Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das vierdte Capitel. kommen würde/ hinfürder zu behaupten/ sondern würde es/ ob wol nicht prorecto (auffs wenigste weil die kirchliche verordnungen/ bißheriger gemeine consens der Theolog orum und ansehung des ärgernüsses dagegen streiten) jedoch pro rato halten. Daher auch in dieser antwort nicht anders als reti- rader habe zugehen vermocht. Dabey den HErren/ so die hertzen alle in seinen händen hat/ demüthig anflehe/ auch dieses mal die darinnen inter- essirte dahin zu lencken/ was ihren gewissen am rathsamsten zu dero beruhi- gung und der kirchen in abwendung alles ärgernüsses am vorträglichsten seyn möge: welches auch ferner/ sonderlich aber E. Hoch Ehrw. die kräfftige gnade des H. Geistes und weißheit von oben herab/ in einer solchen schweh- ren sach für die ehre des HErren und der seelen wohlfarth klüglich und nach- trücklich zu sorgen/ von dem geber alles guten erbitten zu helffen nicht verges- sen werde. 6. Nachdem der heyrath gleichwol fortgegangen. ES ist desselben letztes mir von der postwol worden/ und habe ich aus geziem-
Das vierdte Capitel. kommen wuͤrde/ hinfuͤrder zu behaupten/ ſondern wuͤrde es/ ob wol nicht prorecto (auffs wenigſte weil die kirchliche verordnungen/ bißheriger gemeine conſens der Theolog orum und anſehung des aͤrgernuͤſſes dagegen ſtreiten) jedoch pro rato halten. Daher auch in dieſer antwort nicht anders als reti- rader habe zugehen vermocht. Dabey den HErren/ ſo die hertzen alle in ſeinen haͤnden hat/ demuͤthig anflehe/ auch dieſes mal die darinnen inter- eſſirte dahin zu lencken/ was ihren gewiſſen am rathſamſten zu dero beruhi- gung und der kirchen in abwendung alles aͤrgernuͤſſes am vortraͤglichſten ſeyn moͤge: welches auch ferner/ ſonderlich aber E. Hoch Ehrw. die kraͤfftige gnade des H. Geiſtes und weißheit von oben herab/ in einer ſolchen ſchweh- ren ſach fuͤr die ehre des HErren und der ſeelen wohlfarth kluͤglich und nach- truͤcklich zu ſorgen/ von dem geber alles guten erbitten zu helffen nicht vergeſ- ſen werde. 6. Nachdem der heyrath gleichwol fortgegangen. ES iſt deſſelben letztes mir von der poſtwol worden/ und habe ich aus geziem-
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Das vierdte Capitel.
kommen wuͤrde/ hinfuͤrder zu behaupten/ ſondern wuͤrde es/ ob wol nicht pro
recto (auffs wenigſte weil die kirchliche verordnungen/ bißheriger gemeine
conſens der Theolog orum und anſehung des aͤrgernuͤſſes dagegen ſtreiten)
jedoch pro rato halten. Daher auch in dieſer antwort nicht anders als reti-
rader habe zugehen vermocht. Dabey den HErren/ ſo die hertzen alle in
ſeinen haͤnden hat/ demuͤthig anflehe/ auch dieſes mal die darinnen inter-
eſſirte dahin zu lencken/ was ihren gewiſſen am rathſamſten zu dero beruhi-
gung und der kirchen in abwendung alles aͤrgernuͤſſes am vortraͤglichſten
ſeyn moͤge: welches auch ferner/ ſonderlich aber E. Hoch Ehrw. die kraͤfftige
gnade des H. Geiſtes und weißheit von oben herab/ in einer ſolchen ſchweh-
ren ſach fuͤr die ehre des HErren und der ſeelen wohlfarth kluͤglich und nach-
truͤcklich zu ſorgen/ von dem geber alles guten erbitten zu helffen nicht vergeſ-
ſen werde.
6. Nachdem der heyrath gleichwol fortgegangen.
ES iſt deſſelben letztes mir von der poſtwol worden/ und habe ich aus
demſelben die jetzige bewandnuͤß und nunmehr gefaßte der Hoch-Fuͤrſt-
lichen perſonen reſolution abweſend verſtanden. Wie ich nun uͤber die ge-
wiſſen keinen Dominat zu uͤben habe/ noch einiger Prediger etwas dergleichen
prætendiren ſolle/ denen auch ihre gewalt zu beſſern und nicht zu verderben
von dem HErrn gegeben iſt/ alſo laſſe es nunmehr auch dabey verbleiben/ nur
daß ich den guͤtigſten himmliſchen Vater/ der alles in ſeiner hand hat/ und auf
uns unbegreiffliche art auch unſere fehler zurecht und gutem ende zu bringen
vermag/ demuͤthig anruffe/ auch fuͤrterhin anzuruffen nicht unterlaſſen wer-
de/ daß er alles beſorgliche ſo wol von ſolchen Hoch-Fuͤrſtlichen perſonen gnaͤ-
digſt abwenden/ als gnade verleihen wolle/ daß deroſelben eheſtand/ nachdem
er/ ſo viel ich habe verſtehen koͤnnen/ nicht nach deſſen ordnung angefangen
worden/ hingegen in ſeiner furcht chriſtlich und ſo viel heiliger gefuͤhret/ damit
aber das entſtehende aͤrgernuͤß wiederum verbeſſert werde. Wie ich dann
ſolches impedimentum, ſo ex lege poſitiva morali herkommet/ pro impedi-
mento matrimonii ineundi, nicht aber causa reſcindendi initum achte/ der-
gleichen einige andere ſich noch finden moͤgen. Er erfuͤlle ſie alſo ſo viel reich-
licher mit ſeinem H. Geiſt/ in deſſelben gnade recht zu erkennen/ wie ſie nun
auch ſolchen ihren ſtand/ und in demſelben ſeel und leib/ dem HErrn zum opf-
fer darbringen/ daß er ihn an ihnen ſelbs heilige/ damit er ihm wolgefaͤllig
ſeye/ und da etwa ihr hoͤherer ſtand ein ſtarckes motiv mag geweſen ſeyn/ die
ſache zu werck zu richten/ ſie hingegen ins kuͤnfftige in allen andern ſtuͤcken des
menſchlichen lebens thaͤtig zeigen/ daß ſie die allgemeine pflichten des Chri-
ſtenthums denen von der welt autoriſirten freyheiten des hoͤhern ſtandes
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/560>, abgerufen am 28.06.2024. |