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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
chior Stengern/ als Autore der schrifften/ darüber Wir befraget werden/ ei-
nen solchen mann/ auff den wir anders her einiger falschen religion argwohn mit
recht nicht werffen können/ als der von seinen ausser allen zweiffel allezeit vor or-
thodox
erkandten/ und um die kirche wohlverdienten Herrn vater/ so dann al-
ler orthen/ so viel uns wissend/ von lauter reinen lehrern und Praeceptoribus in
der Theologi unterrichtet worden/ ausdrücklich [als Einschärf. p. 44. 46. und an-
derswo] sich auff von uns vor rechtgläubig erkandte Academien berufft/ und
öffentlich zu unsern Symbolischen büchern sich bekennet: Hingegen selbst in diesen
schrifften mit nahmentlicher verwerffung der irrgläuben der Calvinisten oder
Reformirten [p. 78. 106. 107. Einschärff p. 32.] Papisten. [p. 349. Einschärff.
p. 16.] Photinianer [p. 233.] und Wiedertäuffer [p. 349.] sich von deroselben ge-
meinden und lehrern absondert; Da wir gantz ohnläugbare argumenta haben
müssen; wo wir wider seine bekäntnüß eine gemeinschafft mit jener lehr bey ihm
vermuthen solten: Ja es richtet diese bemerckung so viel aus/ daß auch diejenigen
irrthum wo er sich verstossen und von der richtigen glaubens- und redens regel/ ab-
gewichen zuseyn befunden werden mag/ nicht vor boßhafftige irrthum/ damit er sich
solcher falschgläubigen kirchen theilhafftig gemacht/ hingegen von uns abgetreten
were; sondern vor menschliche fehler/ da er aus übersehen und übereilung unwis-
send in seiner kirchen lehr angestossen habe/ zu achten sind. Nach dem haben wir
auch aus ablesung der schrifft insgesamt nicht anders spühren und abnehmen kön-
nen/ als einen hertzlichen eyfer vor GOttes ehre und der gemeinde erbauung. Es
ist ja freylich leider dahin kommen/ da der teuffel gesehen/ daß er mit einführung
falscher lehr/ an vielen orthen nicht durchdringen kan/ sondern die wahrheit der lehr
bißher zur gnüge und also behauptet ist worden/ daß sie gegen ihre feinde siegreich tri-
umphir
et/ und wir nicht sorgen dörffen/ daß jemand wer nur will das geschriebe-
ne lesen/ aus mangel unterrichts/ und wegen noch einiger nicht gnugsam beantwor-
teter zweiffel zu falscher religion abzutreten werde ursache finden: Hat ers auff an-
dere weise anzugreiffen/ nach seiner list nothwendig erachtet/ wie nemlich er den je-
nigen/ die eigenlich keinen glaubens irrthum nicht haben/ sondern bey der kirchen
leben und derselben beypflichten/ deren lehre gegen alle anderwertige gnugsam be-
stetiget ist; (ob wol deren viel von solcher ihrer kirchen lehr leider sehr wenig wis-
sen) ein solches Christenthum wider ihre eigene bekäntnüß beybrächte/ welches
nur in ruhm des wort glaubens eusserlichen heulerischen GOttesdienst und etlicher
massen erbahren leben bestehe: Da gleichwol in Christo JEsu/ ein rechtschaffenes
wesen seyn solle. Eph. 4. und solche leute weder von glauben noch dessen wahren
früchten mehr/ als den nahmen und eitelen ruhm haben. Denn da weiß der tau-
sendkünstler/ daß er wo er solches erhält/ eben so viel als er durch falsche lehr zur ver-
damnüß bringen möge. Es ist auch nicht zu läugnen/ daß der arge feind nicht we-
nig damit zur hellen gerissen: Hingegen aber viel eiferige und GOttes gelehrte

männer

Das ſechſte Capitel.
chior Stengern/ als Autore der ſchrifften/ daruͤber Wir befraget werden/ ei-
nen ſolchen mann/ auff den wir anders her einiger falſchen religion argwohn mit
recht nicht werffen koͤnnen/ als der von ſeinen auſſer allen zweiffel allezeit vor or-
thodox
erkandten/ und um die kirche wohlverdienten Herrn vater/ ſo dann al-
ler orthen/ ſo viel uns wiſſend/ von lauter reinen lehrern und Præceptoribus in
der Theologi unterrichtet worden/ ausdruͤcklich [als Einſchaͤrf. p. 44. 46. und an-
derswo] ſich auff von uns vor rechtglaͤubig erkandte Academien berufft/ und
oͤffentlich zu unſern Symboliſchen buͤchern ſich bekennet: Hingegen ſelbſt in dieſen
ſchrifften mit nahmentlicher verwerffung der irrglaͤuben der Calviniſten oder
Reformirten [p. 78. 106. 107. Einſchaͤrff p. 32.] Papiſten. [p. 349. Einſchaͤrff.
p. 16.] Photinianer [p. 233.] und Wiedertaͤuffer [p. 349.] ſich von deroſelben ge-
meinden und lehrern abſondert; Da wir gantz ohnlaͤugbare argumenta haben
muͤſſen; wo wir wider ſeine bekaͤntnuͤß eine gemeinſchafft mit jener lehr bey ihm
vermuthen ſolten: Ja es richtet dieſe bemerckung ſo viel aus/ daß auch diejenigen
irrthum wo er ſich verſtoſſen und von der richtigen glaubens- und redens regel/ ab-
gewichen zuſeyn befunden werden mag/ nicht vor boßhafftige irrthum/ damit er ſich
ſolcher falſchglaͤubigen kirchen theilhafftig gemacht/ hingegen von uns abgetreten
were; ſondern vor menſchliche fehler/ da er aus uͤberſehen und uͤbereilung unwiſ-
ſend in ſeiner kirchen lehr angeſtoſſen habe/ zu achten ſind. Nach dem haben wir
auch aus ableſung der ſchrifft insgeſamt nicht anders ſpuͤhren und abnehmen koͤn-
nen/ als einen hertzlichen eyfer vor GOttes ehre und der gemeinde erbauung. Es
iſt ja freylich leider dahin kommen/ da der teuffel geſehen/ daß er mit einfuͤhrung
falſcher lehr/ an vielen orthen nicht durchdringen kan/ ſondern die wahrheit der lehr
bißher zur gnuͤge uñ alſo behauptet iſt worden/ daß ſie gegen ihre feinde ſiegreich tri-
umphir
et/ und wir nicht ſorgen doͤrffen/ daß jemand wer nur will das geſchriebe-
ne leſen/ aus mangel unterrichts/ und wegen noch einiger nicht gnugſam beantwor-
teter zweiffel zu falſcher religion abzutreten werde urſache finden: Hat ers auff an-
dere weiſe anzugreiffen/ nach ſeiner liſt nothwendig erachtet/ wie nemlich er den je-
nigen/ die eigenlich keinen glaubens irrthum nicht haben/ ſondern bey der kirchen
leben und derſelben beypflichten/ deren lehre gegen alle anderwertige gnugſam be-
ſtetiget iſt; (ob wol deren viel von ſolcher ihrer kirchen lehr leider ſehr wenig wiſ-
ſen) ein ſolches Chriſtenthum wider ihre eigene bekaͤntnuͤß beybraͤchte/ welches
nur in ruhm des wort glaubens euſſerlichen heuleriſchen GOttesdienſt und etlicher
maſſen erbahren leben beſtehe: Da gleichwol in Chriſto JEſu/ ein rechtſchaffenes
weſen ſeyn ſolle. Eph. 4. und ſolche leute weder von glauben noch deſſen wahren
fruͤchten mehr/ als den nahmen und eitelen ruhm haben. Denn da weiß der tau-
ſendkuͤnſtler/ daß er wo er ſolches erhaͤlt/ eben ſo viel als er durch falſche lehr zur ver-
damnuͤß bringen moͤge. Es iſt auch nicht zu laͤugnen/ daß der arge feind nicht we-
nig damit zur hellen geriſſen: Hingegen aber viel eiferige und GOttes gelehrte

maͤnner
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[18/0036] Das ſechſte Capitel. chior Stengern/ als Autore der ſchrifften/ daruͤber Wir befraget werden/ ei- nen ſolchen mann/ auff den wir anders her einiger falſchen religion argwohn mit recht nicht werffen koͤnnen/ als der von ſeinen auſſer allen zweiffel allezeit vor or- thodox erkandten/ und um die kirche wohlverdienten Herrn vater/ ſo dann al- ler orthen/ ſo viel uns wiſſend/ von lauter reinen lehrern und Præceptoribus in der Theologi unterrichtet worden/ ausdruͤcklich [als Einſchaͤrf. p. 44. 46. und an- derswo] ſich auff von uns vor rechtglaͤubig erkandte Academien berufft/ und oͤffentlich zu unſern Symboliſchen buͤchern ſich bekennet: Hingegen ſelbſt in dieſen ſchrifften mit nahmentlicher verwerffung der irrglaͤuben der Calviniſten oder Reformirten [p. 78. 106. 107. Einſchaͤrff p. 32.] Papiſten. [p. 349. Einſchaͤrff. p. 16.] Photinianer [p. 233.] und Wiedertaͤuffer [p. 349.] ſich von deroſelben ge- meinden und lehrern abſondert; Da wir gantz ohnlaͤugbare argumenta haben muͤſſen; wo wir wider ſeine bekaͤntnuͤß eine gemeinſchafft mit jener lehr bey ihm vermuthen ſolten: Ja es richtet dieſe bemerckung ſo viel aus/ daß auch diejenigen irrthum wo er ſich verſtoſſen und von der richtigen glaubens- und redens regel/ ab- gewichen zuſeyn befunden werden mag/ nicht vor boßhafftige irrthum/ damit er ſich ſolcher falſchglaͤubigen kirchen theilhafftig gemacht/ hingegen von uns abgetreten were; ſondern vor menſchliche fehler/ da er aus uͤberſehen und uͤbereilung unwiſ- ſend in ſeiner kirchen lehr angeſtoſſen habe/ zu achten ſind. Nach dem haben wir auch aus ableſung der ſchrifft insgeſamt nicht anders ſpuͤhren und abnehmen koͤn- nen/ als einen hertzlichen eyfer vor GOttes ehre und der gemeinde erbauung. Es iſt ja freylich leider dahin kommen/ da der teuffel geſehen/ daß er mit einfuͤhrung falſcher lehr/ an vielen orthen nicht durchdringen kan/ ſondern die wahrheit der lehr bißher zur gnuͤge uñ alſo behauptet iſt worden/ daß ſie gegen ihre feinde ſiegreich tri- umphiret/ und wir nicht ſorgen doͤrffen/ daß jemand wer nur will das geſchriebe- ne leſen/ aus mangel unterrichts/ und wegen noch einiger nicht gnugſam beantwor- teter zweiffel zu falſcher religion abzutreten werde urſache finden: Hat ers auff an- dere weiſe anzugreiffen/ nach ſeiner liſt nothwendig erachtet/ wie nemlich er den je- nigen/ die eigenlich keinen glaubens irrthum nicht haben/ ſondern bey der kirchen leben und derſelben beypflichten/ deren lehre gegen alle anderwertige gnugſam be- ſtetiget iſt; (ob wol deren viel von ſolcher ihrer kirchen lehr leider ſehr wenig wiſ- ſen) ein ſolches Chriſtenthum wider ihre eigene bekaͤntnuͤß beybraͤchte/ welches nur in ruhm des wort glaubens euſſerlichen heuleriſchen GOttesdienſt und etlicher maſſen erbahren leben beſtehe: Da gleichwol in Chriſto JEſu/ ein rechtſchaffenes weſen ſeyn ſolle. Eph. 4. und ſolche leute weder von glauben noch deſſen wahren fruͤchten mehr/ als den nahmen und eitelen ruhm haben. Denn da weiß der tau- ſendkuͤnſtler/ daß er wo er ſolches erhaͤlt/ eben ſo viel als er durch falſche lehr zur ver- damnuͤß bringen moͤge. Es iſt auch nicht zu laͤugnen/ daß der arge feind nicht we- nig damit zur hellen geriſſen: Hingegen aber viel eiferige und GOttes gelehrte maͤnner

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/36>, abgerufen am 18.12.2024.