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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. V. SECT. XXVII.
zufall mit dem kleinen kinde (so ich gar hertzlich wünsche von GOtt wieder ge-
schencket zu seyn) also an/ daß er eine anlaß auch aus GOttes fügnüß seyn mag/
die sache ferner zu untersuchen/ und mit der jugend als mit jugend umgehen zu
lernen.

Jch komme auf das 4. wegen eines besondern collegii der frommen/ wel-
che zuweilen zusammen kommen/ und sich von andern/ die noch von der welt ab-
zuziehen wären/ mit einander bereden: und wie dieselbe zu gewinnen/ berath-
schlagen möchten. Nun billige ich freylich dieses/ daß jeglicher/ wo er weiß ei-
ne seele zu gewinnen/ solches gern thun/ und fleiß ankehren solle. Jch wolte auch
rathen/ daß sie oder jeglicher vielmehr absonderlich mit geliebtem Bruder alle-
mal von jeder person redete/ und wie es anzugreiffen/ seines raths pflegte. A-
ber eine ausdrückliche zusammenkunfft/ da niemand anders der zutritt mit ver-
gönnet würde/ ihres orts deßwegen anzustellen/ finde ich nicht rathsam, nicht
um der verfolgung willen selbs/ sondern weil ich das daraus folgende böse grös-
ser finde/ als den daher hoffenden nutzen. Soll also zuweilen geschehen/ nicht
was aus den augen gesetzt aller umstände gut oder das beste/ sondern was bey
dieser bewandnüß/ person/ ort und zeit das nützlichste. Vor allen dingen müs-
sen diejenige/ welche andere zu gewinnen ihnen angelegen seyn/ und sich durch
den beruff der liebe darzu treiben lassen/ sich wol vorsehen/ und geliebter Bruder
ihnen aufs beweglichste zusprechen/ daß sie der reinigkeit der lehr wegen sich vor
allen dingen unverdächtig darstellen/ und hüten nicht dem lästerer in das maul
aus eigner schuld oder unvorsichtigkeit zu fallen/ damit sie sonsten alles verder-
ben/ und solche schuld vor GOTT alsdenn auf sich laden würden. Nun der
HErr HErr/ so die weißheit selbs ist/ wolle werthen Bruder/ den ich weiß/ daß
ers aufrichtig meinet/ und alle übrige freunde/ mit derjenigen weißheit ausrü-
sten/ die ihnen nöthig ist/ seinen willen zu thun/ ihn aber auch mit trost aufrich-
ten/ daß er bedencke/ in was vor zeit uns der HErr gesetzet habe/ solches wol
wisse/ und mit unsrer unwissenheit und schwachheit gedult trage, und er damit
sein geängstetes hertz zu frieden gebe. Er erscheine aber endlich selbs mit sei-
ner hülffe/ und erlöse seine kirche und dienere aus diesem elend/ indeme das e-
lendeste ist/ daß wir offt wegen der allgemeinen verwirrung kaum was zu thun
seye sehen/ damit sie wiederum mit wenigen zweifel und hingegen freudigern
gemüth ihm dienen können: welches er noch zu seiner zeit thun/ uns aber die
gnade/ mit gedult solches zu erharren/ verleihen wolle und wird. Amen.

SECT.
g g g g 3

ARTIC. V. SECT. XXVII.
zufall mit dem kleinen kinde (ſo ich gar hertzlich wuͤnſche von GOtt wieder ge-
ſchencket zu ſeyn) alſo an/ daß er eine anlaß auch aus GOttes fuͤgnuͤß ſeyn mag/
die ſache ferner zu unterſuchen/ und mit der jugend als mit jugend umgehen zu
lernen.

Jch komme auf das 4. wegen eines beſondern collegii der frommen/ wel-
che zuweilen zuſammen kommen/ und ſich von andern/ die noch von der welt ab-
zuziehen waͤren/ mit einander bereden: und wie dieſelbe zu gewinnen/ berath-
ſchlagen moͤchten. Nun billige ich freylich dieſes/ daß jeglicher/ wo er weiß ei-
ne ſeele zu gewinnen/ ſolches gern thun/ und fleiß ankehren ſolle. Jch wolte auch
rathen/ daß ſie oder jeglicher vielmehr abſonderlich mit geliebtem Bruder alle-
mal von jeder perſon redete/ und wie es anzugreiffen/ ſeines raths pflegte. A-
ber eine ausdruͤckliche zuſammenkunfft/ da niemand anders der zutritt mit ver-
goͤnnet wuͤrde/ ihres orts deßwegen anzuſtellen/ finde ich nicht rathſam, nicht
um der verfolgung willen ſelbs/ ſondern weil ich das daraus folgende boͤſe groͤſ-
ſer finde/ als den daher hoffenden nutzen. Soll alſo zuweilen geſchehen/ nicht
was aus den augen geſetzt aller umſtaͤnde gut oder das beſte/ ſondern was bey
dieſer bewandnuͤß/ perſon/ ort und zeit das nuͤtzlichſte. Vor allen dingen muͤſ-
ſen diejenige/ welche andere zu gewinnen ihnen angelegen ſeyn/ und ſich durch
den beruff der liebe darzu treiben laſſen/ ſich wol vorſehen/ und geliebter Bruder
ihnen aufs beweglichſte zuſprechen/ daß ſie der reinigkeit der lehr wegen ſich vor
allen dingen unverdaͤchtig darſtellen/ und huͤten nicht dem laͤſterer in das maul
aus eigner ſchuld oder unvorſichtigkeit zu fallen/ damit ſie ſonſten alles verder-
ben/ und ſolche ſchuld vor GOTT alsdenn auf ſich laden wuͤrden. Nun der
HErr HErr/ ſo die weißheit ſelbs iſt/ wolle werthen Bruder/ den ich weiß/ daß
ers aufrichtig meinet/ und alle uͤbrige freunde/ mit derjenigen weißheit ausruͤ-
ſten/ die ihnen noͤthig iſt/ ſeinen willen zu thun/ ihn aber auch mit troſt aufrich-
ten/ daß er bedencke/ in was vor zeit uns der HErr geſetzet habe/ ſolches wol
wiſſe/ und mit unſrer unwiſſenheit und ſchwachheit gedult trage, und er damit
ſein geaͤngſtetes hertz zu frieden gebe. Er erſcheine aber endlich ſelbs mit ſei-
ner huͤlffe/ und erloͤſe ſeine kirche und dienere aus dieſem elend/ indeme das e-
lendeſte iſt/ daß wir offt wegen der allgemeinen verwirrung kaum was zu thun
ſeye ſehen/ damit ſie wiederum mit wenigen zweifel und hingegen freudigern
gemuͤth ihm dienen koͤnnen: welches er noch zu ſeiner zeit thun/ uns aber die
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SECT.
g g g g 3
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[605/0617] ARTIC. V. SECT. XXVII. zufall mit dem kleinen kinde (ſo ich gar hertzlich wuͤnſche von GOtt wieder ge- ſchencket zu ſeyn) alſo an/ daß er eine anlaß auch aus GOttes fuͤgnuͤß ſeyn mag/ die ſache ferner zu unterſuchen/ und mit der jugend als mit jugend umgehen zu lernen. Jch komme auf das 4. wegen eines beſondern collegii der frommen/ wel- che zuweilen zuſammen kommen/ und ſich von andern/ die noch von der welt ab- zuziehen waͤren/ mit einander bereden: und wie dieſelbe zu gewinnen/ berath- ſchlagen moͤchten. Nun billige ich freylich dieſes/ daß jeglicher/ wo er weiß ei- ne ſeele zu gewinnen/ ſolches gern thun/ und fleiß ankehren ſolle. Jch wolte auch rathen/ daß ſie oder jeglicher vielmehr abſonderlich mit geliebtem Bruder alle- mal von jeder perſon redete/ und wie es anzugreiffen/ ſeines raths pflegte. A- ber eine ausdruͤckliche zuſammenkunfft/ da niemand anders der zutritt mit ver- goͤnnet wuͤrde/ ihres orts deßwegen anzuſtellen/ finde ich nicht rathſam, nicht um der verfolgung willen ſelbs/ ſondern weil ich das daraus folgende boͤſe groͤſ- ſer finde/ als den daher hoffenden nutzen. Soll alſo zuweilen geſchehen/ nicht was aus den augen geſetzt aller umſtaͤnde gut oder das beſte/ ſondern was bey dieſer bewandnuͤß/ perſon/ ort und zeit das nuͤtzlichſte. Vor allen dingen muͤſ- ſen diejenige/ welche andere zu gewinnen ihnen angelegen ſeyn/ und ſich durch den beruff der liebe darzu treiben laſſen/ ſich wol vorſehen/ und geliebter Bruder ihnen aufs beweglichſte zuſprechen/ daß ſie der reinigkeit der lehr wegen ſich vor allen dingen unverdaͤchtig darſtellen/ und huͤten nicht dem laͤſterer in das maul aus eigner ſchuld oder unvorſichtigkeit zu fallen/ damit ſie ſonſten alles verder- ben/ und ſolche ſchuld vor GOTT alsdenn auf ſich laden wuͤrden. Nun der HErr HErr/ ſo die weißheit ſelbs iſt/ wolle werthen Bruder/ den ich weiß/ daß ers aufrichtig meinet/ und alle uͤbrige freunde/ mit derjenigen weißheit ausruͤ- ſten/ die ihnen noͤthig iſt/ ſeinen willen zu thun/ ihn aber auch mit troſt aufrich- ten/ daß er bedencke/ in was vor zeit uns der HErr geſetzet habe/ ſolches wol wiſſe/ und mit unſrer unwiſſenheit und ſchwachheit gedult trage, und er damit ſein geaͤngſtetes hertz zu frieden gebe. Er erſcheine aber endlich ſelbs mit ſei- ner huͤlffe/ und erloͤſe ſeine kirche und dienere aus dieſem elend/ indeme das e- lendeſte iſt/ daß wir offt wegen der allgemeinen verwirrung kaum was zu thun ſeye ſehen/ damit ſie wiederum mit wenigen zweifel und hingegen freudigern gemuͤth ihm dienen koͤnnen: welches er noch zu ſeiner zeit thun/ uns aber die gnade/ mit gedult ſolches zu erharren/ verleihen wolle und wird. Amen. 22. Nov. 1688. SECT. g g g g 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 605. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/617>, abgerufen am 22.11.2024.