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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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zu weilen das betrigliche fleisch etwas dessen
nachzuahmen vermag/ was sonsten die gna-
de zu thun pfleget: sondern man hat meh-
rere vorzunehmen/ und an mehr orten an
dem probirstein alles anzustreichen: auff
daß man der sache recht gewiß werde/ dar-
an uns so ein grosses gelegen ist. So bald
der mensch auch die jenige art des gemüths
bey sich findet/ daß es leicht mit jedem schein
zu frieden ist/ etwas in sich vor göttlich zu er-
kennen/ und nicht gern viel weiter forschet/
muß ihm bereits dasselbe verdächtig seyn/
als eine sicherheit des fleisches/ so ihn gerne
betriegen wolle/ gegen dem er dann sich desto
fleißiger verwahren solle.

§. 90.

Wo es auch bey einem werck an-
fängt in dem gewissen zweiffelhafft zu wer-
den/ ob es aus Gott oder gar aus dem fleisch
gewesen/ in dem vorjenes zwar einigerschein
gefunden wird/ dieses aber auch seine starcke
vermuthung hat/ ists nicht so wol sicher/ sol-
ches vor ein gutes werck und gnaden-wirck-
ung zu erkennen/ und sich darauff zu verlas-
sen: als vielmehr sich wegen desselben vor
GOtt zu demüthigen/ und seine sündliche
verderbnis darinnen zu bekennen/ dadurch
man seine wirckung/ die uns sich zu zeigen

ange-

zu weilen das betrigliche fleiſch etwas deſſen
nachzuahmen vermag/ was ſonſten die gna-
de zu thun pfleget: ſondern man hat meh-
rere vorzunehmen/ und an mehr orten an
dem probirſtein alles anzuſtreichen: auff
daß man der ſache recht gewiß werde/ dar-
an uns ſo ein groſſes gelegen iſt. So bald
der menſch auch die jenige art des gemüths
bey ſich findet/ daß es leicht mit jedem ſchein
zu frieden iſt/ etwas in ſich vor goͤttlich zu er-
kennen/ und nicht gern viel weiter forſchet/
muß ihm bereits daſſelbe verdaͤchtig ſeyn/
als eine ſicherheit des fleiſches/ ſo ihn gerne
betriegen wolle/ gegen dem er dann ſich deſto
fleißiger verwahren ſolle.

§. 90.

Wo es auch bey einem werck an-
faͤngt in dem gewiſſen zweiffelhafft zu wer-
den/ ob es aus Gott oder gar aus dem fleiſch
geweſen/ in dem voꝛjenes zwar einigeꝛſchein
gefunden wird/ dieſes aber auch ſeine ſtarcke
vermuthung hat/ iſts nicht ſo wol ſicher/ ſol-
ches vor ein gutes werck und gnaden-wirck-
ung zu erkennen/ und ſich darauff zu verlaſ-
ſen: als vielmehr ſich wegen deſſelben vor
GOtt zu demüthigen/ und ſeine ſündliche
verderbnis darinnen zu bekennen/ dadurch
man ſeine wirckung/ die uns ſich zu zeigen

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[282/0344] zu weilen das betrigliche fleiſch etwas deſſen nachzuahmen vermag/ was ſonſten die gna- de zu thun pfleget: ſondern man hat meh- rere vorzunehmen/ und an mehr orten an dem probirſtein alles anzuſtreichen: auff daß man der ſache recht gewiß werde/ dar- an uns ſo ein groſſes gelegen iſt. So bald der menſch auch die jenige art des gemüths bey ſich findet/ daß es leicht mit jedem ſchein zu frieden iſt/ etwas in ſich vor goͤttlich zu er- kennen/ und nicht gern viel weiter forſchet/ muß ihm bereits daſſelbe verdaͤchtig ſeyn/ als eine ſicherheit des fleiſches/ ſo ihn gerne betriegen wolle/ gegen dem er dann ſich deſto fleißiger verwahren ſolle. §. 90. Wo es auch bey einem werck an- faͤngt in dem gewiſſen zweiffelhafft zu wer- den/ ob es aus Gott oder gar aus dem fleiſch geweſen/ in dem voꝛjenes zwar einigeꝛſchein gefunden wird/ dieſes aber auch ſeine ſtarcke vermuthung hat/ iſts nicht ſo wol ſicher/ ſol- ches vor ein gutes werck und gnaden-wirck- ung zu erkennen/ und ſich darauff zu verlaſ- ſen: als vielmehr ſich wegen deſſelben vor GOtt zu demüthigen/ und ſeine ſündliche verderbnis darinnen zu bekennen/ dadurch man ſeine wirckung/ die uns ſich zu zeigen ange-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/344>, abgerufen am 11.06.2024.