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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. II. SECTIO V.
liche Durchlauchtigkeit diese regel ihr gantzes lebenlang fleißig in acht nehmen/
und also mit David aus dem 101. Psalm. (welchen sie sich samt den 6. 7. 8. und 9.
Capiteln des buchs der weißheit zu offtmaliger verlesung recommendiret seyen las-
sen wollen) gern fromme diener haben/ daher diese allen andern vorziehen/ so traue
von GOTT zu versprechen/ daß sie ein sonderbahr gesegneter Regent werden wer-
den. Zu allen diesen erinnerungen setze noch diese 7. als zum siegel/ daß Eure
Churprintzliche Durchlauchtigkeit sich bereits bey diesen ihren noch jüngere jahren
gleichwohl erinnern der ungewißheit des lebens und dermahleins gewiß folgenden
abschieds/ um alles ihr leben also vor GOTT zuführen// wie sie an dessen ende ver-
langen würden solches geführet zu haben. Diese betrachtung/ da sie stets erwe-
gen werden/ wie sie auff dem wege zu der ewigkeit seyen/ wird ein steter antrieb seyen
das jenige treulich zu thun/ was in der ewigkeit seine belohnug erwartet/ und das je-
nige sorgfältig zu vermeiden/ was alsdann straffe leyden muß: und solches so viel-
mehr/ wo sie noch beysetzen/ daß mit diesem leben der stand und alle irrdische hoheit
auffhöre/ und die seele des grössesten Monarchen vor dem unpartheyischen Richter
mit keinem mehrern vortheil erscheine als des ärmsten bettlers/ daher sie alle nicht
nach voriger würde und dero unterscheid/ sondern nach ihrem glauben und wercken
gerichtet werden sollen: daß also die seele nichts anders dahin mit sich bringet/ als
was sie aus Göttlicher würckung in sich hat/ und sie des fernern geniesses der ewigen
herrlichkeit und seligen gemeinschafft mit der seligsten Dreyeinigkeit fähig ma-
chet.

Gnädigster Chur-Printz und Herr/ diese erinnerungen/ welche gewiß aus ei-
nem dero theure seele und ihr ewiges wohl hertzlich liebenden gemüthe fliessen/ mö-
gen vor GOttes heiligen angesicht der schluß meines an Ew. Churprintzliche Durch-
lauchtigkeit biß daher in meiner schwachhet vollbrachten amtes seyen/ und stehe ich in
dem unterthänigsten vertrauen/ daß sie dieselbige nicht nur in gnaden auffnehmen/
sondern auch mit fleiß erwegen und etwa mehrmahl zu steter erinnerung/ welche
ohne frucht aus GOttes segen nicht bleiben wird/ ansehen werden. Wie dann
also nochmahl Ew. Churprintzliche Durchlauchtigkeit vor des himmlischen Vaters
allsehenden angesicht in hertzlicher demuth bezeuge/ daß sie das wort des HErrn
so sie auch aus meinem seines armen dieners mund angehöret haben/ und ihre
seele selig machen kan/ sich die tage ihres lebens angelegen seyen lassen wollen/ also
schliesse endlich mit inniglichem wunsch und gebet zu dem Vater des liechts/ von
welchem alle gute und alle vollkommene gabe kommen/ daß derselbe nach seiner ewi-
gen güte mit aller gnade und segen über sie walten wolle. Er als der GOTT
des lebens friste ihr leben nach seinem wohlgefallen lange zeit/ daß sie erreichen oder
überschreiten mögen die jahre ihrer hohen vorfahren/ und solches bey steter gesunt-
heit/ als viel zu der ehre GOttes auch darinnen dienlich seyn wird: Er wende
deswegen ab alle gefahr und umgebe sie stets mit der starcken wache seiner himm-

lischen

ARTIC. II. SECTIO V.
liche Durchlauchtigkeit dieſe regel ihr gantzes lebenlang fleißig in acht nehmen/
und alſo mit David aus dem 101. Pſalm. (welchen ſie ſich ſamt den 6. 7. 8. und 9.
Capiteln des buchs der weißheit zu offtmaliger veꝛleſung recommendiret ſeyen laſ-
ſen wollen) gern fromme diener haben/ daher dieſe allen andern vorziehen/ ſo traue
von GOTT zu verſprechen/ daß ſie ein ſonderbahr geſegneter Regent werden wer-
den. Zu allen dieſen erinnerungen ſetze noch dieſe 7. als zum ſiegel/ daß Eure
Churprintzliche Durchlauchtigkeit ſich bereits bey dieſen ihren noch juͤngere jahren
gleichwohl erinnern der ungewißheit des lebens und dermahleins gewiß folgenden
abſchieds/ um alles ihr leben alſo vor GOTT zufuͤhren// wie ſie an deſſen ende ver-
langen wuͤrden ſolches gefuͤhret zu haben. Dieſe betrachtung/ da ſie ſtets erwe-
gen werden/ wie ſie auff dem wege zu der ewigkeit ſeyen/ wird ein ſteter antrieb ſeyen
das jenige treulich zu thun/ was in der ewigkeit ſeine belohnug erwartet/ und das je-
nige ſorgfaͤltig zu vermeiden/ was alsdann ſtraffe leyden muß: und ſolches ſo viel-
mehr/ wo ſie noch beyſetzen/ daß mit dieſem leben der ſtand und alle irrdiſche hoheit
auffhoͤre/ und die ſeele des groͤſſeſten Monarchen vor dem unpartheyiſchen Richter
mit keinem mehrern vortheil erſcheine als des aͤrmſten bettlers/ daher ſie alle nicht
nach voriger wuͤrde und dero unterſcheid/ ſondern nach ihrem glauben und wercken
gerichtet werden ſollen: daß alſo die ſeele nichts anders dahin mit ſich bringet/ als
was ſie aus Goͤttlicher wuͤrckung in ſich hat/ und ſie des fernern genieſſes der ewigen
herrlichkeit und ſeligen gemeinſchafft mit der ſeligſten Dreyeinigkeit faͤhig ma-
chet.

Gnaͤdigſter Chur-Printz und Herr/ dieſe erinnerungen/ welche gewiß aus ei-
nem dero theure ſeele und ihr ewiges wohl hertzlich liebenden gemuͤthe flieſſen/ moͤ-
gen vor GOttes heiligen angeſicht der ſchluß meines an Ew. Churprintzliche Durch-
lauchtigkeit biß daher in meiner ſchwachhet vollbrachten amtes ſeyen/ und ſtehe ich in
dem unterthaͤnigſten vertrauen/ daß ſie dieſelbige nicht nur in gnaden auffnehmen/
ſondern auch mit fleiß erwegen und etwa mehrmahl zu ſteter erinnerung/ welche
ohne frucht aus GOttes ſegen nicht bleiben wird/ anſehen werden. Wie dann
alſo nochmahl Ew. Churprintzliche Durchlauchtigkeit vor des himmliſchen Vaters
allſehenden angeſicht in hertzlicher demuth bezeuge/ daß ſie das wort des HErrn
ſo ſie auch aus meinem ſeines armen dieners mund angehoͤret haben/ und ihre
ſeele ſelig machen kan/ ſich die tage ihres lebens angelegen ſeyen laſſen wollen/ alſo
ſchlieſſe endlich mit inniglichem wunſch und gebet zu dem Vater des liechts/ von
welchem alle gute und alle vollkommene gabe kommen/ daß derſelbe nach ſeiner ewi-
gen guͤte mit aller gnade und ſegen uͤber ſie walten wolle. Er als der GOTT
des lebens friſte ihr leben nach ſeinem wohlgefallen lange zeit/ daß ſie erreichen oder
uͤberſchreiten moͤgen die jahre ihrer hohen vorfahren/ und ſolches bey ſteter geſunt-
heit/ als viel zu der ehre GOttes auch darinnen dienlich ſeyn wird: Er wende
deswegen ab alle gefahr und umgebe ſie ſtets mit der ſtarcken wache ſeiner himm-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 863. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/881>, abgerufen am 23.11.2024.