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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. I. DISTINCT. III. SECTIO XLIV.
scrupuli benommen/ so lasse ich die sache dahin gestellet/ auf desselben eigene ver-
antwortung/ weil ich nichts weiters dabey zu thun weiß.

Joachimi Betkii gedächtnüß habe ich von der zeit geehret/ als ich seine
pensionem Christianismi und mysterium crucis gelesen. Mit Herm. Jun-
gio,
von dem mir so viel liebe freunde gutes gerühmet/ habe selbst durch schreiben
freundschafft gemacht/ und hätte deroselben länger zu geniessen gewünschet. Es
ist aber gleichwol derselbige biß in seinen todt in dem Ministerio geblieben.

Von Gifftheilen kan nicht urtheilen/ aber habe aus seinem mir vor dem
geschickten einigen gedruckten bogen nicht das wenigste sehen können/ daß ein son-
derbahres göttliches liecht bey ihm gewesen/ doch leugne nicht/ daß wol etwas seyn
können/ daß ich nicht erkenne. Eben gleiches muß auch sagen von Bartel Trap-
pen.
Doch enthalte mich in zweiffelhafftigen dingen des rechtens gern/ wie auch
schuldig bin/ damit mich nicht gefährlich in unwissenheit verstosse. Deßwegen
Q. Kuhlmanns meine entschuldigung wohl aufgenommen/ ist mir lieb gewesen-
Und wünsche ich hertzlich/ daß der HErr dem mann möge bißher mehr gnade gege-
ben/ und er sie treulich angenommen habe/ aus dem nebens weg auf die richtige
strasse zu kommen/ und ein gesegneter werckzeug des HErren zu werden.

Wegen Jacob Böhmen bleibe ich immer in meinem vorigen/ daß ich ihn we-
der annehmen noch verwerffen kan/ und habe schon offtmahls von hertzen gewün-
schet/ daß GOtt einem recht-gründlich und in seiner gnade gelehrlen/ auch seines
Geistes regierung gelassenen mann erwecken wolte/ der dieselbe schrifften also prüf-
fete und erkennete/ daß er der Christlichen kirchen auf eine solche weise vor augen le-
gen könte/ ob warheit oder falschheit in seiner lehr seye/ daß jeder frommer Christ/
dem solches zuverstehen angelegen wäre/ mit versicherung und überzeugung sei-
nes hertzens wüste/ was er davon zuhalten hätte. Wie ich selbs auch vor
mich ein solches verlangte. Denn was ich bißher gegen ihn gesehen/
ist mir allemahl noch zu schwach vorgekommen/ ihn zu verdammen/ und
hat mich in einen und andern stücken gedeucht/ er möchte nicht recht ge-
fasst worden seyn. Was mir aber bißher auch vorgebracht worden von denen/ die
ihn lieben/ war mir noch vielweniger genug zu des gewissens beruhigung/ ihn als
einen lehrer aus GOTT anzunehmen. Daher ich es dabey bleiben lasse/ daß ich
warte/ was GOTT noch thun/ und durch einen theuren rüstzeug offenbahren
wird/ aus welchem geist jener geschrieben/ in dessen rathe ich allen/ die meines
raths sich. brauchen wollen/ mit solchen schrifften noch unverworren zu seyn/ weil
sie auffs wenigste an der heiligen und unzweiffenlichen schrifften der Propheten und
Apostel genug haben/ und versichert seyn können/ sie bedörffen entweder jener
schrifften nicht/ oder der HERR werde sie selbst dazu führen/ wo sie ihm erstlich
treu und danckbahr vor die in jenen erzeigte gnade werden worden seyn. Jch hö-

re
Sss 3

ARTIC. I. DISTINCT. III. SECTIO XLIV.
ſcrupuli benommen/ ſo laſſe ich die ſache dahin geſtellet/ auf deſſelben eigene ver-
antwortung/ weil ich nichts weiters dabey zu thun weiß.

Joachimi Betkii gedaͤchtnuͤß habe ich von der zeit geehret/ als ich ſeine
penſionem Chriſtianismi und myſterium crucis geleſen. Mit Herm. Jun-
gio,
von dem mir ſo viel liebe freunde gutes geruͤhmet/ habe ſelbſt durch ſchreiben
freundſchafft gemacht/ und haͤtte deroſelben laͤnger zu genieſſen gewuͤnſchet. Es
iſt aber gleichwol derſelbige biß in ſeinen todt in dem Miniſterio geblieben.

Von Gifftheilen kan nicht urtheilen/ aber habe aus ſeinem mir vor dem
geſchickten einigen gedruckten bogen nicht das wenigſte ſehen koͤnnen/ daß ein ſon-
derbahres goͤttliches liecht bey ihm geweſen/ doch leugne nicht/ daß wol etwas ſeyn
koͤnnen/ daß ich nicht erkenne. Eben gleiches muß auch ſagen von Bartel Trap-
pen.
Doch enthalte mich in zweiffelhafftigen dingen des rechtens gern/ wie auch
ſchuldig bin/ damit mich nicht gefaͤhrlich in unwiſſenheit verſtoſſe. Deßwegen
Q. Kuhlmanns meine entſchuldigung wohl aufgenommen/ iſt mir lieb geweſen-
Und wuͤnſche ich hertzlich/ daß der HErr dem mann moͤge bißher mehr gnade gege-
ben/ und er ſie treulich angenommen habe/ aus dem nebens weg auf die richtige
ſtraſſe zu kommen/ und ein geſegneter werckzeug des HErren zu werden.

Wegen Jacob Boͤhmen bleibe ich im̃er in meinem vorigen/ daß ich ihn we-
der annehmen noch verwerffen kan/ und habe ſchon offtmahls von hertzen gewuͤn-
ſchet/ daß GOtt einem recht-gruͤndlich und in ſeiner gnade gelehrlen/ auch ſeines
Geiſtes regierung gelaſſenen mann erwecken wolte/ der dieſelbe ſchrifften alſo pruͤf-
fete und erkennete/ daß er der Chriſtlichen kirchen auf eine ſolche weiſe vor augen le-
gen koͤnte/ ob warheit oder falſchheit in ſeiner lehr ſeye/ daß jeder frommer Chriſt/
dem ſolches zuverſtehen angelegen waͤre/ mit verſicherung und uͤberzeugung ſei-
nes hertzens wuͤſte/ was er davon zuhalten haͤtte. Wie ich ſelbs auch vor
mich ein ſolches verlangte. Denn was ich bißher gegen ihn geſehen/
iſt mir allemahl noch zu ſchwach vorgekommen/ ihn zu verdammen/ und
hat mich in einen und andern ſtuͤcken gedeucht/ er moͤchte nicht recht ge-
faſſt worden ſeyn. Was mir aber bißher auch vorgebracht worden von denen/ die
ihn lieben/ war mir noch vielweniger genug zu des gewiſſens beruhigung/ ihn als
einen lehrer aus GOTT anzunehmen. Daher ich es dabey bleiben laſſe/ daß ich
warte/ was GOTT noch thun/ und durch einen theuren ruͤſtzeug offenbahren
wird/ aus welchem geiſt jener geſchrieben/ in deſſen rathe ich allen/ die meines
raths ſich. brauchen wollen/ mit ſolchen ſchrifften noch unverworren zu ſeyn/ weil
ſie auffs wenigſte an der heiligen und unzweiffenlichen ſchrifften der Propheten und
Apoſtel genug haben/ und verſichert ſeyn koͤnnen/ ſie bedoͤrffen entweder jener
ſchrifften nicht/ oder der HERR werde ſie ſelbſt dazu fuͤhren/ wo ſie ihm erſtlich
treu und danckbahr vor die in jenen erzeigte gnade werden worden ſeyn. Jch hoͤ-

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Sſſ 3
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[509/0527] ARTIC. I. DISTINCT. III. SECTIO XLIV. ſcrupuli benommen/ ſo laſſe ich die ſache dahin geſtellet/ auf deſſelben eigene ver- antwortung/ weil ich nichts weiters dabey zu thun weiß. Joachimi Betkii gedaͤchtnuͤß habe ich von der zeit geehret/ als ich ſeine penſionem Chriſtianismi und myſterium crucis geleſen. Mit Herm. Jun- gio, von dem mir ſo viel liebe freunde gutes geruͤhmet/ habe ſelbſt durch ſchreiben freundſchafft gemacht/ und haͤtte deroſelben laͤnger zu genieſſen gewuͤnſchet. Es iſt aber gleichwol derſelbige biß in ſeinen todt in dem Miniſterio geblieben. Von Gifftheilen kan nicht urtheilen/ aber habe aus ſeinem mir vor dem geſchickten einigen gedruckten bogen nicht das wenigſte ſehen koͤnnen/ daß ein ſon- derbahres goͤttliches liecht bey ihm geweſen/ doch leugne nicht/ daß wol etwas ſeyn koͤnnen/ daß ich nicht erkenne. Eben gleiches muß auch ſagen von Bartel Trap- pen. Doch enthalte mich in zweiffelhafftigen dingen des rechtens gern/ wie auch ſchuldig bin/ damit mich nicht gefaͤhrlich in unwiſſenheit verſtoſſe. Deßwegen Q. Kuhlmanns meine entſchuldigung wohl aufgenommen/ iſt mir lieb geweſen- Und wuͤnſche ich hertzlich/ daß der HErr dem mann moͤge bißher mehr gnade gege- ben/ und er ſie treulich angenommen habe/ aus dem nebens weg auf die richtige ſtraſſe zu kommen/ und ein geſegneter werckzeug des HErren zu werden. Wegen Jacob Boͤhmen bleibe ich im̃er in meinem vorigen/ daß ich ihn we- der annehmen noch verwerffen kan/ und habe ſchon offtmahls von hertzen gewuͤn- ſchet/ daß GOtt einem recht-gruͤndlich und in ſeiner gnade gelehrlen/ auch ſeines Geiſtes regierung gelaſſenen mann erwecken wolte/ der dieſelbe ſchrifften alſo pruͤf- fete und erkennete/ daß er der Chriſtlichen kirchen auf eine ſolche weiſe vor augen le- gen koͤnte/ ob warheit oder falſchheit in ſeiner lehr ſeye/ daß jeder frommer Chriſt/ dem ſolches zuverſtehen angelegen waͤre/ mit verſicherung und uͤberzeugung ſei- nes hertzens wuͤſte/ was er davon zuhalten haͤtte. Wie ich ſelbs auch vor mich ein ſolches verlangte. Denn was ich bißher gegen ihn geſehen/ iſt mir allemahl noch zu ſchwach vorgekommen/ ihn zu verdammen/ und hat mich in einen und andern ſtuͤcken gedeucht/ er moͤchte nicht recht ge- faſſt worden ſeyn. Was mir aber bißher auch vorgebracht worden von denen/ die ihn lieben/ war mir noch vielweniger genug zu des gewiſſens beruhigung/ ihn als einen lehrer aus GOTT anzunehmen. Daher ich es dabey bleiben laſſe/ daß ich warte/ was GOTT noch thun/ und durch einen theuren ruͤſtzeug offenbahren wird/ aus welchem geiſt jener geſchrieben/ in deſſen rathe ich allen/ die meines raths ſich. brauchen wollen/ mit ſolchen ſchrifften noch unverworren zu ſeyn/ weil ſie auffs wenigſte an der heiligen und unzweiffenlichen ſchrifften der Propheten und Apoſtel genug haben/ und verſichert ſeyn koͤnnen/ ſie bedoͤrffen entweder jener ſchrifften nicht/ oder der HERR werde ſie ſelbſt dazu fuͤhren/ wo ſie ihm erſtlich treu und danckbahr vor die in jenen erzeigte gnade werden worden ſeyn. Jch hoͤ- re Sſſ 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/527>, abgerufen am 22.11.2024.