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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
die bösen zu tragen mit sanfftmuth/ und zu straffen die wider-
spenstige/
daß ich weder mit unzeitiger sanftmuth seelen versäumen noch mit un-
besonnenem oder eigensinnigem straffen das böse böser mache. Dieses bleibet mir
wol eines meiner vornehmsten anliegen: nachdem ich aber ie hertzlich gern will/
so wohl meine affecten zähmen/ wo die ehre des HErrn und der seelen heil einer
sanfftmuth erfordert/ als auch den undanck des härtern straffens eben nicht scheu-
en/ wo der wille GOttes dieses haben will/ so trage ich die kindliche zuversicht/
mein Himmlischer Vater werde seinem armen kinde auch in seiner einfallt so viel
weisheit geben als nöthig ist/ doch auffs wenigste/ ob ich auch zu meiner demüthi-
gung ein und andermal solte meiner fehler gewahr werden/ doch keinen seelen scha-
den zu meiner gäntzlichen niederwerffung gewahr werden müste. Jch kan gleich-
wohl bereits meinem Gott mit demüthigem danck preisen/ der mich auffs wenigste
diese wenige wochen über schon so viel erfahren lassen/ daß das wort/ so er durch
mich geredet/ in den hertzen einige überzeugung gewürcket/ und sie rege gemacht/
daß einige sich auch bereits darüber beschwehret gefunden/ aber bekennen müssen/
daß sie nichts aus Gottes wort dargegen einzuwenden wüsten; iedoch meynen/ sie
hätten solches auf diese weise noch nie so angesehen/ und gesorget/ Christi verdienst
werde allzu eng eingespannet: denen aber verhoffendlich gnug auch begegnet wor-
den: mir aber dieses schon lieb ist/ daß die hertzen nicht unempfindlich. Ja aus
unsers lieben Churfürsten mund sollen einige Cavalliers gehöret haben/ daß er ge-
sprochen/ er hätte nicht gemeynt/ daß ihm einer das hertz hätte sollen rühren können.
Nurist mir wol hertzlich leid/ daß der Herr so gar selten in Dresden/ sondern con-
tinu
irlich da und dorten auf dem lande ist: wie er dann in den 9. wochen/ als ich
hie bin/ nicht mehr als 4. mahl/ und schwerlich über ein paar tage/ hier gewesen/
gemeiniglich Samstag gekommen/ und Montags wieder weggereist. Daher er mich
allein 3. mahl gehöret/ weil ich das eine mahl aus unpäßlichkeit die predigt bestellet
hatte. Ach der HErr gebe mir sonderlich darinnen (nach seiner verheissung Apo-
stelgesch. 7. v. 10.) Weisheit vor ihm/ diese theure seele völlig zu gewinnen/ so
würde ein grosses gethan seyn. Nun wir wollen auch dieser stunde/ die er darzu
bestimmet haben wird/ und die gelegenheit darzu selbst zu machen/ oder den acker/
um den seligen saamen mit nutzen fassen zu können/ umzuackern weiß/ mit ge-
dult erwarten/ indessen beten und auff hoffnung arbeiten. Wie ich vor allem
sonderlich sothane gedult und ausharrende beständigkeit in der arbeit/ ob wohl der
segen sich nicht offenbahret/ von dem gütigen Vater desto mehr hoffe/ weil er mich
biß daher etlicher massen mit sothaner maasse begabet hat: daraus ich billich den
trost fasse/ daß der HErr auch in diesem ort seine hand nicht von mir abwenden
werde. Was vertraute freunde/ und zwar solche/ zu dero weisheit so wohl als treue
mich alles versehen könne/ anlangt/ wirds am schwersten mir deroselben hoffnung
zu machen/ und sehe ich noch darzu wenig ansehen. Solle mir auch etwas mein-
stens allhier gegen meinen Franckfurt schmertzlich und schwehr fallen/ so ists dieser

mangel:

Das ſechſte Capitel.
die boͤſen zu tragen mit ſanfftmuth/ und zu ſtraffen die wider-
ſpenſtige/
daß ich weder mit unzeitiger ſanftmuth ſeelen verſaͤumen noch mit un-
beſonnenem oder eigenſinnigem ſtraffen das boͤſe boͤſer mache. Dieſes bleibet mir
wol eines meiner vornehmſten anliegen: nachdem ich aber ie hertzlich gern will/
ſo wohl meine affecten zaͤhmen/ wo die ehre des HErrn und der ſeelen heil einer
ſanfftmuth erfordert/ als auch den undanck des haͤrtern ſtraffens eben nicht ſcheu-
en/ wo der wille GOttes dieſes haben will/ ſo trage ich die kindliche zuverſicht/
mein Himmliſcher Vater werde ſeinem armen kinde auch in ſeiner einfallt ſo viel
weisheit geben als noͤthig iſt/ doch auffs wenigſte/ ob ich auch zu meiner demuͤthi-
gung ein und andermal ſolte meiner fehler gewahr werden/ doch keinen ſeelen ſcha-
den zu meiner gaͤntzlichen niederwerffung gewahr werden muͤſte. Jch kan gleich-
wohl bereits meinem Gott mit demuͤthigem danck preiſen/ der mich auffs wenigſte
dieſe wenige wochen uͤber ſchon ſo viel erfahren laſſen/ daß das wort/ ſo er durch
mich geredet/ in den hertzen einige uͤberzeugung gewuͤrcket/ und ſie rege gemacht/
daß einige ſich auch bereits daruͤber beſchwehret gefunden/ aber bekennen muͤſſen/
daß ſie nichts aus Gottes wort dargegen einzuwenden wuͤſten; iedoch meynen/ ſie
haͤtten ſolches auf dieſe weiſe noch nie ſo angeſehen/ und geſorget/ Chriſti verdienſt
werde allzu eng eingeſpannet: denen aber verhoffendlich gnug auch begegnet wor-
den: mir aber dieſes ſchon lieb iſt/ daß die hertzen nicht unempfindlich. Ja aus
unſers lieben Churfuͤrſten mund ſollen einige Cavalliers gehoͤret haben/ daß er ge-
ſprochen/ er haͤtte nicht gemeynt/ daß ihm einer das hertz haͤtte ſollen ruͤhren koͤnnen.
Nuriſt mir wol hertzlich leid/ daß der Herr ſo gar ſelten in Dresden/ ſondern con-
tinu
irlich da und dorten auf dem lande iſt: wie er dann in den 9. wochen/ als ich
hie bin/ nicht mehr als 4. mahl/ und ſchwerlich uͤber ein paar tage/ hier geweſen/
gemeiniglich Samſtag gekom̃en/ und Montags wieder weggereiſt. Daher er mich
allein 3. mahl gehoͤret/ weil ich das eine mahl aus unpaͤßlichkeit die predigt beſtellet
hatte. Ach der HErr gebe mir ſonderlich darinnen (nach ſeiner verheiſſung Apo-
ſtelgeſch. 7. v. 10.) Weisheit vor ihm/ dieſe theure ſeele voͤllig zu gewinnen/ ſo
wuͤrde ein groſſes gethan ſeyn. Nun wir wollen auch dieſer ſtunde/ die er darzu
beſtimmet haben wird/ und die gelegenheit darzu ſelbſt zu machen/ oder den acker/
um den ſeligen ſaamen mit nutzen faſſen zu koͤnnen/ umzuackern weiß/ mit ge-
dult erwarten/ indeſſen beten und auff hoffnung arbeiten. Wie ich vor allem
ſonderlich ſothane gedult und ausharrende beſtaͤndigkeit in der arbeit/ ob wohl der
ſegen ſich nicht offenbahret/ von dem guͤtigen Vater deſto mehr hoffe/ weil er mich
biß daher etlicher maſſen mit ſothaner maaſſe begabet hat: daraus ich billich den
troſt faſſe/ daß der HErr auch in dieſem ort ſeine hand nicht von mir abwenden
werde. Was vertraute freunde/ und zwar ſolche/ zu dero weisheit ſo wohl als treue
mich alles verſehen koͤnne/ anlangt/ wirds am ſchwerſten mir deroſelben hoffnung
zu machen/ und ſehe ich noch darzu wenig anſehen. Solle mir auch etwas mein-
ſtens allhier gegen meinen Franckfurt ſchmertzlich und ſchwehr fallen/ ſo iſts dieſer

mangel:
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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 702. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/720>, abgerufen am 22.11.2024.