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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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böse gewonheit das gute/ davon man sich so
lang enthalten hat/ thut/ ist solches eine rech-
te und scheinbare verleugnung seines eige-
nen willens/ und gehöret mit unter das von
Christo gebotene ausreissen des auges
und abhauen der hände und füsse/ so
uns ärgerlich wären/ das nicht ohne schmer-
tzen abgehet/ aber ein nötiges stück unsers ge-
horsams ist/ nach Matth. 5/ 29. 30. 18/ 8. 9.

§. 79.

Wir mögen auch 4. ein kennzei-
chen der verläugnung des eigenen willens
erachten/ wenn wir das jenige/ was Got-
tes befehl/ die liebe des nechsten und unser
ampt erfordert und mit sich bringet/ bereit
und beflissen seyn zu leisten/ ob es auch we-
nige oder viele betreffe/ ob die jenige/ mit wel-
chen wir es zuthun haben/ reich/ vornehm/
oder gering und arm sind/ und was sonsten
vor ander ansehen der person seyn mag.
Denn weil abermal die natürliche zunei-
gung/ auch bey den besten (die auch so gar an
und vor sich selbs nicht unrecht ist) mit sich
bringet/ daß wir am liebsten unsre arbeit zu
ihrer vieler bestem frucht zu schaffen verlan-
gen/ wie es auch dem gewissen vielmehr ge-
mäß als zu wider ist/ nach müglich keit seine
arbeiten allemal also einzurichten/ daß so

viel

boͤſe gewonheit das gute/ davon man ſich ſo
lang enthalten hat/ thut/ iſt ſolches eine rech-
te und ſcheinbare verleugnung ſeines eige-
nen willens/ und gehoͤret mit unter das von
Chriſto gebotene ausreiſſen des auges
und abhauen der haͤnde und füſſe/ ſo
uns aͤrgerlich waͤren/ das nicht ohne ſchmer-
tzen abgehet/ aber ein noͤtiges ſtück unſers ge-
horſams iſt/ nach Matth. 5/ 29. 30. 18/ 8. 9.

§. 79.

Wir moͤgen auch 4. ein kennzei-
chen der verlaͤugnung des eigenen willens
erachten/ wenn wir das jenige/ was Got-
tes befehl/ die liebe des nechſten und unſer
ampt erfordert und mit ſich bringet/ bereit
und befliſſen ſeyn zu leiſten/ ob es auch we-
nige oder viele betreffe/ ob die jenige/ mit wel-
chen wir es zuthun haben/ reich/ vornehm/
oder gering und arm ſind/ und was ſonſten
vor ander anſehen der perſon ſeyn mag.
Denn weil abermal die natürliche zunei-
gung/ auch bey den beſten (die auch ſo gar an
und vor ſich ſelbs nicht unrecht iſt) mit ſich
bringet/ daß wir am liebſten unſre arbeit zu
ihrer vieler beſtem frucht zu ſchaffen verlan-
gen/ wie es auch dem gewiſſen vielmehr ge-
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viel
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[252/0314] boͤſe gewonheit das gute/ davon man ſich ſo lang enthalten hat/ thut/ iſt ſolches eine rech- te und ſcheinbare verleugnung ſeines eige- nen willens/ und gehoͤret mit unter das von Chriſto gebotene ausreiſſen des auges und abhauen der haͤnde und füſſe/ ſo uns aͤrgerlich waͤren/ das nicht ohne ſchmer- tzen abgehet/ aber ein noͤtiges ſtück unſers ge- horſams iſt/ nach Matth. 5/ 29. 30. 18/ 8. 9. §. 79. Wir moͤgen auch 4. ein kennzei- chen der verlaͤugnung des eigenen willens erachten/ wenn wir das jenige/ was Got- tes befehl/ die liebe des nechſten und unſer ampt erfordert und mit ſich bringet/ bereit und befliſſen ſeyn zu leiſten/ ob es auch we- nige oder viele betreffe/ ob die jenige/ mit wel- chen wir es zuthun haben/ reich/ vornehm/ oder gering und arm ſind/ und was ſonſten vor ander anſehen der perſon ſeyn mag. Denn weil abermal die natürliche zunei- gung/ auch bey den beſten (die auch ſo gar an und vor ſich ſelbs nicht unrecht iſt) mit ſich bringet/ daß wir am liebſten unſre arbeit zu ihrer vieler beſtem frucht zu ſchaffen verlan- gen/ wie es auch dem gewiſſen vielmehr ge- maͤß als zu wider iſt/ nach müglich keit ſeine arbeiten allemal alſo einzurichten/ daß ſo viel

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/314>, abgerufen am 24.11.2024.