Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. I. SECTIO XVI.
dann die liebes-mahl/ und auch das H. abendmahl etwas/ so auff jenes zu
folgen pflegte/ und geschahe demnach darinnen nichts/ als unter anordnung
und auffsicht der lieben Apostel/ die deswegen sich bey der vermehrung der
versammlungen auch ausgetheilet haben werden/ aller orten zu thun/ was
die ordnung des HErrn vermochte: daher Lucas auch diese dinge zusammen
setzt: sie waren beständig in der Apostel lehr/ und in der gemeinschafft/
und im brodtbrechen:
also hörten sie der Apostel lehr mit andacht an/ dar-
auff auch das brodtbrechen folgte/ solche versammlungen aber in allem von
den Aposteln/ als den ordenlichen Lehrern regieret und angerichtet wurden.
Also erhellet/ daß aus diesem ort für die heimliche communion das wenigste
erwiesen werde/ man thue dann aus dem text dar/ daß sie die communion ge-
halten haben in den häussern ohne die Apostel/ und ohne derselben anordnung/
welches zu erweisen unmüglich fället. Sehen wir hingegen was 1. Cor. 11/
von Paulo gelehret wird/ so finden wir klahr den unterschied/ unter den gemei-
nen häussern und der gemeinde v. 22. habt ihr nicht häusser/ da ihr essen
und trincken möget? oder verachtet ihr die gemeinde GOTTES?

wo die privat-häusser/ und die gemeinde/ und also der ort/ da die versamm-
lung zugeschehen pflegte/ ob es wol auch an sich ein privat-hauß mag gewesen
seyn/ unterschieden werden/ und nur von diesem gedacht wird/ daß sie daselbs
das H. abendmahl zu halten pflegten/ ohne die geringste fuß-spuhr einer an-
dern heimlichen/ nach eines jeden belieben angestellten communion.

3. Wir finden auch das wenigste nicht in der historie der alten und er-
sten kirchen/ (die gleichwol/ was sonderlich dergleichen dinge anlangt/ den
sinn ihres Heylands/ welcher bey den anstalten seines dienstes gewesen/ am
besten verstanden und bewahret haben wird) daß dergleichen geheime com-
munionen wären im gebrauch gewesen. Dann wo Serapionis exempel aus
Euseb. 6. H. E. 44. angeführt werden wolte/ so schicket sichs doch nicht auff
diesen fall/ sondern zeiget allein/ daß wo einer nicht zu der versammlung und
den ältesten kommen können/ ihm wohl die communion nach hausse gesandt
worden seye. Ja es mag vielmehr/ wo die sache recht angesehen wird/ die-
ses exempel das gegentheil erweisen. Dann wo sich die glaubige nicht an ih-
re ältesten verbunden gehalten hätten/ solte Serapion lieber mit dem nechsten
besten Christen/ den er zu sich bekommen können/ solches H. Sacrament ce-
lebri
ret/ als es von dem ältesten der gemeinde/ der doch nicht zu ihm zu kom-
men vermochte/ bitlich gesuchet haben. Nun ist dieses ein grosses praejudiz
wider diese art der communion/ daß die erste kirche/ bevor auch noch der An-
tichrist in derselben hervorzubrechen/ angehoben hat/ von derselben nichts
gewust/ noch sie eingeführet/ da man doch sagen möchte/ daß in den schweh-

ren
H

ARTIC. I. SECTIO XVI.
dann die liebes-mahl/ und auch das H. abendmahl etwas/ ſo auff jenes zu
folgen pflegte/ und geſchahe demnach darinnen nichts/ als unter anordnung
und auffſicht der lieben Apoſtel/ die deswegen ſich bey der vermehrung der
verſammlungen auch ausgetheilet haben werden/ aller orten zu thun/ was
die ordnung des HErrn vermochte: daher Lucas auch dieſe dinge zuſammen
ſetzt: ſie waren beſtaͤndig in der Apoſtel lehr/ und in der gemeinſchafft/
und im brodtbrechen:
alſo hoͤrten ſie der Apoſtel lehr mit andacht an/ dar-
auff auch das brodtbrechen folgte/ ſolche verſammlungen aber in allem von
den Apoſteln/ als den ordenlichen Lehrern regieret und angerichtet wurden.
Alſo erhellet/ daß aus dieſem ort fuͤr die heimliche communion das wenigſte
erwieſen werde/ man thue dann aus dem text dar/ daß ſie die communion ge-
halten haben in den haͤuſſern ohne die Apoſtel/ uñ ohne derſelben anordnung/
welches zu erweiſen unmuͤglich faͤllet. Sehen wir hingegen was 1. Cor. 11/
von Paulo gelehret wird/ ſo finden wiꝛ klahr den unteꝛſchied/ unter den gemei-
nen haͤuſſern und der gemeinde v. 22. habt ihr nicht haͤuſſer/ da ihr eſſen
und trincken moͤget? oder verachtet ihr die gemeinde GOTTES?

wo die privat-haͤuſſer/ und die gemeinde/ und alſo der ort/ da die verſamm-
lung zugeſchehen pflegte/ ob es wol auch an ſich ein privat-hauß mag geweſen
ſeyn/ unterſchieden werden/ und nur von dieſem gedacht wird/ daß ſie daſelbs
das H. abendmahl zu halten pflegten/ ohne die geringſte fuß-ſpuhr einer an-
dern heimlichen/ nach eines jeden belieben angeſtellten communion.

3. Wir finden auch das wenigſte nicht in der hiſtorie der alten und er-
ſten kirchen/ (die gleichwol/ was ſonderlich dergleichen dinge anlangt/ den
ſinn ihres Heylands/ welcher bey den anſtalten ſeines dienſtes geweſen/ am
beſten verſtanden und bewahret haben wird) daß dergleichen geheime com-
munionen waͤren im gebrauch geweſen. Dann wo Serapionis exempel aus
Euſeb. 6. H. E. 44. angefuͤhrt werden wolte/ ſo ſchicket ſichs doch nicht auff
dieſen fall/ ſondern zeiget allein/ daß wo einer nicht zu der verſammlung und
den aͤlteſten kommen koͤnnen/ ihm wohl die communion nach hauſſe geſandt
worden ſeye. Ja es mag vielmehr/ wo die ſache recht angeſehen wird/ die-
ſes exempel das gegentheil erweiſen. Dann wo ſich die glaubige nicht an ih-
re aͤlteſten verbunden gehalten haͤtten/ ſolte Serapion lieber mit dem nechſten
beſten Chriſten/ den er zu ſich bekommen koͤnnen/ ſolches H. Sacrament ce-
lebri
ret/ als es von dem aͤlteſten der gemeinde/ der doch nicht zu ihm zu kom-
men vermochte/ bitlich geſuchet haben. Nun iſt dieſes ein groſſes præjudiz
wider dieſe art der communion/ daß die erſte kirche/ bevor auch noch der An-
tichriſt in derſelben hervorzubrechen/ angehoben hat/ von derſelben nichts
gewuſt/ noch ſie eingefuͤhret/ da man doch ſagen moͤchte/ daß in den ſchweh-

ren
H
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0065" n="57"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">ARTIC. I. SECTIO XVI.</hi></hi></fw><lb/>
dann die liebes-mahl/ und auch das H. abendmahl etwas/ &#x017F;o auff jenes zu<lb/>
folgen pflegte/ und ge&#x017F;chahe demnach darinnen nichts/ als unter anordnung<lb/>
und auff&#x017F;icht der lieben Apo&#x017F;tel/ die deswegen &#x017F;ich bey der vermehrung der<lb/>
ver&#x017F;ammlungen auch ausgetheilet haben werden/ aller orten zu thun/ was<lb/>
die ordnung des HErrn vermochte: daher Lucas auch die&#x017F;e dinge zu&#x017F;ammen<lb/>
&#x017F;etzt: <hi rendition="#fr">&#x017F;ie waren be&#x017F;ta&#x0364;ndig in der Apo&#x017F;tel lehr/ und in der gemein&#x017F;chafft/<lb/>
und im brodtbrechen:</hi> al&#x017F;o ho&#x0364;rten &#x017F;ie der Apo&#x017F;tel lehr mit andacht an/ dar-<lb/>
auff auch das brodtbrechen folgte/ &#x017F;olche ver&#x017F;ammlungen aber in allem von<lb/>
den Apo&#x017F;teln/ als den ordenlichen Lehrern regieret und angerichtet wurden.<lb/>
Al&#x017F;o erhellet/ daß aus die&#x017F;em ort fu&#x0364;r die heimliche communion das wenig&#x017F;te<lb/>
erwie&#x017F;en werde/ man thue dann aus dem text dar/ daß &#x017F;ie die communion ge-<lb/>
halten haben in den ha&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern ohne die Apo&#x017F;tel/ un&#x0303; ohne der&#x017F;elben anordnung/<lb/>
welches zu erwei&#x017F;en unmu&#x0364;glich fa&#x0364;llet. Sehen wir hingegen was <hi rendition="#fr">1. Cor. 11/</hi><lb/>
von Paulo gelehret wird/ &#x017F;o finden wi&#xA75B; klahr den unte&#xA75B;&#x017F;chied/ unter den gemei-<lb/>
nen ha&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern und der gemeinde v. 22. <hi rendition="#fr">habt ihr nicht ha&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er/ da ihr e&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und trincken mo&#x0364;get? oder verachtet ihr die gemeinde GOTTES?</hi><lb/>
wo die privat-ha&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er/ und die gemeinde/ und al&#x017F;o der ort/ da die ver&#x017F;amm-<lb/>
lung zuge&#x017F;chehen pflegte/ ob es wol auch an &#x017F;ich ein privat-hauß mag gewe&#x017F;en<lb/>
&#x017F;eyn/ unter&#x017F;chieden werden/ und nur von die&#x017F;em gedacht wird/ daß &#x017F;ie da&#x017F;elbs<lb/>
das H. abendmahl zu halten pflegten/ ohne die gering&#x017F;te fuß-&#x017F;puhr einer an-<lb/>
dern heimlichen/ nach eines jeden belieben ange&#x017F;tellten communion.</p><lb/>
              <p>3. Wir finden auch das wenig&#x017F;te nicht in der hi&#x017F;torie der alten und er-<lb/>
&#x017F;ten kirchen/ (die gleichwol/ was &#x017F;onderlich dergleichen dinge anlangt/ den<lb/>
&#x017F;inn ihres Heylands/ welcher bey den an&#x017F;talten &#x017F;eines dien&#x017F;tes gewe&#x017F;en/ am<lb/>
be&#x017F;ten ver&#x017F;tanden und bewahret haben wird) daß dergleichen geheime com-<lb/>
munionen wa&#x0364;ren im gebrauch gewe&#x017F;en. Dann wo <hi rendition="#aq">Serapionis</hi> exempel aus<lb/><hi rendition="#aq">Eu&#x017F;eb. 6. H. E. 44.</hi> angefu&#x0364;hrt werden wolte/ &#x017F;o &#x017F;chicket &#x017F;ichs doch nicht auff<lb/>
die&#x017F;en fall/ &#x017F;ondern zeiget allein/ daß wo einer nicht zu der ver&#x017F;ammlung und<lb/>
den a&#x0364;lte&#x017F;ten kommen ko&#x0364;nnen/ ihm wohl die communion nach hau&#x017F;&#x017F;e ge&#x017F;andt<lb/>
worden &#x017F;eye. Ja es mag vielmehr/ wo die &#x017F;ache recht ange&#x017F;ehen wird/ die-<lb/>
&#x017F;es exempel das gegentheil erwei&#x017F;en. Dann wo &#x017F;ich die glaubige nicht an ih-<lb/>
re a&#x0364;lte&#x017F;ten verbunden gehalten ha&#x0364;tten/ &#x017F;olte <hi rendition="#aq">Serapion</hi> lieber mit dem nech&#x017F;ten<lb/>
be&#x017F;ten Chri&#x017F;ten/ den er zu &#x017F;ich bekommen ko&#x0364;nnen/ &#x017F;olches H. Sacrament <hi rendition="#aq">ce-<lb/>
lebri</hi>ret/ als es von dem a&#x0364;lte&#x017F;ten der gemeinde/ der doch nicht zu ihm zu kom-<lb/>
men vermochte/ bitlich ge&#x017F;uchet haben. Nun i&#x017F;t die&#x017F;es ein gro&#x017F;&#x017F;es <hi rendition="#aq">præjudiz</hi><lb/>
wider die&#x017F;e art der communion/ daß die er&#x017F;te kirche/ bevor auch noch der An-<lb/>
tichri&#x017F;t in der&#x017F;elben hervorzubrechen/ angehoben hat/ von der&#x017F;elben nichts<lb/>
gewu&#x017F;t/ noch &#x017F;ie eingefu&#x0364;hret/ da man doch &#x017F;agen mo&#x0364;chte/ daß in den &#x017F;chweh-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H</fw><fw place="bottom" type="catch">ren</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0065] ARTIC. I. SECTIO XVI. dann die liebes-mahl/ und auch das H. abendmahl etwas/ ſo auff jenes zu folgen pflegte/ und geſchahe demnach darinnen nichts/ als unter anordnung und auffſicht der lieben Apoſtel/ die deswegen ſich bey der vermehrung der verſammlungen auch ausgetheilet haben werden/ aller orten zu thun/ was die ordnung des HErrn vermochte: daher Lucas auch dieſe dinge zuſammen ſetzt: ſie waren beſtaͤndig in der Apoſtel lehr/ und in der gemeinſchafft/ und im brodtbrechen: alſo hoͤrten ſie der Apoſtel lehr mit andacht an/ dar- auff auch das brodtbrechen folgte/ ſolche verſammlungen aber in allem von den Apoſteln/ als den ordenlichen Lehrern regieret und angerichtet wurden. Alſo erhellet/ daß aus dieſem ort fuͤr die heimliche communion das wenigſte erwieſen werde/ man thue dann aus dem text dar/ daß ſie die communion ge- halten haben in den haͤuſſern ohne die Apoſtel/ uñ ohne derſelben anordnung/ welches zu erweiſen unmuͤglich faͤllet. Sehen wir hingegen was 1. Cor. 11/ von Paulo gelehret wird/ ſo finden wiꝛ klahr den unteꝛſchied/ unter den gemei- nen haͤuſſern und der gemeinde v. 22. habt ihr nicht haͤuſſer/ da ihr eſſen und trincken moͤget? oder verachtet ihr die gemeinde GOTTES? wo die privat-haͤuſſer/ und die gemeinde/ und alſo der ort/ da die verſamm- lung zugeſchehen pflegte/ ob es wol auch an ſich ein privat-hauß mag geweſen ſeyn/ unterſchieden werden/ und nur von dieſem gedacht wird/ daß ſie daſelbs das H. abendmahl zu halten pflegten/ ohne die geringſte fuß-ſpuhr einer an- dern heimlichen/ nach eines jeden belieben angeſtellten communion. 3. Wir finden auch das wenigſte nicht in der hiſtorie der alten und er- ſten kirchen/ (die gleichwol/ was ſonderlich dergleichen dinge anlangt/ den ſinn ihres Heylands/ welcher bey den anſtalten ſeines dienſtes geweſen/ am beſten verſtanden und bewahret haben wird) daß dergleichen geheime com- munionen waͤren im gebrauch geweſen. Dann wo Serapionis exempel aus Euſeb. 6. H. E. 44. angefuͤhrt werden wolte/ ſo ſchicket ſichs doch nicht auff dieſen fall/ ſondern zeiget allein/ daß wo einer nicht zu der verſammlung und den aͤlteſten kommen koͤnnen/ ihm wohl die communion nach hauſſe geſandt worden ſeye. Ja es mag vielmehr/ wo die ſache recht angeſehen wird/ die- ſes exempel das gegentheil erweiſen. Dann wo ſich die glaubige nicht an ih- re aͤlteſten verbunden gehalten haͤtten/ ſolte Serapion lieber mit dem nechſten beſten Chriſten/ den er zu ſich bekommen koͤnnen/ ſolches H. Sacrament ce- lebriret/ als es von dem aͤlteſten der gemeinde/ der doch nicht zu ihm zu kom- men vermochte/ bitlich geſuchet haben. Nun iſt dieſes ein groſſes præjudiz wider dieſe art der communion/ daß die erſte kirche/ bevor auch noch der An- tichriſt in derſelben hervorzubrechen/ angehoben hat/ von derſelben nichts gewuſt/ noch ſie eingefuͤhret/ da man doch ſagen moͤchte/ daß in den ſchweh- ren H

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/65
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/65>, abgerufen am 22.11.2024.