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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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ziehen. Wie dann gewiß/ wer mit etwas er-
leuchteten augen den zustand aller orten an-
siehet/ mit schrecken mehr warnehmen wird/
als er fast zu sagen getrauet.

Sehen wir ferner um uns/ sonderlich auf
das Römische Papstthum/ so sehen wir
gleichfalls/ wie das hochmüthige Babel
immer mehr und mehr das haupt empor he-
bet/ und an dem scheinet zu seyn/ den höch-
sten gipffel seiner von GOtt verhengten
gewalt zu besteigen. Daher ihm bey etlichen
jahren her alles nach seinem willen gelingen
müssen/ daß man erschrickt/ ob denn der
HErr selbs das ihm feindselige reich erhebe/
und damit sein mißfallen an unserm un-
danck offenbar bezeuge. Wir wissen fer-
ner/ wie solche feinde gegen uns gesinnet
seyen/ und daß sie uns längsten vor verbann-
te ketzer erkläret haben: wo nichts mang-
let/ als daß der HErr nur noch die wenige
bande oder dämme/ damit er sie etwa zurück
hält/ zerrissen werden lasse/ so mag uns
dero gewalt überschwemmen/ wie eine aus-
brechende fluth oder übergiessender strohm
die felder und gründe verderbet. Und dürf-
fen wir uns da auff menschlichen arm nicht
viel verlassen/ dann wo uns der HErr in

ihre

Anſpruch.
ziehen. Wie dann gewiß/ wer mit etwas er-
leuchteten augen den zuſtand aller orten an-
ſiehet/ mit ſchrecken mehr warnehmen wird/
als er faſt zu ſagen getrauet.

Sehen wir ferner um uns/ ſonderlich auf
das Roͤmiſche Papſtthum/ ſo ſehen wir
gleichfalls/ wie das hochmüthige Babel
immer mehr und mehr das haupt empor he-
bet/ und an dem ſcheinet zu ſeyn/ den hoͤch-
ſten gipffel ſeiner von GOtt verhengten
gewalt zu beſteigen. Daher ihm bey etlichen
jahren her alles nach ſeinem willen gelingen
müſſen/ daß man erſchrickt/ ob denn der
HErr ſelbs das ihm feindſelige reich erhebe/
und damit ſein mißfallen an unſerm un-
danck offenbar bezeuge. Wir wiſſen fer-
ner/ wie ſolche feinde gegen uns geſinnet
ſeyen/ und daß ſie uns laͤngſten vor verbañ-
te ketzer erklaͤret haben: wo nichts mang-
let/ als daß der HErr nur noch die wenige
bande oder daͤmme/ damit er ſie etwa zurück
haͤlt/ zerriſſen werden laſſe/ ſo mag uns
dero gewalt überſchwemmen/ wie eine aus-
brechende fluth oder übergieſſender ſtrohm
die felder und gründe verderbet. Und dürf-
fen wir uns da auff menſchlichen arm nicht
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[0024] Anſpruch. ziehen. Wie dann gewiß/ wer mit etwas er- leuchteten augen den zuſtand aller orten an- ſiehet/ mit ſchrecken mehr warnehmen wird/ als er faſt zu ſagen getrauet. Sehen wir ferner um uns/ ſonderlich auf das Roͤmiſche Papſtthum/ ſo ſehen wir gleichfalls/ wie das hochmüthige Babel immer mehr und mehr das haupt empor he- bet/ und an dem ſcheinet zu ſeyn/ den hoͤch- ſten gipffel ſeiner von GOtt verhengten gewalt zu beſteigen. Daher ihm bey etlichen jahren her alles nach ſeinem willen gelingen müſſen/ daß man erſchrickt/ ob denn der HErr ſelbs das ihm feindſelige reich erhebe/ und damit ſein mißfallen an unſerm un- danck offenbar bezeuge. Wir wiſſen fer- ner/ wie ſolche feinde gegen uns geſinnet ſeyen/ und daß ſie uns laͤngſten vor verbañ- te ketzer erklaͤret haben: wo nichts mang- let/ als daß der HErr nur noch die wenige bande oder daͤmme/ damit er ſie etwa zurück haͤlt/ zerriſſen werden laſſe/ ſo mag uns dero gewalt überſchwemmen/ wie eine aus- brechende fluth oder übergieſſender ſtrohm die felder und gründe verderbet. Und dürf- fen wir uns da auff menſchlichen arm nicht viel verlaſſen/ dann wo uns der HErr in ihre

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/24>, abgerufen am 02.05.2024.