solcher natur oder neuen menschen vereiniget. Dieses sind die dinge, die mir in dem lesen vorgekommen sind, und ich mich von demselben versehe, daß ihm nicht unan- genehm seyn werde, von solchen dingen etwa wie einiges von andern ungleich ge- nommen werden könte, nachricht zu haben, so vielmehr die wir zu solcher zeit leben, da ohne das um einer einigen formul willen, die wolgemeint aber nicht vorsichtig gnug gesetzt ist, offt das beste verworffen zu werden pflegt, und wir also desto sorg- fältiger auf uns in allen acht zu geben angetrieben werden. Der HErr gebe uns in allem den geist der weißheit und seiner krafft zu seinem preiß.
11. Jul. 1690.
SECTIO LIX. An die zum papstthum abgetretene witwe [sect. 43. 51.] als sie aus menschlichen absichten dem trieb des gewissens nicht so bald gehorsamte.
EJn andre bewandnüß hat es mit ihr, als einer person, welche die wahrheit selbs erkennen kan, diese erkäntnüß aber sie verbindet, derselben freye be- kantnüß auch angelegenlicher zu suchen. Dann wo sie jemand daran hin- dern wolte, hat sie macht, durch alle hindernüssen die man ihrem vorhaben machen wolte, durchzubrechen/ das ist, ihre bisherige dienste mit demuth aufzugeben, und alsdenn auf christliche weise, und so daß ihr niemand etwas unziemliches deswegen nachreden könne, ihren abschied zu nehmen: da ich sie in GOttes namen versichere, daß sie von seiner vater-treue sich alles, was zu diesem und jenem leben nöthig seyn wird, versehen dörffte. Der HErr regiere sie mit seinem geist.
14. Jul. 1690.
SECTIO LX. Freude über neue kundwerdung eines rechtschaffe- nen christen: dessen maaß der erfahrung das meinige über- treffen muß. Liebe zu GOTTes wort/ und vorzug vor allen andern büchern. Das christenthum gehet weiter als das moral-leben. Leiden um der gottseligkeit willen unver- meidlich. Erkantnüß des verderbten zustandes. Haupt- wahrheiten die von vielen versäumet werden. Die leben-
dig
Das ſiebende Capitel.
ſolcher natur oder neuen menſchen vereiniget. Dieſes ſind die dinge, die mir in dem leſen vorgekommen ſind, und ich mich von demſelben verſehe, daß ihm nicht unan- genehm ſeyn werde, von ſolchen dingen etwa wie einiges von andern ungleich ge- nommen werden koͤnte, nachricht zu haben, ſo vielmehr die wir zu ſolcher zeit leben, da ohne das um einer einigen formul willen, die wolgemeint aber nicht vorſichtig gnug geſetzt iſt, offt das beſte verworffen zu werden pflegt, und wir alſo deſto ſorg- faͤltiger auf uns in allen acht zu geben angetrieben werden. Der HErr gebe uns in allem den geiſt der weißheit und ſeiner krafft zu ſeinem preiß.
11. Jul. 1690.
SECTIO LIX. An die zum papſtthum abgetretene witwe [ſect. 43. 51.] als ſie aus menſchlichen abſichten dem trieb des gewiſſens nicht ſo bald gehorſamte.
EJn andre bewandnuͤß hat es mit ihr, als einer perſon, welche die wahrheit ſelbs erkennen kan, dieſe erkaͤntnuͤß aber ſie verbindet, derſelben freye be- kantnuͤß auch angelegenlicher zu ſuchen. Dann wo ſie jemand daran hin- dern wolte, hat ſie macht, durch alle hindernuͤſſen die man ihrem vorhaben machen wolte, durchzubrechen/ das iſt, ihre bisherige dienſte mit demuth aufzugeben, und alsdenn auf chriſtliche weiſe, und ſo daß ihr niemand etwas unziemliches deswegen nachreden koͤnne, ihren abſchied zu nehmen: da ich ſie in GOttes namen verſichere, daß ſie von ſeiner vater-treue ſich alles, was zu dieſem und jenem leben noͤthig ſeyn wird, verſehen doͤrffte. Der HErr regiere ſie mit ſeinem geiſt.
14. Jul. 1690.
SECTIO LX. Freude uͤber neue kundwerdung eines rechtſchaffe- nen chriſten: deſſen maaß der erfahrung das meinige uͤber- treffen muß. Liebe zu GOTTes wort/ und vorzug vor allen andern buͤchern. Das chriſtenthum gehet weiter als das moral-leben. Leiden um der gottſeligkeit willen unver- meidlich. Erkantnuͤß des verderbten zuſtandes. Haupt- wahrheiten die von vielen verſaͤumet werden. Die leben-
dig
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0686"n="674"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das ſiebende Capitel.</hi></fw><lb/>ſolcher natur oder neuen menſchen vereiniget. Dieſes ſind die dinge, die mir in dem<lb/>
leſen vorgekommen ſind, und ich mich von demſelben verſehe, daß ihm nicht unan-<lb/>
genehm ſeyn werde, von ſolchen dingen etwa wie einiges von andern ungleich ge-<lb/>
nommen werden koͤnte, nachricht zu haben, ſo vielmehr die wir zu ſolcher zeit leben,<lb/>
da ohne das um einer einigen <hirendition="#aq">formul</hi> willen, die wolgemeint aber nicht vorſichtig<lb/>
gnug geſetzt iſt, offt das beſte verworffen zu werden pflegt, und wir alſo deſto ſorg-<lb/>
faͤltiger auf uns in allen acht zu geben angetrieben werden. Der HErr gebe uns<lb/>
in allem den geiſt der weißheit und ſeiner krafft zu ſeinem preiß.</p><dateline>11. Jul. 1690.</dateline></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">SECTIO LIX</hi>.</hi><lb/>
An die zum papſtthum abgetretene witwe <hirendition="#aq">[ſect.<lb/>
43. 51.]</hi> als ſie aus menſchlichen abſichten dem trieb<lb/>
des gewiſſens nicht ſo bald gehorſamte.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>Jn andre bewandnuͤß hat es mit ihr, als einer perſon, welche die wahrheit<lb/>ſelbs erkennen kan, dieſe erkaͤntnuͤß aber ſie verbindet, derſelben freye be-<lb/>
kantnuͤß auch angelegenlicher zu ſuchen. Dann wo ſie jemand daran hin-<lb/>
dern wolte, hat ſie macht, durch alle hindernuͤſſen die man ihrem vorhaben machen<lb/>
wolte, durchzubrechen/ das iſt, ihre bisherige dienſte mit demuth aufzugeben, und<lb/>
alsdenn auf chriſtliche weiſe, und ſo daß ihr niemand etwas unziemliches deswegen<lb/>
nachreden koͤnne, ihren abſchied zu nehmen: da ich ſie in GOttes namen verſichere,<lb/>
daß ſie von ſeiner vater-treue ſich alles, was zu dieſem und jenem leben noͤthig ſeyn<lb/>
wird, verſehen doͤrffte. Der HErr regiere ſie mit ſeinem geiſt.</p><dateline>14. Jul. 1690.</dateline></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">SECTIO LX</hi>.</hi><lb/>
Freude uͤber neue kundwerdung eines rechtſchaffe-<lb/>
nen chriſten: deſſen maaß der erfahrung das meinige uͤber-<lb/>
treffen muß. Liebe zu GOTTes wort/ und vorzug vor<lb/>
allen andern buͤchern. Das chriſtenthum gehet weiter als<lb/>
das <hirendition="#aq">moral-</hi>leben. Leiden um der gottſeligkeit willen unver-<lb/>
meidlich. Erkantnuͤß des verderbten zuſtandes. Haupt-<lb/>
wahrheiten die von vielen verſaͤumet werden. Die leben-<lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">dig</hi></fw><lb/></hi></head></div></div></div></body></text></TEI>
[674/0686]
Das ſiebende Capitel.
ſolcher natur oder neuen menſchen vereiniget. Dieſes ſind die dinge, die mir in dem
leſen vorgekommen ſind, und ich mich von demſelben verſehe, daß ihm nicht unan-
genehm ſeyn werde, von ſolchen dingen etwa wie einiges von andern ungleich ge-
nommen werden koͤnte, nachricht zu haben, ſo vielmehr die wir zu ſolcher zeit leben,
da ohne das um einer einigen formul willen, die wolgemeint aber nicht vorſichtig
gnug geſetzt iſt, offt das beſte verworffen zu werden pflegt, und wir alſo deſto ſorg-
faͤltiger auf uns in allen acht zu geben angetrieben werden. Der HErr gebe uns
in allem den geiſt der weißheit und ſeiner krafft zu ſeinem preiß.
11. Jul. 1690.
SECTIO LIX.
An die zum papſtthum abgetretene witwe [ſect.
43. 51.] als ſie aus menſchlichen abſichten dem trieb
des gewiſſens nicht ſo bald gehorſamte.
EJn andre bewandnuͤß hat es mit ihr, als einer perſon, welche die wahrheit
ſelbs erkennen kan, dieſe erkaͤntnuͤß aber ſie verbindet, derſelben freye be-
kantnuͤß auch angelegenlicher zu ſuchen. Dann wo ſie jemand daran hin-
dern wolte, hat ſie macht, durch alle hindernuͤſſen die man ihrem vorhaben machen
wolte, durchzubrechen/ das iſt, ihre bisherige dienſte mit demuth aufzugeben, und
alsdenn auf chriſtliche weiſe, und ſo daß ihr niemand etwas unziemliches deswegen
nachreden koͤnne, ihren abſchied zu nehmen: da ich ſie in GOttes namen verſichere,
daß ſie von ſeiner vater-treue ſich alles, was zu dieſem und jenem leben noͤthig ſeyn
wird, verſehen doͤrffte. Der HErr regiere ſie mit ſeinem geiſt.
14. Jul. 1690.
SECTIO LX.
Freude uͤber neue kundwerdung eines rechtſchaffe-
nen chriſten: deſſen maaß der erfahrung das meinige uͤber-
treffen muß. Liebe zu GOTTes wort/ und vorzug vor
allen andern buͤchern. Das chriſtenthum gehet weiter als
das moral-leben. Leiden um der gottſeligkeit willen unver-
meidlich. Erkantnuͤß des verderbten zuſtandes. Haupt-
wahrheiten die von vielen verſaͤumet werden. Die leben-
dig
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 674. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/686>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.