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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. III. SECTIO XII.
tigkeit zum theil zimlich bekant worden sind: dardurch ich nicht ohne ursach sorge/
daß nicht weniger fluch herbey gezogen worden/ welchen hingegen Ew. Churfürstl.
Durchlauchtigkeit widerum abthuende/ sich am vortrefflichsten um dero lande und
das reich GOttes verdienet machen/ damit tausend dancksagungen gegen GOtt er-
wecken und segen auff sich ziehen kan. Es wird aber auch neben dem Ew. Churf.
Durchl. die lande finden wegen des leiblichen voller klagens von lauter jammer/ ab-
nahm der nahrung in stätten und lande/ allgemeine armuth/ und wie alles sich tieff
herabneige/ da es hingegen an andern landen nicht mangelt/ von dero in nicht so
langer zeit mercklichen auffnahm und zuwachs nicht ohne grund gerühmet werden
kan. Da hat sich Ew. Churfürstl. Durchl. zu versichern/ alle nothleidende seuff-
tzen/ die auch nicht vor dero ohren kommen/ gehen doch in gewisser maß auff sie/ und
fordern vor GOtt von derselben/ die ursachen des übelstandes sorgfältig zu unter-
suchen/ und ohne ansehen der person kräfftig zu remediren: Wie ich nun nicht
zweiffle/ daß Ew. Churfürstliche Durchl. mit solchen löblichen vorsatz dero thron
besteigen/ so wünsche und hoffe auch ernstlichen und unermüdeten fleiß denselben zu
bewerckstelligen. Weil aber eine person zu dergleichen schwehren regierungs ge-
schäfften unmüglich gnug ist/ sondern deswegen grosse Regenten auch ihre vorneh-
me bediente haben müssen/ mit denen sie die regierungs und sorgen-last theilen/ die
ihre augen/ ohren und hände sind/ verbunden mit rath u. beystand ihnen zur seiten
zu seyen/ so ist eines angehenden Regenten vornehmste angelegenheit billich/ nechst
dem was seine eigene hohe person betrifft/ daß er tüchtige leute sich darzu erwehle.
Will nun Ew. Churfürstl. Durchl. eine rechte unpartheyische regel haben/ nach
dero sie abzumessen/ welcherley leute zu dero diensten die capabelste sind/ so finden
sie keine bessere als in dem 101. Psalmen (welchen Ew. Churfüstl. Durchl. wo es
nicht täglich solte seyen können/ auffs wenigste wöchenlich einmahl mit grossen be-
dacht und anruffung GOttes lesen wolle/) dann da sehen sie/ was vor leute Da-
vid/ der mit grossen vergnügen und vielen segen das volck Jsrael regieret hat an sei-
ren hoff und zu seiner regierung genommen/ andern Regenten aber damit ein exem-
pel gelassen habe/ ja was der heilige Geist durch Davids feder zur nachfolge der
künfftigen zeiten auffzeichnen habe [l]assen. Ew. Churfürstl. Durchl. aber se-
hen/ wie die vornehmste qualität/ die er an seinen bedienten erfordert/ gewesen/ daß
er gern fromme diener gehabt/ und seine augen nach den treuen (oder nach den
glaubigen) in dem lande gesehen/ darmit sie bey ihn wohneten: hingegen bezeuget
er/ daß er nicht um sich leiden möge die übertreter/ verkehrte hertzen/ böse menschen/
solche die den nechsten verleumden/ die stoltze geberden und hohen muth haben/ ja
auch alle falsche/ lügner und gottlose. Was dieser art gewesen ist/ sie seyen in
dem übrigen von qualitäten gewesst/ wie sie wolten/ litte er nicht allein nicht um
sich/ sondern so viel an ihm war/ suchte er sie gar zu vertilgen. Wird nun E.
Churfürstliche Durchlauchtigkeit stets solche leute um sich haben/ und sie deswe-

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ARTIC. III. SECTIO XII.
tigkeit zum theil zimlich bekant worden ſind: dardurch ich nicht ohne urſach ſorge/
daß nicht weniger fluch herbey gezogen worden/ welchen hingegen Ew. Churfuͤrſtl.
Durchlauchtigkeit widerum abthuende/ ſich am vortrefflichſten um dero lande und
das reich GOttes verdienet machen/ damit tauſend danckſagungen gegen GOtt er-
wecken und ſegen auff ſich ziehen kan. Es wird aber auch neben dem Ew. Churf.
Durchl. die lande finden wegen des leiblichen voller klagens von lauter jam̃er/ ab-
nahm der nahrung in ſtaͤtten und lande/ allgemeine armuth/ und wie alles ſich tieff
herabneige/ da es hingegen an andern landen nicht mangelt/ von dero in nicht ſo
langer zeit mercklichen auffnahm und zuwachs nicht ohne grund geruͤhmet werden
kan. Da hat ſich Ew. Churfuͤrſtl. Durchl. zu verſichern/ alle nothleidende ſeuff-
tzen/ die auch nicht vor dero ohren kommen/ gehen doch in gewiſſer maß auff ſie/ und
fordern vor GOtt von derſelben/ die urſachen des uͤbelſtandes ſorgfaͤltig zu unter-
ſuchen/ und ohne anſehen der perſon kraͤfftig zu remediren: Wie ich nun nicht
zweiffle/ daß Ew. Churfuͤrſtliche Durchl. mit ſolchen loͤblichen vorſatz dero thron
beſteigen/ ſo wuͤnſche und hoffe auch ernſtlichen und unermuͤdeten fleiß denſelben zu
bewerckſtelligen. Weil aber eine perſon zu dergleichen ſchwehren regierungs ge-
ſchaͤfften unmuͤglich gnug iſt/ ſondern deswegen groſſe Regenten auch ihre vorneh-
me bediente haben muͤſſen/ mit denen ſie die regierungs und ſorgen-laſt theilen/ die
ihre augen/ ohren und haͤnde ſind/ verbunden mit rath u. beyſtand ihnen zur ſeiten
zu ſeyen/ ſo iſt eines angehenden Regenten vornehmſte angelegenheit billich/ nechſt
dem was ſeine eigene hohe perſon betrifft/ daß er tuͤchtige leute ſich darzu erwehle.
Will nun Ew. Churfuͤrſtl. Durchl. eine rechte unpartheyiſche regel haben/ nach
dero ſie abzumeſſen/ welcherley leute zu dero dienſten die capabelſte ſind/ ſo finden
ſie keine beſſere als in dem 101. Pſalmen (welchen Ew. Churfuͤſtl. Durchl. wo es
nicht taͤglich ſolte ſeyen koͤnnen/ auffs wenigſte woͤchenlich einmahl mit groſſen be-
dacht und anruffung GOttes leſen wolle/) dann da ſehen ſie/ was vor leute Da-
vid/ der mit groſſen vergnuͤgen und vielen ſegen das volck Jſrael regieret hat an ſei-
ren hoff und zu ſeiner regierung genommen/ andern Regenten aber damit ein exem-
pel gelaſſen habe/ ja was der heilige Geiſt durch Davids feder zur nachfolge der
kuͤnfftigen zeiten auffzeichnen habe [l]aſſen. Ew. Churfuͤrſtl. Durchl. aber ſe-
hen/ wie die vornehmſte qualitaͤt/ die er an ſeinen bedienten erfordert/ geweſen/ daß
er gern fromme diener gehabt/ und ſeine augen nach den treuen (oder nach den
glaubigen) in dem lande geſehen/ darmit ſie bey ihn wohneten: hingegen bezeuget
er/ daß er nicht um ſich leiden moͤge die uͤbertreter/ verkehrte hertzen/ boͤſe menſchen/
ſolche die den nechſten verleumden/ die ſtoltze geberden und hohen muth haben/ ja
auch alle falſche/ luͤgner und gottloſe. Was dieſer art geweſen iſt/ ſie ſeyen in
dem uͤbrigen von qualitaͤten geweſſt/ wie ſie wolten/ litte er nicht allein nicht um
ſich/ ſondern ſo viel an ihm war/ ſuchte er ſie gar zu vertilgen. Wird nun E.
Churfuͤrſtliche Durchlauchtigkeit ſtets ſolche leute um ſich haben/ und ſie deswe-

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[883/0901] ARTIC. III. SECTIO XII. tigkeit zum theil zimlich bekant worden ſind: dardurch ich nicht ohne urſach ſorge/ daß nicht weniger fluch herbey gezogen worden/ welchen hingegen Ew. Churfuͤrſtl. Durchlauchtigkeit widerum abthuende/ ſich am vortrefflichſten um dero lande und das reich GOttes verdienet machen/ damit tauſend danckſagungen gegen GOtt er- wecken und ſegen auff ſich ziehen kan. Es wird aber auch neben dem Ew. Churf. Durchl. die lande finden wegen des leiblichen voller klagens von lauter jam̃er/ ab- nahm der nahrung in ſtaͤtten und lande/ allgemeine armuth/ und wie alles ſich tieff herabneige/ da es hingegen an andern landen nicht mangelt/ von dero in nicht ſo langer zeit mercklichen auffnahm und zuwachs nicht ohne grund geruͤhmet werden kan. Da hat ſich Ew. Churfuͤrſtl. Durchl. zu verſichern/ alle nothleidende ſeuff- tzen/ die auch nicht vor dero ohren kommen/ gehen doch in gewiſſer maß auff ſie/ und fordern vor GOtt von derſelben/ die urſachen des uͤbelſtandes ſorgfaͤltig zu unter- ſuchen/ und ohne anſehen der perſon kraͤfftig zu remediren: Wie ich nun nicht zweiffle/ daß Ew. Churfuͤrſtliche Durchl. mit ſolchen loͤblichen vorſatz dero thron beſteigen/ ſo wuͤnſche und hoffe auch ernſtlichen und unermuͤdeten fleiß denſelben zu bewerckſtelligen. Weil aber eine perſon zu dergleichen ſchwehren regierungs ge- ſchaͤfften unmuͤglich gnug iſt/ ſondern deswegen groſſe Regenten auch ihre vorneh- me bediente haben muͤſſen/ mit denen ſie die regierungs und ſorgen-laſt theilen/ die ihre augen/ ohren und haͤnde ſind/ verbunden mit rath u. beyſtand ihnen zur ſeiten zu ſeyen/ ſo iſt eines angehenden Regenten vornehmſte angelegenheit billich/ nechſt dem was ſeine eigene hohe perſon betrifft/ daß er tuͤchtige leute ſich darzu erwehle. Will nun Ew. Churfuͤrſtl. Durchl. eine rechte unpartheyiſche regel haben/ nach dero ſie abzumeſſen/ welcherley leute zu dero dienſten die capabelſte ſind/ ſo finden ſie keine beſſere als in dem 101. Pſalmen (welchen Ew. Churfuͤſtl. Durchl. wo es nicht taͤglich ſolte ſeyen koͤnnen/ auffs wenigſte woͤchenlich einmahl mit groſſen be- dacht und anruffung GOttes leſen wolle/) dann da ſehen ſie/ was vor leute Da- vid/ der mit groſſen vergnuͤgen und vielen ſegen das volck Jſrael regieret hat an ſei- ren hoff und zu ſeiner regierung genommen/ andern Regenten aber damit ein exem- pel gelaſſen habe/ ja was der heilige Geiſt durch Davids feder zur nachfolge der kuͤnfftigen zeiten auffzeichnen habe laſſen. Ew. Churfuͤrſtl. Durchl. aber ſe- hen/ wie die vornehmſte qualitaͤt/ die er an ſeinen bedienten erfordert/ geweſen/ daß er gern fromme diener gehabt/ und ſeine augen nach den treuen (oder nach den glaubigen) in dem lande geſehen/ darmit ſie bey ihn wohneten: hingegen bezeuget er/ daß er nicht um ſich leiden moͤge die uͤbertreter/ verkehrte hertzen/ boͤſe menſchen/ ſolche die den nechſten verleumden/ die ſtoltze geberden und hohen muth haben/ ja auch alle falſche/ luͤgner und gottloſe. Was dieſer art geweſen iſt/ ſie ſeyen in dem uͤbrigen von qualitaͤten geweſſt/ wie ſie wolten/ litte er nicht allein nicht um ſich/ ſondern ſo viel an ihm war/ ſuchte er ſie gar zu vertilgen. Wird nun E. Churfuͤrſtliche Durchlauchtigkeit ſtets ſolche leute um ſich haben/ und ſie deswe- gen Ttttt 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 883. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/901>, abgerufen am 23.11.2024.