Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

Bild:
<< vorherige Seite

ckung und auch deroselben zeugniß: und
zwar/ so viel ünfehlbarer/ als empfindlicher
der schmertze ist/ den die seele über das böse/
so sie sehen muß/ fühlet/ und so viel stärcker
der haß dagegen sich offenbaret: sonderlich
wo solche bewegungen sich finden/ gegen die
jenige und dero böses welche man sonsten
und ausser solcher absicht nicht nur allein
nicht hasset/ sondern sie gar liebet/ und dero
freundschafft werth gehalten hat. Denn
damit zeiget sich/ daß die liebe zu Gott stär-
cker seye als die andere/ wo diese bey uns
nicht hindert/ daß nicht der eiffer/ so aus je-
ner entspringet/ sich gegen alles hervor thue/
was uns ausser dem so angenehm wäre als
unser augapffel ist. Es gehöret in gewissem
verstand allen liebhabern GOttes zu/ was
Moses in seinem letzten segen zu Levi sprach:
5. Mos. 33/ 9. Wer zu seinem vater/ und
zu seiner Mutter spricht/ ich sehe ihn
nit/ und zu seinem bruder/ ich kenne ihn
nit/ und zu seinem sohn/ ich weiß nit/
die halten deine Rechte/ und bewah-
ren deinen bund.
Das ist/ die jenige alle
lieben GOtt recht/ und also bewahren sie
den bund GOttes/ welche sich die natürli-
che liebe der ihrigen von nichts lassen abhal-

ten/

ckung und auch deroſelben zeugniß: und
zwar/ ſo viel ünfehlbarer/ als empfindlicher
der ſchmertze iſt/ den die ſeele über das boͤſe/
ſo ſie ſehen muß/ fühlet/ und ſo viel ſtaͤrcker
der haß dagegen ſich offenbaret: ſonderlich
wo ſolche bewegungen ſich finden/ gegen die
jenige und dero boͤſes welche man ſonſten
und auſſer ſolcher abſicht nicht nur allein
nicht haſſet/ ſondern ſie gar liebet/ und dero
freundſchafft werth gehalten hat. Denn
damit zeiget ſich/ daß die liebe zu Gott ſtaͤr-
cker ſeye als die andere/ wo dieſe bey uns
nicht hindert/ daß nicht der eiffer/ ſo aus je-
ner entſpringet/ ſich gegen alles hervor thue/
was uns auſſer dem ſo angenehm waͤre als
unſer augapffel iſt. Es gehoͤret in gewiſſem
verſtand allen liebhabern GOttes zu/ was
Moſes in ſeinem letzten ſegen zu Levi ſpꝛach:
5. Moſ. 33/ 9. Wer zu ſeinem vater/ und
zu ſeiner Mutter ſpricht/ ich ſehe ihn
nit/ und zu ſeinem bruder/ ich keñe ihn
nit/ und zu ſeinem ſohn/ ich weiß nit/
die halten deine Rechte/ und bewah-
ren deinen bund.
Das iſt/ die jenige alle
lieben GOtt recht/ und alſo bewahren ſie
den bund GOttes/ welche ſich die natürli-
che liebe der ihrigen von nichts laſſen abhal-

ten/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0150" n="88"/>
ckung und auch dero&#x017F;elben zeugniß: und<lb/>
zwar/ &#x017F;o viel ünfehlbarer/ als empfindlicher<lb/>
der &#x017F;chmertze i&#x017F;t/ den die &#x017F;eele über das bo&#x0364;&#x017F;e/<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ie &#x017F;ehen muß/ fühlet/ und &#x017F;o viel &#x017F;ta&#x0364;rcker<lb/>
der haß dagegen &#x017F;ich offenbaret: &#x017F;onderlich<lb/>
wo &#x017F;olche bewegungen &#x017F;ich finden/ gegen die<lb/>
jenige und dero bo&#x0364;&#x017F;es welche man &#x017F;on&#x017F;ten<lb/>
und au&#x017F;&#x017F;er &#x017F;olcher ab&#x017F;icht nicht nur allein<lb/>
nicht ha&#x017F;&#x017F;et/ &#x017F;ondern &#x017F;ie gar liebet/ und dero<lb/>
freund&#x017F;chafft werth gehalten hat. Denn<lb/>
damit zeiget &#x017F;ich/ daß die liebe zu Gott &#x017F;ta&#x0364;r-<lb/>
cker &#x017F;eye als die andere/ wo die&#x017F;e bey uns<lb/>
nicht hindert/ daß nicht der eiffer/ &#x017F;o aus je-<lb/>
ner ent&#x017F;pringet/ &#x017F;ich gegen alles hervor thue/<lb/>
was uns au&#x017F;&#x017F;er dem &#x017F;o angenehm wa&#x0364;re als<lb/>
un&#x017F;er augapffel i&#x017F;t. Es geho&#x0364;ret in gewi&#x017F;&#x017F;em<lb/>
ver&#x017F;tand allen liebhabern GOttes zu/ was<lb/>
Mo&#x017F;es in &#x017F;einem letzten &#x017F;egen zu Levi &#x017F;p&#xA75B;ach:<lb/>
5. Mo&#x017F;. 33/ 9. <hi rendition="#fr">Wer zu &#x017F;einem vater/ und<lb/>
zu &#x017F;einer Mutter &#x017F;pricht/ ich &#x017F;ehe ihn<lb/>
nit/ und zu &#x017F;einem bruder/ ich keñe ihn<lb/>
nit/ und zu &#x017F;einem &#x017F;ohn/ ich weiß nit/<lb/>
die halten deine Rechte/ und bewah-<lb/>
ren deinen bund.</hi> Das i&#x017F;t/ die jenige alle<lb/>
lieben GOtt recht/ und al&#x017F;o bewahren &#x017F;ie<lb/>
den bund GOttes/ welche &#x017F;ich die natürli-<lb/>
che liebe der ihrigen von nichts la&#x017F;&#x017F;en abhal-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ten/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0150] ckung und auch deroſelben zeugniß: und zwar/ ſo viel ünfehlbarer/ als empfindlicher der ſchmertze iſt/ den die ſeele über das boͤſe/ ſo ſie ſehen muß/ fühlet/ und ſo viel ſtaͤrcker der haß dagegen ſich offenbaret: ſonderlich wo ſolche bewegungen ſich finden/ gegen die jenige und dero boͤſes welche man ſonſten und auſſer ſolcher abſicht nicht nur allein nicht haſſet/ ſondern ſie gar liebet/ und dero freundſchafft werth gehalten hat. Denn damit zeiget ſich/ daß die liebe zu Gott ſtaͤr- cker ſeye als die andere/ wo dieſe bey uns nicht hindert/ daß nicht der eiffer/ ſo aus je- ner entſpringet/ ſich gegen alles hervor thue/ was uns auſſer dem ſo angenehm waͤre als unſer augapffel iſt. Es gehoͤret in gewiſſem verſtand allen liebhabern GOttes zu/ was Moſes in ſeinem letzten ſegen zu Levi ſpꝛach: 5. Moſ. 33/ 9. Wer zu ſeinem vater/ und zu ſeiner Mutter ſpricht/ ich ſehe ihn nit/ und zu ſeinem bruder/ ich keñe ihn nit/ und zu ſeinem ſohn/ ich weiß nit/ die halten deine Rechte/ und bewah- ren deinen bund. Das iſt/ die jenige alle lieben GOtt recht/ und alſo bewahren ſie den bund GOttes/ welche ſich die natürli- che liebe der ihrigen von nichts laſſen abhal- ten/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/150
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/150>, abgerufen am 18.05.2024.