſſen oder koͤnnen bey jedem
werck ſich finden/ maſſen gar dieſe nicht alle
ſo bewandt ſind/ daß bey jedem viele derſel-
ben anzutreffen waͤren. Kan alſo eine ihres
heils recht begierige ſeele auch damit zu frie-
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der gnaden bey ihrem thun findet/ ob ſie

wol
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[285/0347] Welcherley exempel wir offt an den gott- ſeligſten perſonen finden werden/ uns aber zu verſichern haben/ daß der himmliſche Va- ter aus gantz weiſem rath es alſo müſſe ge- ordnet/ und dieſes nützlich befunden haben/ viele ſeine kinder durch ſchwermuth/ anfech- tung und troſtloſigkeit voꝛgeiſtlichem hoch- muth und ſicherheit zu bewahren/ hingegen ſie in ſtaͤter wach ſamkeit über ihre ſeelen und wahrer demuth zu erhalten/ des wegen ihnen manches des guten/ ſo in ihnen iſt/ zu ver- bergen/ oder deſſen empfindung bey ihnen zu hemmen. §. 92. Damit aber ſolche liebe leute durch obige kennzeichen nicht mehr geaͤngſtiget/ und in groſſe gefahr durch ihre prüffung ge- führet werden/ ſo haben ſie unterſchiedliches dabey zu mercken. 1. Daß die obigekennzei- chen zwar alle kennzeichen Goͤttlicher gna- den-wüꝛckungen ſeyen/ aber nicht ebennoth- wendig alle müſſen oder koͤnnen bey jedem werck ſich finden/ maſſen gar dieſe nicht alle ſo bewandt ſind/ daß bey jedem viele derſel- ben anzutreffen waͤren. Kan alſo eine ihres heils recht begierige ſeele auch damit zu frie- den ſeyn/ daſie einige deutliche zeugniſſen der gnaden bey ihrem thun findet/ ob ſie wol

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/347>, abgerufen am 12.06.2024.