Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

Bild:
<< vorherige Seite

aus derselben thut/ das thut er aus der
Göttlichen gnaden-wirckung/ in dem die
auch betrüglichste natur diese dinge nicht
alle also nachmachen kan.

§. 62.

Nun gehen wir 4. zu der vierdten
haupt tugend/ welche ist die demuth/ da-
von wir gleich sagen/ es seye die demuth eine
vortrefliche frucht des geistes/ die sich Col.
3/ 12. bey den auserwehlten und geliebten
GOttes findet/ und was denn in und aus
demuth geschiehet/ ist so viel weniger ein
werck der blossen natur/ als tieffer in unserer
verderbnis der hochmuth und hoch haltung
unserer selbs uns angebohren ist/ also gar/
daß auch solches laster bey manchem annoch
zwar auff eine subtilere und verborgenere
art noch herrschet/ in dem die andere sün-
den ziemlich geschwächet sind. Wir haben
aber der rechten demuth (in dem eben so wol
salsche und betriegliche demuth gefunden
wird/ und von der wahren wol unterschie-
den werden muß) art gründlich einzusehen.
So bestehet nun die demuth und zeigetsich
darinnen. 1. Wenn wir von dem jenigen
werck/ was wir vornehmen/ uns vorstellen/
ja vielmehr/ wo uns so bald das hertz selbs
vorstellet/ als wir etwas vornehmen wollen/

daß

aus derſelben thut/ das thut er aus der
Goͤttlichen gnaden-wirckung/ in dem die
auch betrüglichſte natur dieſe dinge nicht
alle alſo nachmachen kan.

§. 62.

Nun gehen wir 4. zu der vierdten
haupt tugend/ welche iſt die demuth/ da-
von wir gleich ſagen/ es ſeye die demuth eine
vortrefliche frucht des geiſtes/ die ſich Col.
3/ 12. bey den auserwehlten und geliebten
GOttes findet/ und was denn in und aus
demuth geſchiehet/ iſt ſo viel weniger ein
werck der bloſſen natur/ als tieffer in unſerer
verderbnis der hochmuth und hoch haltung
unſerer ſelbs uns angebohren iſt/ alſo gar/
daß auch ſolches laſter bey manchem annoch
zwar auff eine ſubtilere und verborgenere
art noch herrſchet/ in dem die andere ſün-
den ziemlich geſchwaͤchet ſind. Wir haben
aber der rechten demuth (in dem eben ſo wol
ſalſche und betriegliche demuth gefunden
wird/ und von der wahren wol unterſchie-
den werden muß) art gründlich einzuſehen.
So beſtehet nun die demuth und zeigetſich
darinnen. 1. Wenn wir von dem jenigen
werck/ was wir vornehmen/ uns vorſtellen/
ja vielmehr/ wo uns ſo bald das hertz ſelbs
vorſtellet/ als wir etwas vornehmen wollen/

daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0244" n="182"/>
aus der&#x017F;elben thut/ das thut er aus der<lb/>
Go&#x0364;ttlichen gnaden-wirckung/ in dem die<lb/>
auch betrüglich&#x017F;te natur die&#x017F;e dinge nicht<lb/>
alle al&#x017F;o nachmachen kan.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 62.</head>
          <p>Nun gehen wir 4. zu der vierdten<lb/>
haupt tugend/ welche i&#x017F;t <hi rendition="#fr">die demuth/</hi> da-<lb/>
von wir gleich &#x017F;agen/ es &#x017F;eye die demuth eine<lb/>
vortrefliche frucht des gei&#x017F;tes/ die &#x017F;ich Col.<lb/>
3/ 12. bey den auserwehlten und geliebten<lb/>
GOttes findet/ und was denn in und aus<lb/>
demuth ge&#x017F;chiehet/ i&#x017F;t &#x017F;o viel weniger ein<lb/>
werck der blo&#x017F;&#x017F;en natur/ als tieffer in un&#x017F;erer<lb/>
verderbnis der hochmuth und hoch haltung<lb/>
un&#x017F;erer &#x017F;elbs uns angebohren i&#x017F;t/ al&#x017F;o gar/<lb/>
daß auch &#x017F;olches la&#x017F;ter bey manchem annoch<lb/>
zwar auff eine &#x017F;ubtilere und verborgenere<lb/>
art noch herr&#x017F;chet/ in dem die andere &#x017F;ün-<lb/>
den ziemlich ge&#x017F;chwa&#x0364;chet &#x017F;ind. Wir haben<lb/>
aber der rechten demuth (in dem eben &#x017F;o wol<lb/>
&#x017F;al&#x017F;che und betriegliche demuth gefunden<lb/>
wird/ und von der wahren wol unter&#x017F;chie-<lb/>
den werden muß) art gründlich einzu&#x017F;ehen.<lb/>
So be&#x017F;tehet nun die demuth und zeiget&#x017F;ich<lb/>
darinnen. 1. Wenn wir von dem jenigen<lb/>
werck/ was wir vornehmen/ uns vor&#x017F;tellen/<lb/>
ja vielmehr/ wo uns &#x017F;o bald das hertz &#x017F;elbs<lb/>
vor&#x017F;tellet/ als wir etwas vornehmen wollen/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0244] aus derſelben thut/ das thut er aus der Goͤttlichen gnaden-wirckung/ in dem die auch betrüglichſte natur dieſe dinge nicht alle alſo nachmachen kan. §. 62. Nun gehen wir 4. zu der vierdten haupt tugend/ welche iſt die demuth/ da- von wir gleich ſagen/ es ſeye die demuth eine vortrefliche frucht des geiſtes/ die ſich Col. 3/ 12. bey den auserwehlten und geliebten GOttes findet/ und was denn in und aus demuth geſchiehet/ iſt ſo viel weniger ein werck der bloſſen natur/ als tieffer in unſerer verderbnis der hochmuth und hoch haltung unſerer ſelbs uns angebohren iſt/ alſo gar/ daß auch ſolches laſter bey manchem annoch zwar auff eine ſubtilere und verborgenere art noch herrſchet/ in dem die andere ſün- den ziemlich geſchwaͤchet ſind. Wir haben aber der rechten demuth (in dem eben ſo wol ſalſche und betriegliche demuth gefunden wird/ und von der wahren wol unterſchie- den werden muß) art gründlich einzuſehen. So beſtehet nun die demuth und zeigetſich darinnen. 1. Wenn wir von dem jenigen werck/ was wir vornehmen/ uns vorſtellen/ ja vielmehr/ wo uns ſo bald das hertz ſelbs vorſtellet/ als wir etwas vornehmen wollen/ daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/244
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/244>, abgerufen am 18.05.2024.