Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.ARTIC. II. SECTIO XLIV. feln unterworffen/ nicht nur denjenigen/ womit auch bey den rechtgläubigendas ungläubige fleisch zuweilen einige einwürffe gegen die göttlichkeit des worts thut/ oder doch das gefühl der überzeugung davon schwächet/ sondern auch denjenigen/ welche über die richtigkeit der folgen aus der schrifft entste- hen können. Judessen ists gleichwol eine göttliche gewißheit/ nach dem sie sich gründet auf die göttl. überzeugung von der wahrheit des worts Gottes/ dar- innen diejenige dinge stehen/ und daraus gezogen werden/ welche wir mit glau- ben um der wahrheit willen dessen/ der uns das wort gegeben hat/ annehmen. Wo nun III. gefraget wird/ welches die unfehlbare kennzeichen sol- Die IV. frage ist/ ob derselbe sich dessen/ davon er keine göttliche ge- als X x x x x 2
ARTIC. II. SECTIO XLIV. feln unterworffen/ nicht nur denjenigen/ womit auch bey den rechtglaͤubigendas unglaͤubige fleiſch zuweilen einige einwuͤrffe gegen die goͤttlichkeit des worts thut/ oder doch das gefuͤhl der uͤberzeugung davon ſchwaͤchet/ ſondern auch denjenigen/ welche uͤber die richtigkeit der folgen aus der ſchrifft entſte- hen koͤnnen. Judeſſen iſts gleichwol eine goͤttliche gewißheit/ nach dem ſie ſich gruͤndet auf die goͤttl. uͤberzeugung von der wahrheit des worts Gottes/ dar- innen diejenige dinge ſtehen/ uñ daraus gezogen werden/ welche wir mit glau- ben um der wahrheit willen deſſen/ der uns das wort gegeben hat/ annehmen. Wo nun III. gefraget wird/ welches die unfehlbare kennzeichen ſol- Die IV. frage iſt/ ob derſelbe ſich deſſen/ davon er keine goͤttliche ge- als X x x x x 2
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ARTIC. II. SECTIO XLIV.
feln unterworffen/ nicht nur denjenigen/ womit auch bey den rechtglaͤubigen
das unglaͤubige fleiſch zuweilen einige einwuͤrffe gegen die goͤttlichkeit des
worts thut/ oder doch das gefuͤhl der uͤberzeugung davon ſchwaͤchet/ ſondern
auch denjenigen/ welche uͤber die richtigkeit der folgen aus der ſchrifft entſte-
hen koͤnnen. Judeſſen iſts gleichwol eine goͤttliche gewißheit/ nach dem ſie ſich
gruͤndet auf die goͤttl. uͤberzeugung von der wahrheit des worts Gottes/ dar-
innen diejenige dinge ſtehen/ uñ daraus gezogen werden/ welche wir mit glau-
ben um der wahrheit willen deſſen/ der uns das wort gegeben hat/ annehmen.
Wo nun III. gefraget wird/ welches die unfehlbare kennzeichen ſol-
cher gewißheit ſeyen? So wird nicht wol von den drey erſten arten gefraget
werden/ indem in denſelben was die erſte und dritte anlangt/ das goͤttliche
liecht ſich ſo wol ſelbs offenbahret/ daß anderwerts nicht eben kennzeichen her-
zunehmen ſind/ als die ſonne geſehen keines andern liechts/ zur verſicherung
ſie geſehen zu haben noͤthig hat. Was aber die vierdte betrifft/ weil in derſel-
ben wiederum zweyerley ſich ſindet/ in der ſeele die uͤberzeugung von der ge-
wiſſen folge aus GOttes wort/ oder von dem rechten verſtand der worte der
ſchrifft ſelbs/ dazu ein diſcurſus und operatio mentis gehoͤret/ und in dem geiſt
das goͤttliche liecht des glaubens insgemein: So wird jene gewißheit erkant
an der pruͤffung/ ob ſolche folge den regeln einer wahrhafftigen folge/ und die
erklaͤhrung der wahren erklaͤhrung oder hermenevtic gemaͤß ſeye/ alſo/ daß
nichts erhebliches dagegen gebracht werden kan. Was aber die andre gewiß-
heit anlangt/ ob insgeſamt das liecht in unſrem geiſt/ mit dem wir insgemein
die goͤttliche ſeligmachende wahrheit und lehre annehmen/ das wahre goͤttli-
che liecht ſeye/ weiß ich kein gewiſſer und unfehlbarer kennzeichen zu geben/ als
der Apoſtel gibt 1. Joh. 2/ 3. daran mercken wir/ daß wir ihn kennen/
und alſo/ daß unſer erkaͤntnuͤß und glaube von ihm nicht luͤgen oder menſchli-
cher gedancken/ ſondern wahrheit/ eine wahrheit GOttes ſeye/ ſo wir ſeine
gebot halten. Alſo wo ich in meiner ſeele finde/ daß mein glaube mich kraͤff-
tig zu der heiligung nach allen geboten Chriſti ſtets antreibe/ und ſolche thaͤt-
lich bey mir wircke/ ſo bin ich unfehlbar verſichert/ daß ſolcher nicht von fleiſch
und blut/ ſondern von GOttes Geiſt/ herkomme/ und alſo ob ſchon in begreif-
fung dieſer und jener theſium in der ſeele ein menſchlicher irrthum mit einge-
lauffen ſeyn moͤchte/ und ich alſo der veritatis objectivæ von allem nicht un-
fehlbar gewiß bin/ daß dennoch der glaube in dem geiſt das rechte und ſelig-
machende liecht in mir ſeye. Welches ſich ſonderlich mit dem exempel der juͤn-
ger Chriſti vor ſeinem todt erweiſen laͤſt/ in derer ſeele viel ſchwehre irrthuͤme/
in dem geiſt aber deñoch ohneracht jener/ der wahre goͤttliche glaube ſich fand.
Die IV. frage iſt/ ob derſelbe ſich deſſen/ davon er keine goͤttliche ge-
wißheit habe/ im beten annehmen/ es andeꝛn pꝛedigen und lehren/ auch
als
X x x x x 2
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