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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. III. SECT. XXX.
ihn deswegen nicht unschuldig halten wolten/ sondern begehrten/ man solte sich in
Hamburg seines verhaltens wegen erkundigen.

Nachdem aber M. Franck nicht mehr Collegia halten dorffte/ sondern M.
Schade jetziger prediger allhier/ dergleichen continuirte, und sich ohne sein verlan-
gen anfingen etzliche mal bey denselben bürger einzufinden/ wiewol er sie deswegen
selbs/ um alle unordnung zu verhüten/ auffgegeben hätte/ gieng die unruhe auffs
neue 1690. an/ und lieffen die hitzigste denunciationes in Dreßden ein/ daß daher
nicht nur ein patent angeschlagen/ sondern eine scharffe inquisition der Univer-
sität/ amt und rath über die gantze sache anbefohlen wurde/ welche abermahl etzli-
che monate gewähret hat/ und sehr viel leute eydlich abgehöret worden sind. Aber
als auch dieser acta eingeschicket wurden/ fand sich abermal nichts/ was die leute
vor unpartheyische richtern schuldig machen können. Sonderlich wollen E. Churf.
Durchl. gnädigst dieses erwegen. Es war unter andern denunciationen auch
eine von dem Ministerio zu Leipzig/ die das allerwichtigste unter allen in sich faßte/
nemlich eine designation der glaubens irrthüme und falscher lehr/ welche ein bür-
ger in den collegiis gehöret/ und dem Ministerio übergeben hätte. Welche irr-
thüme gleich wol darnach aller orten auß-spargiret/ ja auff E., Churf. Durchl.
schloß-capell cantzel/ zugeschweigen anderer unzeitigen cantzlen/ wiederholet wor-
den sind/ auch deswegen noch diese stunde als der pietisten irrthume pflegen ange-
führet zu werden. Nun ists an dem/ wo die leute solche lehr geführet hätten/ mü-
ste ich selbs sagen/ daß es ein starcker anfang einer eigenlichen secte gewesen wäre.
Aber wo E. Churf. Durchl. gnädigst geruhen wollen/ nachsuchen zu lassen/ wer-
den sie vernehmen/ das in den inquisitions-acten, da doch so viele zeügen von U-
niversität und rath abgehöret worden/ sich nicht nur das geringste finde/ daß sol-
cher bürger (dessen vorgeben wichtiger gewesen/ als alle andre zeugen) wäre ad ex-
amen
gebracht worden. Welches eine klahre anzeige ist/ weil ja der rath nicht wider
pflicht bey anbefohlener ernsten inquisition des jenigen würde geschohnt haben/
der das meiste hätte aussagen können/ daß sich kein solcher bürger gefunden/ oder daß
er wieder zurückgegangen und seine aussage widerruffen haben muß. Und gleich-
wol wehret diese imputation noch. Jch habe damal auff gnädigsten befehl über
beide inquisitionen meine doppelte unterthänigste relation 1690. nach gewis-
sen abgestattet/ daß der angeschuldigten leute unschuld aus den actis erhelle/ klar
dargestellet/ und wie dem unwesen zuhelffen/ auch alles zur ruhe zubringen/ un-
maßgeblich gezeiget. Welche zwifache relation in E. Churf. Durchl. geheimen
Rath noch liget/ und ich zu deroselben verantwortung vor GOtt und menschen freu-
dig bin/ auch wünschen möchte/ daß E. Churf. Durchl. dieselbe (so zwar etwas
weitläufftig/ weil dersachen wichtigkeit eserforderte) sich vorlesen zu lassen gnädigst
geruheten.

Von allen diesen dingen kan ich zeugen/ als der mit dabey gesessen/ da davon

gehan
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ARTIC. III. SECT. XXX.
ihn deswegen nicht unſchuldig halten wolten/ ſondern begehrten/ man ſolte ſich in
Hamburg ſeines verhaltens wegen erkundigen.

Nachdem aber M. Franck nicht mehr Collegia halten dorffte/ ſondern M.
Schade jetziger prediger allhier/ dergleichen continuirte, und ſich ohne ſein verlan-
gen anfingen etzliche mal bey denſelben buͤrger einzufinden/ wiewol er ſie deswegen
ſelbs/ um alle unordnung zu verhuͤten/ auffgegeben haͤtte/ gieng die unruhe auffs
neue 1690. an/ und lieffen die hitzigſte denunciationes in Dreßden ein/ daß daher
nicht nur ein patent angeſchlagen/ ſondern eine ſcharffe inquiſition der Univer-
ſitaͤt/ amt und rath uͤber die gantze ſache anbefohlen wurde/ welche abermahl etzli-
che monate gewaͤhret hat/ und ſehr viel leute eydlich abgehoͤret worden ſind. Aber
als auch dieſer acta eingeſchicket wurden/ fand ſich abermal nichts/ was die leute
vor unpartheyiſche richtern ſchuldig machen koͤnnen. Sonderlich wollen E. Churf.
Durchl. gnaͤdigſt dieſes erwegen. Es war unter andern denunciationen auch
eine von dem Miniſterio zu Leipzig/ die das allerwichtigſte unter allen in ſich faßte/
nemlich eine deſignation der glaubens irrthuͤme und falſcheꝛ lehꝛ/ welche ein buͤr-
ger in den collegiis gehoͤret/ und dem Miniſterio uͤbergeben haͤtte. Welche irr-
thuͤme gleich wol darnach aller orten auß-ſpargiret/ ja auff E., Churf. Durchl.
ſchloß-capell cantzel/ zugeſchweigen anderer unzeitigen cantzlen/ wiederholet wor-
den ſind/ auch deswegen noch dieſe ſtunde als der pietiſten irrthume pflegen ange-
fuͤhret zu werden. Nun iſts an dem/ wo die leute ſolche lehr gefuͤhret haͤtten/ muͤ-
ſte ich ſelbs ſagen/ daß es ein ſtarcker anfang einer eigenlichen ſecte geweſen waͤre.
Aber wo E. Chuꝛf. Durchl. gnaͤdigſt geruhen wollen/ nachſuchen zu laſſen/ wer-
den ſie vernehmen/ das in den inquiſitions-acten, da doch ſo viele zeuͤgen von U-
niverſitaͤt und rath abgehoͤret worden/ ſich nicht nur das geringſte finde/ daß ſol-
cher buͤrger (deſſen vorgeben wichtiger geweſen/ als alle andre zeugen) waͤre ad ex-
amen
gebracht worden. Welches eine klahre anzeige iſt/ weil ja der rath nicht wider
pflicht bey anbefohlener ernſten inquisition des jenigen wuͤrde geſchohnt haben/
der das meiſte haͤtte auſſagen koͤnnen/ daß ſich kein ſolcher buͤrger gefunden/ oder daß
er wieder zuruͤckgegangen und ſeine auſſage widerruffen haben muß. Und gleich-
wol wehret dieſe imputation noch. Jch habe damal auff gnaͤdigſten befehl uͤber
beide inquiſitionen meine doppelte unterthaͤnigſte relation 1690. nach gewiſ-
ſen abgeſtattet/ daß der angeſchuldigten leute unſchuld aus den actis erhelle/ klar
dargeſtellet/ und wie dem unweſen zuhelffen/ auch alles zur ruhe zubringen/ un-
maßgeblich gezeiget. Welche zwifache relation in E. Churf. Durchl. geheimen
Rath noch liget/ und ich zu deꝛoſelben verantwortung vor GOtt und menſchen freu-
dig bin/ auch wuͤnſchen moͤchte/ daß E. Churf. Durchl. dieſelbe (ſo zwar etwas
weitlaͤufftig/ weil derſachen wichtigkeit eserforderte) ſich vorleſen zu laſſen gnaͤdigſt
geruheten.

Von allen dieſen dingen kan ich zeugen/ als der mit dabey geſeſſen/ da davon

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[937/0955] ARTIC. III. SECT. XXX. ihn deswegen nicht unſchuldig halten wolten/ ſondern begehrten/ man ſolte ſich in Hamburg ſeines verhaltens wegen erkundigen. Nachdem aber M. Franck nicht mehr Collegia halten dorffte/ ſondern M. Schade jetziger prediger allhier/ dergleichen continuirte, und ſich ohne ſein verlan- gen anfingen etzliche mal bey denſelben buͤrger einzufinden/ wiewol er ſie deswegen ſelbs/ um alle unordnung zu verhuͤten/ auffgegeben haͤtte/ gieng die unruhe auffs neue 1690. an/ und lieffen die hitzigſte denunciationes in Dreßden ein/ daß daher nicht nur ein patent angeſchlagen/ ſondern eine ſcharffe inquiſition der Univer- ſitaͤt/ amt und rath uͤber die gantze ſache anbefohlen wurde/ welche abermahl etzli- che monate gewaͤhret hat/ und ſehr viel leute eydlich abgehoͤret worden ſind. Aber als auch dieſer acta eingeſchicket wurden/ fand ſich abermal nichts/ was die leute vor unpartheyiſche richtern ſchuldig machen koͤnnen. Sonderlich wollen E. Churf. Durchl. gnaͤdigſt dieſes erwegen. Es war unter andern denunciationen auch eine von dem Miniſterio zu Leipzig/ die das allerwichtigſte unter allen in ſich faßte/ nemlich eine deſignation der glaubens irrthuͤme und falſcheꝛ lehꝛ/ welche ein buͤr- ger in den collegiis gehoͤret/ und dem Miniſterio uͤbergeben haͤtte. Welche irr- thuͤme gleich wol darnach aller orten auß-ſpargiret/ ja auff E., Churf. Durchl. ſchloß-capell cantzel/ zugeſchweigen anderer unzeitigen cantzlen/ wiederholet wor- den ſind/ auch deswegen noch dieſe ſtunde als der pietiſten irrthume pflegen ange- fuͤhret zu werden. Nun iſts an dem/ wo die leute ſolche lehr gefuͤhret haͤtten/ muͤ- ſte ich ſelbs ſagen/ daß es ein ſtarcker anfang einer eigenlichen ſecte geweſen waͤre. Aber wo E. Chuꝛf. Durchl. gnaͤdigſt geruhen wollen/ nachſuchen zu laſſen/ wer- den ſie vernehmen/ das in den inquiſitions-acten, da doch ſo viele zeuͤgen von U- niverſitaͤt und rath abgehoͤret worden/ ſich nicht nur das geringſte finde/ daß ſol- cher buͤrger (deſſen vorgeben wichtiger geweſen/ als alle andre zeugen) waͤre ad ex- amen gebracht worden. Welches eine klahre anzeige iſt/ weil ja der rath nicht wider pflicht bey anbefohlener ernſten inquisition des jenigen wuͤrde geſchohnt haben/ der das meiſte haͤtte auſſagen koͤnnen/ daß ſich kein ſolcher buͤrger gefunden/ oder daß er wieder zuruͤckgegangen und ſeine auſſage widerruffen haben muß. Und gleich- wol wehret dieſe imputation noch. Jch habe damal auff gnaͤdigſten befehl uͤber beide inquiſitionen meine doppelte unterthaͤnigſte relation 1690. nach gewiſ- ſen abgeſtattet/ daß der angeſchuldigten leute unſchuld aus den actis erhelle/ klar dargeſtellet/ und wie dem unweſen zuhelffen/ auch alles zur ruhe zubringen/ un- maßgeblich gezeiget. Welche zwifache relation in E. Churf. Durchl. geheimen Rath noch liget/ und ich zu deꝛoſelben verantwortung vor GOtt und menſchen freu- dig bin/ auch wuͤnſchen moͤchte/ daß E. Churf. Durchl. dieſelbe (ſo zwar etwas weitlaͤufftig/ weil derſachen wichtigkeit eserforderte) ſich vorleſen zu laſſen gnaͤdigſt geruheten. Von allen dieſen dingen kan ich zeugen/ als der mit dabey geſeſſen/ da davon gehan Ccc ccc

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 937. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/955>, abgerufen am 23.11.2024.