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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das fünffte Capitel.
seyn/ hier ausgelassen worden sind. Daß ich aber meinem hochgeehrten Hr.
Schwager diese autores recommendire/ geschihet deßwegen/ daß ich keinen
methodum weiß/ wie wir der anfechtung der sünden kürtzer und nachtrückli-
cher zu begegnen vermögen/ als wo wir recht lernen die krafft göttlicher gna-
de und die schätze der tauff verstehen und betrachten. Die sind das appro-
bir
te antidotum wider jenes gifft. Zweiffle auch nicht daran/ wo der Hr.
Schwager wird anfangen seine gedancken hierauff zu schlagen/ daß er selbs
würde die krafft desselben bey sich empfinden. Jm übrigen auff die auch ab-
sonderliche petita zu antworten. 1. Ob/ posito, derselbe hätte dem wein
jenesmal zu viel gethan/ und das kind nicht recht getaufft/ solche sünde ihm
noch vergeben werden könte? So meyne ich/ daß schwehrlich eine einige nur
scheinbare ratio dubitandi vorgebracht werden möge/ warum nicht ohne
lang bedencken sie bald mit ja beantwortet werden solte. Wir müssen die
schande dem blut CHristi nicht anthun/ daß wir einige sünde davon ausneh-
men wolten/ von dero uns dasselbe nicht reinigte. 1. Joh. 1. Jn dem auch
so gar die sünde in den heiligen Geist und boßhafftigste beharrliche verleug-
nung der wahrheit/ nicht deßwegen ohne vergebung bleibet/ daß CHristi
blut sich nicht soweit erstreckte/ sondern weil solche personen beharrlich den be-
kehrungs-mittlen sich widersetzen/ und keine beßre begehren. Zwahr wo eini-
ge sorge wäre/ das kind wäre nicht recht getaufft/ und kein wasser gebraucht
worden/ so hätte der Hr. Schwager solchen fehler zu repariren mit rechter
administrirung der tauff/ dann ohne wasser wäre das vorige keine tauff ge-
wesen. Jch vernehme aber ex literis, daß testimonio parentum und aller
umstände diese einbildung widerleget werde/ und also auch des Hrn. Schwa-
gers conscienz gewiß und sicher stehe. Wann aber jenes geschehen wäre/
wie begehrt wird solchen fall zu setzen/ so bestünde die sünde in profanatione
sacramenti,
und daß derselbige so viel an ihm gewesen wäre (aliud est si de,
re ipsa loquamur
in dem der blosse mangel das unschuldige kind nicht
verdammen kan.) das kind um seine seeligkeit gebracht hätte.
Nun sind zwahr beydes schwehre sünden/ aber auch trosts gnug gegen
dieselbe.

2. Wieviel sind derer/ welche unwürdig des heiligen abendmahls/
und also zu ihrem gericht/ geniessen? Solten wir aber sagen/
daß deren keiner nachmal wieder zu wahrer buß gelange/ und
dannoch die vergebung bekomme? Niemand wird solches nur sa-
gen. Wie offt wird etwa unwürdigen unwissend oder aus nicht gnug-
samer/ ja an einigen orten zu solchem grad/ unmüglicher/ prüffung der
communicanten/ das heilige abendmahl gereicht/ und der Prediger wird
nachmal der sache gewahr? Solte derselbe denn keinen trost weiter haben?

Nun

Das fuͤnffte Capitel.
ſeyn/ hier ausgelaſſen worden ſind. Daß ich aber meinem hochgeehrten Hr.
Schwager dieſe autores recommendire/ geſchihet deßwegen/ daß ich keinen
methodum weiß/ wie wir der anfechtung der ſuͤnden kuͤrtzer und nachtruͤckli-
cher zu begegnen vermoͤgen/ als wo wir recht lernen die krafft goͤttlicher gna-
de und die ſchaͤtze der tauff verſtehen und betrachten. Die ſind das appro-
bir
te antidotum wider jenes gifft. Zweiffle auch nicht daran/ wo der Hr.
Schwager wird anfangen ſeine gedancken hierauff zu ſchlagen/ daß er ſelbs
wuͤrde die krafft deſſelben bey ſich empfinden. Jm uͤbrigen auff die auch ab-
ſonderliche petita zu antworten. 1. Ob/ poſito, derſelbe haͤtte dem wein
jenesmal zu viel gethan/ und das kind nicht recht getaufft/ ſolche ſuͤnde ihm
noch vergeben werden koͤnte? So meyne ich/ daß ſchwehrlich eine einige nur
ſcheinbare ratio dubitandi vorgebracht werden moͤge/ warum nicht ohne
lang bedencken ſie bald mit ja beantwortet werden ſolte. Wir muͤſſen die
ſchande dem blut CHriſti nicht anthun/ daß wir einige ſuͤnde davon ausneh-
men wolten/ von dero uns daſſelbe nicht reinigte. 1. Joh. 1. Jn dem auch
ſo gar die ſuͤnde in den heiligen Geiſt und boßhafftigſte beharrliche verleug-
nung der wahrheit/ nicht deßwegen ohne vergebung bleibet/ daß CHriſti
blut ſich nicht ſoweit erſtreckte/ ſondern weil ſolche perſonen behaꝛꝛlich den be-
kehrungs-mittlen ſich widerſetzen/ und keine beßre begehren. Zwahr wo eini-
ge ſorge waͤre/ das kind waͤre nicht recht getaufft/ und kein waſſer gebraucht
worden/ ſo haͤtte der Hr. Schwager ſolchen fehler zu repariren mit rechter
adminiſtrirung der tauff/ dann ohne waſſer waͤre das vorige keine tauff ge-
weſen. Jch vernehme aber ex literis, daß teſtimonio parentum und aller
umſtaͤnde dieſe einbildung widerleget werde/ und alſo auch des Hrn. Schwa-
gers conſcienz gewiß und ſicher ſtehe. Wann aber jenes geſchehen waͤre/
wie begehrt wird ſolchen fall zu ſetzen/ ſo beſtuͤnde die ſuͤnde in profanatione
ſacramenti,
und daß derſelbige ſo viel an ihm geweſen waͤre (aliud eſt ſi de,
re ipſa loquamur
in dem der bloſſe mangel das unſchuldige kind nicht
verdammen kan.) das kind um ſeine ſeeligkeit gebracht haͤtte.
Nun ſind zwahr beydes ſchwehre ſuͤnden/ aber auch troſts gnug gegen
dieſelbe.

2. Wieviel ſind derer/ welche unwuͤrdig des heiligen abendmahls/
und alſo zu ihrem gericht/ genieſſen? Solten wir aber ſagen/
daß deren keiner nachmal wieder zu wahrer buß gelange/ und
dannoch die vergebung bekomme? Niemand wird ſolches nur ſa-
gen. Wie offt wird etwa unwuͤrdigen unwiſſend oder aus nicht gnug-
ſamer/ ja an einigen orten zu ſolchem grad/ unmuͤglicher/ pruͤffung der
communicanten/ das heilige abendmahl gereicht/ und der Prediger wird
nachmal der ſache gewahr? Solte derſelbe denn keinen troſt weiter haben?

Nun
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[724/0732] Das fuͤnffte Capitel. ſeyn/ hier ausgelaſſen worden ſind. Daß ich aber meinem hochgeehrten Hr. Schwager dieſe autores recommendire/ geſchihet deßwegen/ daß ich keinen methodum weiß/ wie wir der anfechtung der ſuͤnden kuͤrtzer und nachtruͤckli- cher zu begegnen vermoͤgen/ als wo wir recht lernen die krafft goͤttlicher gna- de und die ſchaͤtze der tauff verſtehen und betrachten. Die ſind das appro- birte antidotum wider jenes gifft. Zweiffle auch nicht daran/ wo der Hr. Schwager wird anfangen ſeine gedancken hierauff zu ſchlagen/ daß er ſelbs wuͤrde die krafft deſſelben bey ſich empfinden. Jm uͤbrigen auff die auch ab- ſonderliche petita zu antworten. 1. Ob/ poſito, derſelbe haͤtte dem wein jenesmal zu viel gethan/ und das kind nicht recht getaufft/ ſolche ſuͤnde ihm noch vergeben werden koͤnte? So meyne ich/ daß ſchwehrlich eine einige nur ſcheinbare ratio dubitandi vorgebracht werden moͤge/ warum nicht ohne lang bedencken ſie bald mit ja beantwortet werden ſolte. Wir muͤſſen die ſchande dem blut CHriſti nicht anthun/ daß wir einige ſuͤnde davon ausneh- men wolten/ von dero uns daſſelbe nicht reinigte. 1. Joh. 1. Jn dem auch ſo gar die ſuͤnde in den heiligen Geiſt und boßhafftigſte beharrliche verleug- nung der wahrheit/ nicht deßwegen ohne vergebung bleibet/ daß CHriſti blut ſich nicht ſoweit erſtreckte/ ſondern weil ſolche perſonen behaꝛꝛlich den be- kehrungs-mittlen ſich widerſetzen/ und keine beßre begehren. Zwahr wo eini- ge ſorge waͤre/ das kind waͤre nicht recht getaufft/ und kein waſſer gebraucht worden/ ſo haͤtte der Hr. Schwager ſolchen fehler zu repariren mit rechter adminiſtrirung der tauff/ dann ohne waſſer waͤre das vorige keine tauff ge- weſen. Jch vernehme aber ex literis, daß teſtimonio parentum und aller umſtaͤnde dieſe einbildung widerleget werde/ und alſo auch des Hrn. Schwa- gers conſcienz gewiß und ſicher ſtehe. Wann aber jenes geſchehen waͤre/ wie begehrt wird ſolchen fall zu ſetzen/ ſo beſtuͤnde die ſuͤnde in profanatione ſacramenti, und daß derſelbige ſo viel an ihm geweſen waͤre (aliud eſt ſi de, re ipſa loquamur in dem der bloſſe mangel das unſchuldige kind nicht verdammen kan.) das kind um ſeine ſeeligkeit gebracht haͤtte. Nun ſind zwahr beydes ſchwehre ſuͤnden/ aber auch troſts gnug gegen dieſelbe. 2. Wieviel ſind derer/ welche unwuͤrdig des heiligen abendmahls/ und alſo zu ihrem gericht/ genieſſen? Solten wir aber ſagen/ daß deren keiner nachmal wieder zu wahrer buß gelange/ und dannoch die vergebung bekomme? Niemand wird ſolches nur ſa- gen. Wie offt wird etwa unwuͤrdigen unwiſſend oder aus nicht gnug- ſamer/ ja an einigen orten zu ſolchem grad/ unmuͤglicher/ pruͤffung der communicanten/ das heilige abendmahl gereicht/ und der Prediger wird nachmal der ſache gewahr? Solte derſelbe denn keinen troſt weiter haben? Nun

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 724. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/732>, abgerufen am 23.11.2024.