Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

Bild:
<< vorherige Seite

Das sechste Capitel.
zugeschehen und getrieben zu werden nicht zweiffle/ sondern die meldende christli-
che unterredungen dahin gemeinet zu seyn erachte. Wie es denn freylich an de-
ne/ das alles unser suchen und forschen in der Schrifft nichts seyn würde/ wo wir
nur wolten das jenige suchen/ daß wir die wahrheit wüsten/ ohne begierde auch
in derselben zu wandeln/ und also unser gantzes leben nach dem exempel dessen/ der
der weg/ die wahrheit/ und das leben selbst ist/ anzustellen. Haben wir aber sol-
ches hertzliche vornehmen/ und pflantzen in betrachtung und handlung der wahren
lehre/ so hievon in dem Neuen Testament enthalten ist/ diesen guten samen in un-
ser und anderer hertzen/ so sind alsdann die brüderliche erinnerungen/ da jeglicher aus
liebe neben sich auch auff den andern acht gibt/ und ihn zugleich zubesseren sucht
das nutzlichste begiessen. Auff welches auch der segen von oben herab nicht wird
aussen bleiben. Jch bin aber der gäntzlichen zuversicht/ daß alles dieses ohne mich
bereits gnug von E. Wol Ehrw. und dero freunden getrieben werde/ und auff
solchen zweck ihre gantze übung gerichtet seye; Doch habe nicht unterlassen wol-
len/ auff freundliches ansinnen solche meine wenige gedancken mit zu übersenden/
und auffs wenigste zuzeigen/ das auff gleiches absehen auch zwecke/ ob sie auch dar-
durch so vielmehr gestärcket werden könten. Wie ich von mir bekenne/ daß ich al-
lezeit auffs neue mich bekräfftigter fühle/ so offt von andern christlichen brüdern de-
roselben consensum vernehme/ in dingen worinnen ich einige erbauung gesuchet
möchte haben. Wo mit dann schliesse und nochmahln den Vater alles guten von
hertzen und inbrünstig anruffe/ daß er aller orten/ und sonderlich auch bey ihnen/ in
ihrer gottseligen übung seinen nahmen ferner geheiliget/ sein reich erweitert
und fester gegründet/ und seinen würdigsten willen kräfftig vollbracht wolle
lassen werden. Er gebe euch (Eph. 3.) krafft nach dem reichthum seiner
herrligkeit/ starck zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen
menschen/ und Christum zu wohnen durch den glauben in
euren hertzen/ und durch die liebe eingewurtzelt und gegründet wer-
den/ auff daß ihr begreiffen möget mit allen heiligen/ welches da seye
die breite/ und die länge/ und die tieffe/ und die höhe/ auch erkennen/
daß Christum liebhaben viel besser ist als alles wissen/ auff daß ihr
erfüllet werdet mit allerley GOttes fülle. Dem aber/ der über
schwenglich thun kan über alles/ das wir bitten oder verstehen/
nach der krafft/ die da in uns wircket/ dem seye ehr in der gemei-
ne/ die in Christo Jesu ist/ zu aller zeit/ von ewigkeit zu ewigkeit. A-
men. 10. Aug. 1675.

SECT.

Das ſechſte Capitel.
zugeſchehen und getrieben zu werden nicht zweiffle/ ſondern die meldende chriſtli-
che unterredungen dahin gemeinet zu ſeyn erachte. Wie es denn freylich an de-
ne/ das alles unſer ſuchen und forſchen in der Schrifft nichts ſeyn wuͤrde/ wo wir
nur wolten das jenige ſuchen/ daß wir die wahrheit wuͤſten/ ohne begierde auch
in derſelben zu wandeln/ und alſo unſer gantzes leben nach dem exempel deſſen/ der
der weg/ die wahrheit/ und das leben ſelbſt iſt/ anzuſtellen. Haben wir aber ſol-
ches hertzliche vornehmen/ und pflantzen in betrachtung und handlung der wahren
lehre/ ſo hievon in dem Neuen Teſtament enthalten iſt/ dieſen guten ſamen in un-
ſer und anderer hertzen/ ſo ſind alsdañ die bruͤderliche erinnerungen/ da jeglicher aus
liebe neben ſich auch auff den andern acht gibt/ und ihn zugleich zubeſſeren ſucht
das nutzlichſte begieſſen. Auff welches auch der ſegen von oben herab nicht wird
auſſen bleiben. Jch bin aber der gaͤntzlichen zuverſicht/ daß alles dieſes ohne mich
bereits gnug von E. Wol Ehrw. und dero freunden getrieben werde/ und auff
ſolchen zweck ihre gantze uͤbung gerichtet ſeye; Doch habe nicht unterlaſſen wol-
len/ auff freundliches anſinnen ſolche meine wenige gedancken mit zu uͤberſenden/
und auffs wenigſte zuzeigen/ das auff gleiches abſehen auch zwecke/ ob ſie auch dar-
durch ſo vielmehr geſtaͤrcket werden koͤnten. Wie ich von mir bekenne/ daß ich al-
lezeit auffs neue mich bekraͤfftigter fuͤhle/ ſo offt von andern chriſtlichen bruͤdern de-
roſelben conſenſum vernehme/ in dingen worinnen ich einige erbauung geſuchet
moͤchte haben. Wo mit dann ſchlieſſe und nochmahln den Vater alles guten von
hertzen und inbruͤnſtig anruffe/ daß er aller orten/ und ſonderlich auch bey ihnen/ in
ihrer gottſeligen uͤbung ſeinen nahmen ferner geheiliget/ ſein reich erweitert
und feſter gegruͤndet/ und ſeinen wuͤrdigſten willen kraͤfftig vollbracht wolle
laſſen werden. Er gebe euch (Eph. 3.) krafft nach dem reichthum ſeiner
herrligkeit/ ſtarck zu werden durch ſeinen Geiſt an dem inwendigen
menſchen/ und Chriſtum zu wohnen durch den glauben in
euren hertzen/ und durch die liebe eingewurtzelt und gegruͤndet wer-
den/ auff daß ihr begreiffen moͤget mit allen heiligen/ welches da ſeye
die breite/ und die laͤnge/ und die tieffe/ und die hoͤhe/ auch erkennen/
daß Chriſtum liebhaben viel beſſer iſt als alles wiſſen/ auff daß ihr
erfuͤllet werdet mit allerley GOttes fuͤlle. Dem aber/ der uͤber
ſchwenglich thun kan uͤber alles/ das wir bitten oder verſtehen/
nach der krafft/ die da in uns wircket/ dem ſeye ehr in der gemei-
ne/ die in Chriſto Jeſu iſt/ zu aller zeit/ von ewigkeit zu ewigkeit. A-
men. 10. Aug. 1675.

SECT.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0130" n="112"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das &#x017F;ech&#x017F;te Capitel.</hi></fw><lb/>
zuge&#x017F;chehen und getrieben zu werden nicht zweiffle/ &#x017F;ondern die meldende chri&#x017F;tli-<lb/>
che unterredungen dahin gemeinet zu &#x017F;eyn erachte. Wie es denn freylich an de-<lb/>
ne/ das alles un&#x017F;er &#x017F;uchen und for&#x017F;chen in der Schrifft nichts &#x017F;eyn wu&#x0364;rde/ wo wir<lb/>
nur wolten das jenige &#x017F;uchen/ daß wir die wahrheit wu&#x0364;&#x017F;ten/ ohne begierde auch<lb/>
in der&#x017F;elben zu wandeln/ und al&#x017F;o un&#x017F;er gantzes leben nach dem exempel de&#x017F;&#x017F;en/ der<lb/>
der weg/ die wahrheit/ und das leben &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t/ anzu&#x017F;tellen. Haben wir aber &#x017F;ol-<lb/>
ches hertzliche vornehmen/ und pflantzen in betrachtung und handlung der wahren<lb/>
lehre/ &#x017F;o hievon in dem Neuen Te&#x017F;tament enthalten i&#x017F;t/ die&#x017F;en guten &#x017F;amen in un-<lb/>
&#x017F;er und anderer hertzen/ &#x017F;o &#x017F;ind alsdan&#x0303; die bru&#x0364;derliche erinnerungen/ da jeglicher aus<lb/>
liebe neben &#x017F;ich auch auff den andern acht gibt/ und ihn zugleich zube&#x017F;&#x017F;eren &#x017F;ucht<lb/>
das nutzlich&#x017F;te begie&#x017F;&#x017F;en. Auff welches auch der &#x017F;egen von oben herab nicht wird<lb/>
au&#x017F;&#x017F;en bleiben. Jch bin aber der ga&#x0364;ntzlichen zuver&#x017F;icht/ daß alles die&#x017F;es ohne mich<lb/>
bereits gnug von E. Wol Ehrw. und dero freunden getrieben werde/ und auff<lb/>
&#x017F;olchen zweck ihre gantze u&#x0364;bung gerichtet &#x017F;eye; Doch habe nicht unterla&#x017F;&#x017F;en wol-<lb/>
len/ auff freundliches an&#x017F;innen &#x017F;olche meine wenige gedancken mit zu u&#x0364;ber&#x017F;enden/<lb/>
und auffs wenig&#x017F;te zuzeigen/ das auff gleiches ab&#x017F;ehen auch zwecke/ ob &#x017F;ie auch dar-<lb/>
durch &#x017F;o vielmehr ge&#x017F;ta&#x0364;rcket werden ko&#x0364;nten. Wie ich von mir bekenne/ daß ich al-<lb/>
lezeit auffs neue mich bekra&#x0364;fftigter fu&#x0364;hle/ &#x017F;o offt von andern chri&#x017F;tlichen bru&#x0364;dern de-<lb/>
ro&#x017F;elben <hi rendition="#aq">con&#x017F;en&#x017F;um</hi> vernehme/ in dingen worinnen ich einige erbauung ge&#x017F;uchet<lb/>
mo&#x0364;chte haben. Wo mit dann &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;e und nochmahln den Vater alles guten von<lb/>
hertzen und inbru&#x0364;n&#x017F;tig anruffe/ daß er aller orten/ und &#x017F;onderlich auch bey ihnen/ in<lb/>
ihrer gott&#x017F;eligen u&#x0364;bung &#x017F;einen nahmen ferner geheiliget/ &#x017F;ein reich erweitert<lb/>
und fe&#x017F;ter gegru&#x0364;ndet/ und &#x017F;einen wu&#x0364;rdig&#x017F;ten willen kra&#x0364;fftig vollbracht wolle<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en werden. Er gebe euch <hi rendition="#fr">(Eph. 3.) krafft nach dem reichthum &#x017F;einer<lb/>
herrligkeit/ &#x017F;tarck zu werden durch &#x017F;einen Gei&#x017F;t an dem inwendigen<lb/>
men&#x017F;chen/ und Chri&#x017F;tum zu wohnen durch den glauben in<lb/>
euren hertzen/ und durch die liebe eingewurtzelt und gegru&#x0364;ndet wer-<lb/>
den/ auff daß ihr begreiffen mo&#x0364;get mit allen heiligen/ welches da &#x017F;eye<lb/>
die breite/ und die la&#x0364;nge/ und die tieffe/ und die ho&#x0364;he/ auch erkennen/<lb/>
daß Chri&#x017F;tum liebhaben viel be&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t als alles wi&#x017F;&#x017F;en/ auff daß ihr<lb/>
erfu&#x0364;llet werdet mit allerley GOttes fu&#x0364;lle. Dem aber/ der u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;chwenglich thun kan u&#x0364;ber alles/ das wir bitten oder ver&#x017F;tehen/<lb/>
nach der krafft/ die da in uns wircket/ dem &#x017F;eye ehr in der gemei-<lb/>
ne/ die in Chri&#x017F;to Je&#x017F;u i&#x017F;t/ zu aller zeit/ von ewigkeit zu ewigkeit. A-<lb/>
men. 10. Aug. 1675.</hi></p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">SECT.</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0130] Das ſechſte Capitel. zugeſchehen und getrieben zu werden nicht zweiffle/ ſondern die meldende chriſtli- che unterredungen dahin gemeinet zu ſeyn erachte. Wie es denn freylich an de- ne/ das alles unſer ſuchen und forſchen in der Schrifft nichts ſeyn wuͤrde/ wo wir nur wolten das jenige ſuchen/ daß wir die wahrheit wuͤſten/ ohne begierde auch in derſelben zu wandeln/ und alſo unſer gantzes leben nach dem exempel deſſen/ der der weg/ die wahrheit/ und das leben ſelbſt iſt/ anzuſtellen. Haben wir aber ſol- ches hertzliche vornehmen/ und pflantzen in betrachtung und handlung der wahren lehre/ ſo hievon in dem Neuen Teſtament enthalten iſt/ dieſen guten ſamen in un- ſer und anderer hertzen/ ſo ſind alsdañ die bruͤderliche erinnerungen/ da jeglicher aus liebe neben ſich auch auff den andern acht gibt/ und ihn zugleich zubeſſeren ſucht das nutzlichſte begieſſen. Auff welches auch der ſegen von oben herab nicht wird auſſen bleiben. Jch bin aber der gaͤntzlichen zuverſicht/ daß alles dieſes ohne mich bereits gnug von E. Wol Ehrw. und dero freunden getrieben werde/ und auff ſolchen zweck ihre gantze uͤbung gerichtet ſeye; Doch habe nicht unterlaſſen wol- len/ auff freundliches anſinnen ſolche meine wenige gedancken mit zu uͤberſenden/ und auffs wenigſte zuzeigen/ das auff gleiches abſehen auch zwecke/ ob ſie auch dar- durch ſo vielmehr geſtaͤrcket werden koͤnten. Wie ich von mir bekenne/ daß ich al- lezeit auffs neue mich bekraͤfftigter fuͤhle/ ſo offt von andern chriſtlichen bruͤdern de- roſelben conſenſum vernehme/ in dingen worinnen ich einige erbauung geſuchet moͤchte haben. Wo mit dann ſchlieſſe und nochmahln den Vater alles guten von hertzen und inbruͤnſtig anruffe/ daß er aller orten/ und ſonderlich auch bey ihnen/ in ihrer gottſeligen uͤbung ſeinen nahmen ferner geheiliget/ ſein reich erweitert und feſter gegruͤndet/ und ſeinen wuͤrdigſten willen kraͤfftig vollbracht wolle laſſen werden. Er gebe euch (Eph. 3.) krafft nach dem reichthum ſeiner herrligkeit/ ſtarck zu werden durch ſeinen Geiſt an dem inwendigen menſchen/ und Chriſtum zu wohnen durch den glauben in euren hertzen/ und durch die liebe eingewurtzelt und gegruͤndet wer- den/ auff daß ihr begreiffen moͤget mit allen heiligen/ welches da ſeye die breite/ und die laͤnge/ und die tieffe/ und die hoͤhe/ auch erkennen/ daß Chriſtum liebhaben viel beſſer iſt als alles wiſſen/ auff daß ihr erfuͤllet werdet mit allerley GOttes fuͤlle. Dem aber/ der uͤber ſchwenglich thun kan uͤber alles/ das wir bitten oder verſtehen/ nach der krafft/ die da in uns wircket/ dem ſeye ehr in der gemei- ne/ die in Chriſto Jeſu iſt/ zu aller zeit/ von ewigkeit zu ewigkeit. A- men. 10. Aug. 1675. SECT.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/130
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/130>, abgerufen am 06.05.2024.