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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. IV. SECTIO XXXIX.
so viel unter denselben es mit der kirche GOttes treulich meynen/ sich nicht wer-
den lassen entgegen seyn/ aus solchem seminario leute vorzuschlagen/ sonderlich/
wo ihnen gezeiget wird/ wie sie gleichwol ihr jus ohngekränckt dabey behalten/
und sich kein praejudicium damit zuziehen würden/ so vielmehr/ wo fern etwa
(welches ob es geschehen könne oder nicht/ ich/ als der sache unkündig/ nicht sa-
gen kan) sie dabey zu locken ihnen einiges mit gegönnet werden könte/ einigen oder
einige in solches seminarium mit zu bringen. Es ist in dem Elsaß das exem[pel]
daß die meiste ritterschafft des untern Elsaßes/ so unserer religion ist [unleserliches Material - 2 Zeichen fehlen] und die
stadt Straßburg weder in geistlichen noch weltlichen ihnen ni[chts] vorzuschreiben
hat/ dennoch fast bey einem seculo oder länger (bloß aus gutem vertrauen gegen
dasselbe/ und weil sie hofften von demselben bessere subjecta zu bekommen/ als sie
selbst finden könten) sich an der kirchen convent zu Straßburg gehalten/ und sich
von derselben die pfarrherren auf ihre dörffer aus ihrem seminario nicht anders/
als in den stadt-dörffern zu geschehen pfleget/ aufstellen haben lassen. Ob wol nicht
zu leugnen/ daß von einiger zeit unterschiedliche derselben sich wieder (weiß nicht/ ob
aus sorge des praejudicii, oder warum) von solchem conventu entzogen.

Bey §. 7. wirds nachmal so gar schwer nicht fallen/ die anordnung zu ma-
chen/ wie es mit den exercitiis doctrinae pictatis in officio zu halten seye/ wann
man die ursachen erweget/ warum es angestellet wird/ wo alsdann nachmal
finis mensurat media.

Am §. 8. wird das meiste liegen: dann nach dem der inspector ist/ nach
dem wird auch der successus zu erwarten seyn. Jst ein prudens manudu-
ctor,
so können auch leges, mediocriter prudentes, herrlichen nutzen schaffen;
mangelts an jenem/ so ist nicht viel auszurichten/ ob auch die klügsten der gan-
tzen welt ihre geschicklichkeit und erfahrung in die verfassung einiger legum zu
sammen trügen. Wie es denn aus dieser ursach mit den meisten herrlichsten ver
fassungen also gegangen/ daß etwa nicht nur anfangs sehr weislich die sache überle
get u. ordnungen gemachet worden/ darauf eine sache in guten schwang gekommen.
und geblieben/ so lange die moderatores dem werck gewachsen gewesen; hats aber
an denen angefangen zu mangeln/ so ist die sache bald gefallen/ oder doch/ da das
eusserliche geblieben/ der nutzen aufs wenigste unterblieben/ ja wol gar off-
ters schwere mißbräuche entstanden: wie etwa das closter-leben dessen ein zeug-
nüß seyn kan. Wird also auch dieses alsdann ein so viel mehrer antrieb seyn/
gleichwie GOTT jetzo einen bewehrten mann beschehret/ fort und fort dar-
nach zu trachten/ daß bey der hoffprediger-stelle allezeit dergleichen männer ge-
funden werden mögen/ die zu solchen verrichtungen samentlich tüchtig. Jn die-
sem stück haben die oben angedeutete vaga seminaria, da man bald bey die-
sen/ bald bey jenen gewisse personen unterhielt/ etwas einen vorzug vor denen
statis. Dieweil man in jenem fall nicht eher jemanden solche leute zuordnete/

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ARTIC. IV. SECTIO XXXIX.
ſo viel unter denſelben es mit der kirche GOttes treulich meynen/ ſich nicht wer-
den laſſen entgegen ſeyn/ aus ſolchem ſeminario leute vorzuſchlagen/ ſonderlich/
wo ihnen gezeiget wird/ wie ſie gleichwol ihr jus ohngekraͤnckt dabey behalten/
und ſich kein præjudicium damit zuziehen wuͤrden/ ſo vielmehr/ wo fern etwa
(welches ob es geſchehen koͤnne oder nicht/ ich/ als der ſache unkuͤndig/ nicht ſa-
gen kan) ſie dabey zu locken ihnen einiges mit gegoͤnnet werden koͤnte/ einigen oder
einige in ſolches ſeminarium mit zu bringen. Es iſt in dem Elſaß das exem[pel]
daß die meiſte ritterſchafft des untern Elſaßes/ ſo unſerer religion iſt [unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen] und die
ſtadt Straßburg weder in geiſtlichen noch weltlichen ihnen ni[chtſ] vorzuſchreiben
hat/ dennoch faſt bey einem ſeculo oder laͤnger (bloß aus gutem vertrauen gegen
daſſelbe/ und weil ſie hofften von demſelben beſſere ſubjecta zu bekommen/ als ſie
ſelbſt finden koͤnten) ſich an der kirchen convent zu Straßburg gehalten/ und ſich
von derſelben die pfarrherren auf ihre doͤrffer aus ihrem ſeminario nicht anders/
als in den ſtadt-doͤrffern zu geſchehen pfleget/ aufſtellen haben laſſen. Ob wol nicht
zu leugnen/ daß von einiger zeit unterſchiedliche derſelben ſich wieder (weiß nicht/ ob
aus ſorge des præjudicii, oder warum) von ſolchem conventu entzogen.

Bey §. 7. wirds nachmal ſo gar ſchwer nicht fallen/ die anordnung zu ma-
chen/ wie es mit den exercitiis doctrinæ pictatis in officio zu halten ſeye/ wann
man die urſachen erweget/ warum es angeſtellet wird/ wo alsdann nachmal
finis menſurat media.

Am §. 8. wird das meiſte liegen: dann nach dem der inſpector iſt/ nach
dem wird auch der ſucceſſus zu erwarten ſeyn. Jſt ein prudens manudu-
ctor,
ſo koͤnnen auch leges, mediocriter prudentes, herrlichen nutzen ſchaffen;
mangelts an jenem/ ſo iſt nicht viel auszurichten/ ob auch die kluͤgſten der gan-
tzen welt ihre geſchicklichkeit und erfahrung in die verfaſſung einiger legum zu
ſammen truͤgen. Wie es denn aus dieſer urſach mit den meiſten herrlichſten ver
faſſungen alſo gegangen/ daß etwa nicht nur anfangs ſehr weislich die ſache uͤberle
get u. ordnungen gemachet worden/ darauf eine ſache in guten ſchwang gekommen.
und geblieben/ ſo lange die moderatores dem werck gewachſen geweſen; hats aber
an denen angefangen zu mangeln/ ſo iſt die ſache bald gefallen/ oder doch/ da daſ
euſſerliche geblieben/ der nutzen aufs wenigſte unterblieben/ ja wol gar off-
ters ſchwere mißbraͤuche entſtanden: wie etwa das cloſter-leben deſſen ein zeug-
nuͤß ſeyn kan. Wird alſo auch dieſes alsdann ein ſo viel mehrer antrieb ſeyn/
gleichwie GOTT jetzo einen bewehrten mann beſchehret/ fort und fort dar-
nach zu trachten/ daß bey der hoffprediger-ſtelle allezeit dergleichen maͤnner ge-
funden werden moͤgen/ die zu ſolchen verrichtungen ſamentlich tuͤchtig. Jn die-
ſem ſtuͤck haben die oben angedeutete vaga ſeminaria, da man bald bey die-
ſen/ bald bey jenen gewiſſe perſonen unterhielt/ etwas einen vorzug vor denen
ſtatis. Dieweil man in jenem fall nicht eher jemanden ſolche leute zuordnete/

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[533/0545] ARTIC. IV. SECTIO XXXIX. ſo viel unter denſelben es mit der kirche GOttes treulich meynen/ ſich nicht wer- den laſſen entgegen ſeyn/ aus ſolchem ſeminario leute vorzuſchlagen/ ſonderlich/ wo ihnen gezeiget wird/ wie ſie gleichwol ihr jus ohngekraͤnckt dabey behalten/ und ſich kein præjudicium damit zuziehen wuͤrden/ ſo vielmehr/ wo fern etwa (welches ob es geſchehen koͤnne oder nicht/ ich/ als der ſache unkuͤndig/ nicht ſa- gen kan) ſie dabey zu locken ihnen einiges mit gegoͤnnet werden koͤnte/ einigen oder einige in ſolches ſeminarium mit zu bringen. Es iſt in dem Elſaß das exempel daß die meiſte ritterſchafft des untern Elſaßes/ ſo unſerer religion iſt __ und die ſtadt Straßburg weder in geiſtlichen noch weltlichen ihnen nichtſ vorzuſchreiben hat/ dennoch faſt bey einem ſeculo oder laͤnger (bloß aus gutem vertrauen gegen daſſelbe/ und weil ſie hofften von demſelben beſſere ſubjecta zu bekommen/ als ſie ſelbſt finden koͤnten) ſich an der kirchen convent zu Straßburg gehalten/ und ſich von derſelben die pfarrherren auf ihre doͤrffer aus ihrem ſeminario nicht anders/ als in den ſtadt-doͤrffern zu geſchehen pfleget/ aufſtellen haben laſſen. Ob wol nicht zu leugnen/ daß von einiger zeit unterſchiedliche derſelben ſich wieder (weiß nicht/ ob aus ſorge des præjudicii, oder warum) von ſolchem conventu entzogen. Bey §. 7. wirds nachmal ſo gar ſchwer nicht fallen/ die anordnung zu ma- chen/ wie es mit den exercitiis doctrinæ pictatis in officio zu halten ſeye/ wann man die urſachen erweget/ warum es angeſtellet wird/ wo alsdann nachmal finis menſurat media. Am §. 8. wird das meiſte liegen: dann nach dem der inſpector iſt/ nach dem wird auch der ſucceſſus zu erwarten ſeyn. Jſt ein prudens manudu- ctor, ſo koͤnnen auch leges, mediocriter prudentes, herrlichen nutzen ſchaffen; mangelts an jenem/ ſo iſt nicht viel auszurichten/ ob auch die kluͤgſten der gan- tzen welt ihre geſchicklichkeit und erfahrung in die verfaſſung einiger legum zu ſammen truͤgen. Wie es denn aus dieſer urſach mit den meiſten herrlichſten ver faſſungen alſo gegangen/ daß etwa nicht nur anfangs ſehr weislich die ſache uͤberle get u. ordnungen gemachet worden/ darauf eine ſache in guten ſchwang gekommen. und geblieben/ ſo lange die moderatores dem werck gewachſen geweſen; hats aber an denen angefangen zu mangeln/ ſo iſt die ſache bald gefallen/ oder doch/ da daſ euſſerliche geblieben/ der nutzen aufs wenigſte unterblieben/ ja wol gar off- ters ſchwere mißbraͤuche entſtanden: wie etwa das cloſter-leben deſſen ein zeug- nuͤß ſeyn kan. Wird alſo auch dieſes alsdann ein ſo viel mehrer antrieb ſeyn/ gleichwie GOTT jetzo einen bewehrten mann beſchehret/ fort und fort dar- nach zu trachten/ daß bey der hoffprediger-ſtelle allezeit dergleichen maͤnner ge- funden werden moͤgen/ die zu ſolchen verrichtungen ſamentlich tuͤchtig. Jn die- ſem ſtuͤck haben die oben angedeutete vaga ſeminaria, da man bald bey die- ſen/ bald bey jenen gewiſſe perſonen unterhielt/ etwas einen vorzug vor denen ſtatis. Dieweil man in jenem fall nicht eher jemanden ſolche leute zuordnete/ er x x x 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/545>, abgerufen am 22.11.2024.