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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
SECTIO XV.

Als die Streitigkeiten zwischen Wittenberg und Helmstätt
wider schienen auffzuwachen. Trennung in unser kirchen zu verhü-
ten. Von Bischoff von
Thina. Gefahr der Römischen offerten zur ver-
einigung.
Tractat, mittel die ketzer zu bekehren. Ander scriptum
wieder das Papsthum. Meine arbeit wider D. Breving
immer unterbrochen.

WO nach gemachter hoffnung die streitigkeiten zwischen den benachbarten Uni-
versitäten durch beyderseits hohe obrigkeitliche inhibition sopi[rt] werde blei-
ben/ halte ichs vor ein grosses glück unser kirchen/ und ist man so wol solcher ho-
her häupter als dero vornehmer ministror[um] so dazu behülfflich/ treuer vorsorge und
Christlicher klugheit hertzl. und hohen danck schuldig. Mich hat aber fast erschrecket/
daß neulich aus eines vornehmen manes brieffe die sorge bekam/ ob würde daß allhier
sup[p]rimirte buch anderwerthlich und gar unter unsern widersachern (vielleicht
uns eben damit desto weher zuthun/ und das pomum Eridos rechtschaffen auszu-
werffen) wieder gedruckt: so ein grosses elend seyn würde/ und ich an die traurige fol-
gen nicht ohne wehmuth gedencken kan. Das ist gewiß/ daß der autor noch gantz
kürtzlich selbs kein exemplar gehabt/ sondern von einem/ bey dem er solches zu seyn
wußte dessen communication oder doch es nur durch einen stu[di]osum abschreiben
zu lassen/ gebeten/ so aber bescheiden abgelehnet worden. Der HErr sehe mit gnaden
unsere arme kirche an/ und gebe uns den H. Geist der liebe und des friedens/ ausser
welchen auch die habende wahrheit der lehr keine früchte bringen würde. Wir sind
ohn das ein sehr kleiner hauffe/ machen wir unter uns eine trennung/ so sind wir bald
vollends dahin: q[ui]a semper gravior in pau[c]itare jactura est, wie jener sagt.
Dieses ist dasjenige gewesen/ welches mich von der zeit an/ als ich nur etwas diese
dinge und den zustand unserer kirchen einzusehen angefangen/ am meisten betrübt/
daß viel auch deren die es redlich gemeinet/ consilia, auff solche dinge aus etwa über-
eilten eiffer gegangen/ die eine solche trennung nothwendig nach sich zie-
hen müßten: Da doch solches übel eines der gefährlichsten ist/ welche der kirchen be-
gegnen können/ und ich auch die trennung in der Reformation nicht gnugsamen zu
rechtfertigen wüßte/ wo es nicht um so viele grundwahrheiten zuthun gewesen/ und
diese von Rom aus verdammt/ hingegen den unsrigen die gewissens-freyheit darinnen
abgeschlagen worden. Wegen des Bischoffs von Thina geschäfft habe verlangt et-
was sicheres zu wissen/ aber noch nichts vergnüglichers bekommen. Einige nennten
mir ihn/ daß er ein Spinola und nuncius Aposto[l]icus wäre/ von andern höre/ daß
er ein Croat/ oder ein Jllyrier seye: Ein Päbstischer grosser Herr [r]ede[t]e mit mir nechst-

mahl
Das ſechſte Capitel.
SECTIO XV.

Als die Streitigkeiten zwiſchen Wittenberg und Helmſtaͤtt
wider ſchienen auffzuwachen. Trennung in unſer kirchen zu verhuͤ-
ten. Von Biſchoff von
Thina. Gefahr der Roͤmiſchen offerten zur ver-
einigung.
Tractat, mittel die ketzer zu bekehren. Ander ſcriptum
wieder das Papſthum. Meine arbeit wider D. Breving
immer unterbrochen.

WO nach gemachter hoffnung die ſtreitigkeiten zwiſchen den benachbaꝛten Uni-
verſitaͤten durch beyderſeits hohe obrigkeitliche inhibition ſopi[rt] werde blei-
ben/ halte ichs vor ein groſſes gluͤck unſer kirchen/ und iſt man ſo wol ſolcher ho-
her haͤupter als dero vornehmer miniſtror[um] ſo dazu behuͤlfflich/ treuer vorſorge uñ
Chriſtlicher klugheit hertzl. und hohen danck ſchuldig. Mich hat aber faſt erſchrecket/
daß neulich aus eines vornehmen manes brieffe die ſorge bekam/ ob wuͤrde daß allhieꝛ
ſup[p]rimirte buch anderwerthlich und gar unter unſern widerſachern (vielleicht
uns eben damit deſto weher zuthun/ und das pomum Eridos rechtſchaffen auszu-
werffen) wieder gedruckt: ſo ein groſſes elend ſeyn wuͤrde/ und ich an die traurige fol-
gen nicht ohne wehmuth gedencken kan. Das iſt gewiß/ daß der autor noch gantz
kuͤrtzlich ſelbs kein exemplar gehabt/ ſondern von einem/ bey dem er ſolches zu ſeyn
wußte deſſen communication oder doch es nur durch einen ſtu[di]oſum abſchreiben
zu laſſen/ gebeten/ ſo aber beſcheiden abgelehnet worden. Der HErr ſehe mit gnaden
unſere arme kirche an/ und gebe uns den H. Geiſt der liebe und des friedens/ auſſer
welchen auch die habende wahrheit der lehr keine fruͤchte bringen wuͤrde. Wir ſind
ohn das ein ſehr kleiner hauffe/ machen wir unter uns eine trennung/ ſo ſind wir bald
vollends dahin: q[ui]a ſemper gravior in pau[c]itare jactura eſt, wie jener ſagt.
Dieſes iſt dasjenige geweſen/ welches mich von der zeit an/ als ich nur etwas dieſe
dinge und den zuſtand unſerer kirchen einzuſehen angefangen/ am meiſten betruͤbt/
daß viel auch deren die es redlich gemeinet/ conſilia, auff ſolche dinge aus etwa uͤber-
eilten eiffer gegangen/ die eine ſolche trennung nothwendig nach ſich zie-
hen muͤßten: Da doch ſolches uͤbel eines der gefaͤhrlichſten iſt/ welche der kirchen be-
gegnen koͤnnen/ und ich auch die trennung in der Reformation nicht gnugſamen zu
rechtfertigen wuͤßte/ wo es nicht um ſo viele grundwahrheiten zuthun geweſen/ und
dieſe von Rom aus verdam̃t/ hingegen den unſrigen die gewiſſens-freyheit darinnen
abgeſchlagen worden. Wegen des Biſchoffs von Thina geſchaͤfft habe verlangt et-
was ſicheres zu wiſſen/ aber noch nichts vergnuͤglichers bekommen. Einige nennten
mir ihn/ daß er ein Spinola und nuncius Apoſto[l]icus waͤre/ von andern hoͤre/ daß
er ein Croat/ oder ein Jllyrier ſeye: Ein Paͤbſtiſcher groſſer Herr [r]ede[t]e mit mir nechſt-

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[570/0588] Das ſechſte Capitel. SECTIO XV. Als die Streitigkeiten zwiſchen Wittenberg und Helmſtaͤtt wider ſchienen auffzuwachen. Trennung in unſer kirchen zu verhuͤ- ten. Von Biſchoff von Thina. Gefahr der Roͤmiſchen offerten zur ver- einigung. Tractat, mittel die ketzer zu bekehren. Ander ſcriptum wieder das Papſthum. Meine arbeit wider D. Breving immer unterbrochen. WO nach gemachter hoffnung die ſtreitigkeiten zwiſchen den benachbaꝛten Uni- verſitaͤten durch beyderſeits hohe obrigkeitliche inhibition ſopirt werde blei- ben/ halte ichs vor ein groſſes gluͤck unſer kirchen/ und iſt man ſo wol ſolcher ho- her haͤupter als dero vornehmer miniſtrorum ſo dazu behuͤlfflich/ treuer vorſorge uñ Chriſtlicher klugheit hertzl. und hohen danck ſchuldig. Mich hat aber faſt erſchrecket/ daß neulich aus eines vornehmen manes brieffe die ſorge bekam/ ob wuͤrde daß allhieꝛ ſupprimirte buch anderwerthlich und gar unter unſern widerſachern (vielleicht uns eben damit deſto weher zuthun/ und das pomum Eridos rechtſchaffen auszu- werffen) wieder gedruckt: ſo ein groſſes elend ſeyn wuͤrde/ und ich an die traurige fol- gen nicht ohne wehmuth gedencken kan. Das iſt gewiß/ daß der autor noch gantz kuͤrtzlich ſelbs kein exemplar gehabt/ ſondern von einem/ bey dem er ſolches zu ſeyn wußte deſſen communication oder doch es nur durch einen ſtudioſum abſchreiben zu laſſen/ gebeten/ ſo aber beſcheiden abgelehnet worden. Der HErr ſehe mit gnaden unſere arme kirche an/ und gebe uns den H. Geiſt der liebe und des friedens/ auſſer welchen auch die habende wahrheit der lehr keine fruͤchte bringen wuͤrde. Wir ſind ohn das ein ſehr kleiner hauffe/ machen wir unter uns eine trennung/ ſo ſind wir bald vollends dahin: quia ſemper gravior in paucitare jactura eſt, wie jener ſagt. Dieſes iſt dasjenige geweſen/ welches mich von der zeit an/ als ich nur etwas dieſe dinge und den zuſtand unſerer kirchen einzuſehen angefangen/ am meiſten betruͤbt/ daß viel auch deren die es redlich gemeinet/ conſilia, auff ſolche dinge aus etwa uͤber- eilten eiffer gegangen/ die eine ſolche trennung nothwendig nach ſich zie- hen muͤßten: Da doch ſolches uͤbel eines der gefaͤhrlichſten iſt/ welche der kirchen be- gegnen koͤnnen/ und ich auch die trennung in der Reformation nicht gnugſamen zu rechtfertigen wuͤßte/ wo es nicht um ſo viele grundwahrheiten zuthun geweſen/ und dieſe von Rom aus verdam̃t/ hingegen den unſrigen die gewiſſens-freyheit darinnen abgeſchlagen worden. Wegen des Biſchoffs von Thina geſchaͤfft habe verlangt et- was ſicheres zu wiſſen/ aber noch nichts vergnuͤglichers bekommen. Einige nennten mir ihn/ daß er ein Spinola und nuncius Apoſtolicus waͤre/ von andern hoͤre/ daß er ein Croat/ oder ein Jllyrier ſeye: Ein Paͤbſtiſcher groſſer Herr redete mit mir nechſt- mahl

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/588>, abgerufen am 21.11.2024.