Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.DISTINCTIO II. SECTIO XIX. wenn auff einigerley weise dessen wohlstand befördert wird/ so kan ich als einer dergeringsten unter denen/ welchen das beste des Reichs Christi zu hertzen gehet/ ver- sichern/ daß auch bey mir eine sonderbare freude entstanden ist/ als ich anfangs von einiger hoffnung/ dero aber noch ziemliche hindernüssen in dem wege legen/ nach- mahl aber die völlige fröliche post hörte/ wie der himmlische Vater durch gnädige er- leuchtung E. Hochgräffl. Gnaden zu der warheit seines Evangelii seiner beträngten kirchen eine neue freude erwecket/ und zur dancksagung ursach gegeben habe. Da- hero auch billich seiner himmlischen güte selbsten davor demütigst danck zusagen ursach gefunden habe. Nechst dem erkühne mich auch/ ob wohl sonsten unbekant/ solche meine freude über die E. Hochgräfl. Gnaden erwiesene himmlische gnade auch von derselben selbs auszuschütten/ und mit gegenwärtigen zeilen gehorsamst zubezeigen. Jch erkenne aber dasjenige/ das der HErr HErr an deroselben/ und zugleich an unsrer kirchen gethan/ vor eine so viel höhere wohlthat auff un- terschiedlichen ursachen. Zum aller fordersten sehe ich billich deroselben Hochgräfl. familie an/ welcher der allerhöchste/ gleich wie sonsten von alters her so viel wohl- thaten in dem weltlichen erzeiget/ und sie hoch gesetzet/ also sonderlich in dem ver- gangenen seculo die gnade erwiesen/ daß nicht nur der werthe werckzeug der se- ligen reformation Lutherus aus derselben Graffschafft entsprungen/ sondern auch dieselbe bald vor so vielen andern gleiches standes zu der seligen erkäntnüß des reinen Evangelii durch die Göttl. güte gebracht worden ist: Nach dem aber die Göttliche verhängniß zugegeben/ daß nicht nur so viele der Evangelisch geblie- benen Linien nach einander erloschen/ daß also biß daher alles auff dem werthe- sten haupt des Hochgebohrnen Graffen HErrn Johann Georgen beruhet ist/ sondern hingegen die eine wiederum in etzliche abgetheilte Hochgräfl. linie von der Römischen kirchen durch gewöhnliche verleitung von solcher theuren erkäntnis ab- gezogen worden/ welches wir billich mit hertzlichen betauren anzusehen hatten und haben/ so erkenne es billich vor eine so viel denckwürdigere gutthat GOttes/ daß er an E. Hochgrl. Gnaden wiedrum einen seeligen anfang machet/ zuzeigen/ seine warheit sey nicht unvermögender/ die gemüther deren/ welche ihr nicht wie- derstreben/ wiedrum zu rück zubringen/ als die persvasion en der wiedrigen mäch- tig sind/ ihre irrthumen den jenigen beglaubt zu machen/ welche sie sonderlich mit zeitlicher hoheit und glückseeligkeit begleitet vor sich sehen oder hoffen. Welches auch diese neue consideration giebet/ eine innigliche freude über dero bekehrung zuschöpffen/ wann deroselben stand und vorige condition keine sorge lassen/ daß einige andre absicht bey solcher änderung gewesen seye/ ohne allein/ daß dieselbe dem Geist GOttes zu überzeugung der lautern warheit bey sich platz gegeben/ als welche von derselben in der welt keinen weitern vortheil/ sondern vielmehr ver- druß und/ durch entfremdung des nechsten angehörigen/ nachtheil abzusehen und zu erwarten haben: da hingegen ob man sich wohl allezeit der bekehrung eines jeg- lichen aus der irre zu uns kommenden billich zu freuen hat/ dannoch diese freude mehrmal sehr verringert wird/ wo man sich nicht nur erinnert der vielen exempel de- rer Aaa aa
DISTINCTIO II. SECTIO XIX. wenn auff einigerley weiſe deſſen wohlſtand befoͤrdert wird/ ſo kan ich als einer dergeringſten unter denen/ welchen das beſte des Reichs Chriſti zu hertzen gehet/ ver- ſichern/ daß auch bey mir eine ſonderbare freude entſtanden iſt/ als ich anfangs von einiger hoffnung/ dero aber noch ziemliche hindernuͤſſen in dem wege legen/ nach- mahl aber die voͤllige froͤliche poſt hoͤrte/ wie der him̃liſche Vater durch gnaͤdige er- leuchtung E. Hochgraͤffl. Gnaden zu der warheit ſeines Evangelii ſeiner betraͤngten kirchen eine neue freude erwecket/ und zur danckſagung urſach gegeben habe. Da- hero auch billich ſeiner himmliſchen guͤte ſelbſten davor demuͤtigſt danck zuſagen urſach gefunden habe. Nechſt dem erkuͤhne mich auch/ ob wohl ſonſten unbekant/ ſolche meine freude uͤber die E. Hochgraͤfl. Gnaden erwieſene himmliſche gnade auch von derſelben ſelbs auszuſchuͤtten/ und mit gegenwaͤrtigen zeilen gehorſamſt zubezeigen. Jch erkenne aber dasjenige/ das der HErr HErr an deroſelben/ und zugleich an unſrer kirchen gethan/ vor eine ſo viel hoͤhere wohlthat auff un- terſchiedlichen urſachen. Zum aller forderſten ſehe ich billich deroſelben Hochgraͤfl. familie an/ welcher der allerhoͤchſte/ gleich wie ſonſten von alters her ſo viel wohl- thaten in dem weltlichen erzeiget/ und ſie hoch geſetzet/ alſo ſonderlich in dem ver- gangenen ſeculo die gnade erwieſen/ daß nicht nur der werthe werckzeug der ſe- ligen reformation Lutherus aus derſelben Graffſchafft entſprungen/ ſondern auch dieſelbe bald vor ſo vielen andern gleiches ſtandes zu der ſeligen erkaͤntnuͤß des reinen Evangelii durch die Goͤttl. guͤte gebracht worden iſt: Nach dem aber die Goͤttliche verhaͤngniß zugegeben/ daß nicht nur ſo viele der Evangeliſch geblie- benen Linien nach einander erloſchen/ daß alſo biß daher alles auff dem werthe- ſten haupt des Hochgebohrnen Graffen HErrn Johann Georgen beruhet iſt/ ſondern hingegen die eine wiederum in etzliche abgetheilte Hochgraͤfl. linie von der Roͤmiſchen kirchen durch gewoͤhnliche verleitung von ſolcher theuren erkaͤntnis ab- gezogen worden/ welches wir billich mit hertzlichen betauren anzuſehen hatten und haben/ ſo erkenne es billich vor eine ſo viel denckwuͤrdigere gutthat GOttes/ daß er an E. Hochgrl. Gnaden wiedrum einen ſeeligen anfang machet/ zuzeigen/ ſeine warheit ſey nicht unvermoͤgender/ die gemuͤther deren/ welche ihr nicht wie- derſtreben/ wiedrum zu ruͤck zubringen/ als die perſvaſion en der wiedrigen maͤch- tig ſind/ ihre irrthumen den jenigen beglaubt zu machen/ welche ſie ſonderlich mit zeitlicher hoheit und gluͤckſeeligkeit begleitet vor ſich ſehen oder hoffen. Welches auch dieſe neue conſideration giebet/ eine innigliche freude uͤber dero bekehrung zuſchoͤpffen/ wann deroſelben ſtand und vorige condition keine ſorge laſſen/ daß einige andre abſicht bey ſolcher aͤnderung geweſen ſeye/ ohne allein/ daß dieſelbe dem Geiſt GOttes zu uͤberzeugung der lautern warheit bey ſich platz gegeben/ als welche von derſelben in der welt keinen weitern vortheil/ ſondern vielmehr ver- druß und/ durch entfremdung des nechſten angehoͤrigen/ nachtheil abzuſehen und zu erwarten haben: da hingegen ob man ſich wohl allezeit der bekehrung eines jeg- lichen aus der irre zu uns kommenden billich zu freuen hat/ dannoch dieſe freude mehrmal ſehr verringert wird/ wo man ſich nicht nur eriñert der vielen exempel de- rer Aaa aa
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DISTINCTIO II. SECTIO XIX.
wenn auff einigerley weiſe deſſen wohlſtand befoͤrdert wird/ ſo kan ich als einer der
geringſten unter denen/ welchen das beſte des Reichs Chriſti zu hertzen gehet/ ver-
ſichern/ daß auch bey mir eine ſonderbare freude entſtanden iſt/ als ich anfangs von
einiger hoffnung/ dero aber noch ziemliche hindernuͤſſen in dem wege legen/ nach-
mahl aber die voͤllige froͤliche poſt hoͤrte/ wie der him̃liſche Vater durch gnaͤdige er-
leuchtung E. Hochgraͤffl. Gnaden zu der warheit ſeines Evangelii ſeiner betraͤngten
kirchen eine neue freude erwecket/ und zur danckſagung urſach gegeben habe. Da-
hero auch billich ſeiner himmliſchen guͤte ſelbſten davor demuͤtigſt danck zuſagen
urſach gefunden habe. Nechſt dem erkuͤhne mich auch/ ob wohl ſonſten unbekant/
ſolche meine freude uͤber die E. Hochgraͤfl. Gnaden erwieſene himmliſche gnade
auch von derſelben ſelbs auszuſchuͤtten/ und mit gegenwaͤrtigen zeilen gehorſamſt
zubezeigen. Jch erkenne aber dasjenige/ das der HErr HErr an deroſelben/
und zugleich an unſrer kirchen gethan/ vor eine ſo viel hoͤhere wohlthat auff un-
terſchiedlichen urſachen. Zum aller forderſten ſehe ich billich deroſelben Hochgraͤfl.
familie an/ welcher der allerhoͤchſte/ gleich wie ſonſten von alters her ſo viel wohl-
thaten in dem weltlichen erzeiget/ und ſie hoch geſetzet/ alſo ſonderlich in dem ver-
gangenen ſeculo die gnade erwieſen/ daß nicht nur der werthe werckzeug der ſe-
ligen reformation Lutherus aus derſelben Graffſchafft entſprungen/ ſondern
auch dieſelbe bald vor ſo vielen andern gleiches ſtandes zu der ſeligen erkaͤntnuͤß
des reinen Evangelii durch die Goͤttl. guͤte gebracht worden iſt: Nach dem aber
die Goͤttliche verhaͤngniß zugegeben/ daß nicht nur ſo viele der Evangeliſch geblie-
benen Linien nach einander erloſchen/ daß alſo biß daher alles auff dem werthe-
ſten haupt des Hochgebohrnen Graffen HErrn Johann Georgen beruhet iſt/
ſondern hingegen die eine wiederum in etzliche abgetheilte Hochgraͤfl. linie von der
Roͤmiſchen kirchen durch gewoͤhnliche verleitung von ſolcher theuren erkaͤntnis ab-
gezogen worden/ welches wir billich mit hertzlichen betauren anzuſehen hatten
und haben/ ſo erkenne es billich vor eine ſo viel denckwuͤrdigere gutthat GOttes/
daß er an E. Hochgrl. Gnaden wiedrum einen ſeeligen anfang machet/ zuzeigen/
ſeine warheit ſey nicht unvermoͤgender/ die gemuͤther deren/ welche ihr nicht wie-
derſtreben/ wiedrum zu ruͤck zubringen/ als die perſvaſion en der wiedrigen maͤch-
tig ſind/ ihre irrthumen den jenigen beglaubt zu machen/ welche ſie ſonderlich mit
zeitlicher hoheit und gluͤckſeeligkeit begleitet vor ſich ſehen oder hoffen. Welches
auch dieſe neue conſideration giebet/ eine innigliche freude uͤber dero bekehrung
zuſchoͤpffen/ wann deroſelben ſtand und vorige condition keine ſorge laſſen/ daß
einige andre abſicht bey ſolcher aͤnderung geweſen ſeye/ ohne allein/ daß dieſelbe
dem Geiſt GOttes zu uͤberzeugung der lautern warheit bey ſich platz gegeben/ als
welche von derſelben in der welt keinen weitern vortheil/ ſondern vielmehr ver-
druß und/ durch entfremdung des nechſten angehoͤrigen/ nachtheil abzuſehen und
zu erwarten haben: da hingegen ob man ſich wohl allezeit der bekehrung eines jeg-
lichen aus der irre zu uns kommenden billich zu freuen hat/ dannoch dieſe freude
mehrmal ſehr verringert wird/ wo man ſich nicht nur eriñert der vielen exempel de-
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 737. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/755>, abgerufen am 23.06.2024. |