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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC IV. SECTIO VI.
hertz von jener reinigte/ so ists je ein heilsamer rath unsers Gottes/ der uns solches eus-
serliche hülffsmittel des leidens schicket/ daß wir den dadurch geschwächten feind in
uns so viel glücklicher mögen überwinden: niemand mehrers unsers dienstes/ sich
demselben gantz zu geben/ würdig achten/ als der welcher mit aller gnade und treue e-
wig lohnet/ keine ehre aestimiren/ als diejenige/ welche ewig bleibet/ und keine güter
verlangen oder schätzen/ als die über alle des glücks u. unglücks gewalt erhoben sind.
Wahrhafftig ein solcher nutzen/ der wohl werth ist/ etwas deswegen zu leiden! u. ha-
ben wir gewiß zu glauben/ daß also alle solche verhängnüß recht ein zug und strick des
himmlischen Vaters seye/ der uns von den creaturen zu und in sich ziehen will. Wohl
uns/ wo wir uns ziehen lassen/ und in solcher schule unsere lection recht wie sichs ge-
ziehmet lernen/ unsere seele zu der blossen ruhe in Gott zu gewehnen/ u. hingegen von
aller anhängigkeit des ir dischen zu reinigen! Gewißlich da wir in solcher probe auf
göttlichen finger recht acht geben/ wohin er uns weise/ und in solcher zeit die schrifften
mit application auf uns/ aber nicht nur zu unserm trost/ sondern in beobachtung
unserer pflicht/ wozu uns der HErr durch solche versuchung bereit und geschickt ma-
chen wolle/ lesen/ so werden wir zu einer gründlichen hertzens Theologia kommen/
als uns sonsten langwierige studia nicht dahin bringen könten/ und da schmecken
uns recht/ die sonst oft verachtete bücher Tauleri, Th. a Kempis, Arndii, welche ich
sonderlich in dergleichen stande nützlich gebraucht zu werden/ achte. Es wird aber
mein herr meines trostes oder anweisung nicht bedürffen/ sondern sich seinem Gott
also gelassen haben/ daß er von demselben bisher genug hat lernen können. Jch habe
aber hiedurch aufs wenigste mein hertzliches wohlmeinen bezeugen sollen. Wobey
den grundgütigen Gott eyffrig anruffe/ daß derselbe/ so wol alles dasjenige/ damit
das leyden heilsam wird/ bey demselben durch seines Geistes gnade wircke/ als auch
nach seiner verheissung die versuchung nicht so schwer werden/ zu seiner zeit aber nach
den trüben wolcken die Sonne wiederum scheinen lassen wolle.

SECTIO VI.
An einen Christlichen Edelmann. Von beyderseits zustand. Horbius.
Winckler. Aufmunterung zum fortfahren in guten zu
beten und wachen.

ES ist mir sehr lieb gewesen/ aus dem zu geschriebenen zu erkennen/ daß der
hertzliche von Gott gewirckte trieb zu dem guten/ u. dem HErrn von gan-
tzem hertzen zu dienen/ durch seine gnade noch währe/ u. immer mehr u. mehr
zunehme/ er auch deswegen begierde habe zu wissen/ wie auch bey uns das werck des
HErrn von statten gehe. Gleichwie nun vor jenes dem geber alles guten/ so solches
in seiner seelen gewircket/ demüthigen danck sage/ und ihn anruffe/ daß er das gute
werck/ so er in ihm angefangen hat/ stärcken und vollführen wolle bis auf den tag
JEsu Christi/ daß eure liebe je mehr und mehr reich werde in allerley erkäntnüß und

erfah-
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ARTIC IV. SECTIO VI.
hertz von jener reinigte/ ſo iſts je ein heilſamer rath unſers Gottes/ der uns ſolches euſ-
ſerliche huͤlffsmittel des leidens ſchicket/ daß wir den dadurch geſchwaͤchten feind in
uns ſo viel gluͤcklicher moͤgen uͤberwinden: niemand mehrers unſers dienſtes/ ſich
demſelben gantz zu geben/ wuͤrdig achten/ als der welcher mit aller gnade und treue e-
wig lohnet/ keine ehre æſtimiren/ als diejenige/ welche ewig bleibet/ und keine guͤter
verlangen oder ſchaͤtzen/ als die uͤber alle des gluͤcks u. ungluͤcks gewalt erhoben ſind.
Wahrhafftig ein ſolcher nutzen/ der wohl werth iſt/ etwas deswegen zu leiden! u. ha-
ben wir gewiß zu glauben/ daß alſo alle ſolche verhaͤngnuͤß recht ein zug und ſtrick des
himmliſchen Vaters ſeye/ der uns von den creaturen zu und in ſich ziehen will. Wohl
uns/ wo wir uns ziehen laſſen/ und in ſolcher ſchule unſere lection recht wie ſichs ge-
ziehmet lernen/ unſere ſeele zu der bloſſen ruhe in Gott zu gewehnen/ u. hingegen von
aller anhaͤngigkeit des ir diſchen zu reinigen! Gewißlich da wir in ſolcher probe auf
goͤttlichen finger recht acht geben/ wohin er uns weiſe/ und in ſolcher zeit die ſchrifften
mit application auf uns/ aber nicht nur zu unſerm troſt/ ſondern in beobachtung
unſerer pflicht/ wozu uns der HErr durch ſolche verſuchung bereit und geſchickt ma-
chen wolle/ leſen/ ſo werden wir zu einer gruͤndlichen hertzens Theologia kommen/
als uns ſonſten langwierige ſtudia nicht dahin bringen koͤnten/ und da ſchmecken
uns recht/ die ſonſt oft verachtete buͤcher Tauleri, Th. á Kempis, Arndii, welche ich
ſonderlich in dergleichen ſtande nuͤtzlich gebraucht zu werden/ achte. Es wird aber
mein herr meines troſtes oder anweiſung nicht beduͤrffen/ ſondern ſich ſeinem Gott
alſo gelaſſen haben/ daß er von demſelben bisher genug hat lernen koͤnnen. Jch habe
aber hiedurch aufs wenigſte mein hertzliches wohlmeinen bezeugen ſollen. Wobey
den grundguͤtigen Gott eyffrig anruffe/ daß derſelbe/ ſo wol alles dasjenige/ damit
das leyden heilſam wird/ bey demſelben durch ſeines Geiſtes gnade wircke/ als auch
nach ſeiner verheiſſung die verſuchung nicht ſo ſchwer werden/ zu ſeiner zeit aber nach
den truͤben wolcken die Sonne wiederum ſcheinen laſſen wolle.

SECTIO VI.
An einen Chriſtlichen Edelmann. Von beyderſeits zuſtand. Horbius.
Winckler. Aufmunterung zum fortfahren in guten zu
beten und wachen.

ES iſt mir ſehr lieb geweſen/ aus dem zu geſchriebenen zu erkennen/ daß der
hertzliche von Gott gewirckte trieb zu dem guten/ u. dem HErrn von gan-
tzem hertzen zu dienen/ durch ſeine gnade noch waͤhre/ u. immer mehr u. mehꝛ
zunehme/ er auch deswegen begierde habe zu wiſſen/ wie auch bey uns das werck des
HErrn von ſtatten gehe. Gleichwie nun vor jenes dem geber alles guten/ ſo ſolches
in ſeiner ſeelen gewircket/ demuͤthigen danck ſage/ und ihn anruffe/ daß er das gute
werck/ ſo er in ihm angefangen hat/ ſtaͤrcken und vollfuͤhren wolle bis auf den tag
JEſu Chriſti/ daß eure liebe je mehr und mehr reich werde in allerley erkaͤntnuͤß und

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[427/0439] ARTIC IV. SECTIO VI. hertz von jener reinigte/ ſo iſts je ein heilſamer rath unſers Gottes/ der uns ſolches euſ- ſerliche huͤlffsmittel des leidens ſchicket/ daß wir den dadurch geſchwaͤchten feind in uns ſo viel gluͤcklicher moͤgen uͤberwinden: niemand mehrers unſers dienſtes/ ſich demſelben gantz zu geben/ wuͤrdig achten/ als der welcher mit aller gnade und treue e- wig lohnet/ keine ehre æſtimiren/ als diejenige/ welche ewig bleibet/ und keine guͤter verlangen oder ſchaͤtzen/ als die uͤber alle des gluͤcks u. ungluͤcks gewalt erhoben ſind. Wahrhafftig ein ſolcher nutzen/ der wohl werth iſt/ etwas deswegen zu leiden! u. ha- ben wir gewiß zu glauben/ daß alſo alle ſolche verhaͤngnuͤß recht ein zug und ſtrick des himmliſchen Vaters ſeye/ der uns von den creaturen zu und in ſich ziehen will. Wohl uns/ wo wir uns ziehen laſſen/ und in ſolcher ſchule unſere lection recht wie ſichs ge- ziehmet lernen/ unſere ſeele zu der bloſſen ruhe in Gott zu gewehnen/ u. hingegen von aller anhaͤngigkeit des ir diſchen zu reinigen! Gewißlich da wir in ſolcher probe auf goͤttlichen finger recht acht geben/ wohin er uns weiſe/ und in ſolcher zeit die ſchrifften mit application auf uns/ aber nicht nur zu unſerm troſt/ ſondern in beobachtung unſerer pflicht/ wozu uns der HErr durch ſolche verſuchung bereit und geſchickt ma- chen wolle/ leſen/ ſo werden wir zu einer gruͤndlichen hertzens Theologia kommen/ als uns ſonſten langwierige ſtudia nicht dahin bringen koͤnten/ und da ſchmecken uns recht/ die ſonſt oft verachtete buͤcher Tauleri, Th. á Kempis, Arndii, welche ich ſonderlich in dergleichen ſtande nuͤtzlich gebraucht zu werden/ achte. Es wird aber mein herr meines troſtes oder anweiſung nicht beduͤrffen/ ſondern ſich ſeinem Gott alſo gelaſſen haben/ daß er von demſelben bisher genug hat lernen koͤnnen. Jch habe aber hiedurch aufs wenigſte mein hertzliches wohlmeinen bezeugen ſollen. Wobey den grundguͤtigen Gott eyffrig anruffe/ daß derſelbe/ ſo wol alles dasjenige/ damit das leyden heilſam wird/ bey demſelben durch ſeines Geiſtes gnade wircke/ als auch nach ſeiner verheiſſung die verſuchung nicht ſo ſchwer werden/ zu ſeiner zeit aber nach den truͤben wolcken die Sonne wiederum ſcheinen laſſen wolle. 25. April. 1679. SECTIO VI. An einen Chriſtlichen Edelmann. Von beyderſeits zuſtand. Horbius. Winckler. Aufmunterung zum fortfahren in guten zu beten und wachen. ES iſt mir ſehr lieb geweſen/ aus dem zu geſchriebenen zu erkennen/ daß der hertzliche von Gott gewirckte trieb zu dem guten/ u. dem HErrn von gan- tzem hertzen zu dienen/ durch ſeine gnade noch waͤhre/ u. immer mehr u. mehꝛ zunehme/ er auch deswegen begierde habe zu wiſſen/ wie auch bey uns das werck des HErrn von ſtatten gehe. Gleichwie nun vor jenes dem geber alles guten/ ſo ſolches in ſeiner ſeelen gewircket/ demuͤthigen danck ſage/ und ihn anruffe/ daß er das gute werck/ ſo er in ihm angefangen hat/ ſtaͤrcken und vollfuͤhren wolle bis auf den tag JEſu Chriſti/ daß eure liebe je mehr und mehr reich werde in allerley erkaͤntnuͤß und erfah- h h h 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/439>, abgerufen am 22.11.2024.