Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

Bild:
<< vorherige Seite

Das dritte Capitel.
den-mittel nur zu seinem gericht nehme/ so würde doch der Prediger/ welcher
als ein mensch die hertzen nicht unmittelbar prüfete/ vor GOtt ohne schuld
seyn; dieser aber/ der leichtfertige mensch allein tragen/ und gewiß/ wie der-
gleichen exempel zu finden/ dasselbe zu seiner zeit schwehrer als er gesorgt/ er-
fahren. Jedoch/ so viel mehr als der Prediger noch zimliche ursach an dem
menschen zu haben meinet/ so viel mehr mag er auch seine absolution (die oh-
ne das alle/ so fern sie von menschen kommet/ dem verstand nach conditionata
ist/ wo nemlich der beichtende auch in dem hertzen so seye/ wie er sich mit dem
munde als bußfertig darstellet) dermassen clausuliren/ daß dem menschen/ da
er redlich ist/ an seinem trost nichts abgehe/ aber auch/ wo er GOtt und den
Prediger zubetriegen gesucht/ sein hertz und gewissen aus derselben wenig tro-
stes zu stärckung seiner sicherheit lasse. Womit der Prediger sein gewissen al-
lerdings retten kan. Der HErr gebe auch hierinn/ und in allem die nö-
thige klugheit der gerechten/ und wende alles künfftige ärgernüß kräfftig ab.
1688.

SECTIO VIII.
Enthaltung von poetischen gedichten von den
heidnischen göttern.

JCh finde die geschickte emblemata alle ingeniös und sinnreich/ jedoch
hat mich das erste/ deß durch die lantze von oben her regierten löwen/ am
meisten contentiret. Was die übrige anlanget/ läugne ich nicht/ daß
ich bedencken habe über den poetischen gedichten/ dafern sie zu göttlichen din-
gen angewendet werden/ wann etwas die heidnische götter/ in denen der teuf-
fel geehrt worden/ betreffend/ eingeführet wird; und trauete ich sie in nichts
anzuführen/ das einigerley massen zu ihrer ehre dienen möchte. Wie ich vor
dem in meiner jugend von einem frommen anweiser (Herr Georg Sigismund
Vorbergern/ nachmal Cämmerern zu Budißin/) in poeticis gewehnt worden
bin/ nimmermehr in einigem carmine solcher götter nahmen/ es wäre dann/ daß
es zu dero schande gereichete/ zu gedencken. Weil wir den nahmen der Baa-
lim aus unserm munde thun sollen. Hose 2/ 17. Man achtet zwahr insge-
mein/ es könte kein Carmen eine rechte poetische zierde ohne solche dinge ha-
ben/ aber gedachter Herr Vorberger zeigte mit seinem exempel/ daß die aller
schönste und eben so wol sinnreichste Carmina möchten gemacht werden/ ohne
einige vermischung dieser aus der GOtt widrigen abgötterey hergenomme-
nen gedichten. Daher getraute ich mich nimmer der Minervae oder einiger
der genannten götter gabe mich zu bezeichnung der göttlichen weißheit oder
leitung zu bedienen/ sorgende ich möchte dieselbe verunehren/ da ich sie dem

jeni-

Das dritte Capitel.
den-mittel nur zu ſeinem gericht nehme/ ſo wuͤrde doch der Prediger/ welcher
als ein menſch die hertzen nicht unmittelbar pruͤfete/ vor GOtt ohne ſchuld
ſeyn; dieſer aber/ der leichtfertige menſch allein tragen/ und gewiß/ wie der-
gleichen exempel zu finden/ daſſelbe zu ſeiner zeit ſchwehrer als er geſorgt/ er-
fahren. Jedoch/ ſo viel mehr als der Prediger noch zimliche urſach an dem
menſchen zu haben meinet/ ſo viel mehr mag er auch ſeine abſolution (die oh-
ne das alle/ ſo fern ſie von menſchen kommet/ dem verſtand nach conditionata
iſt/ wo nemlich der beichtende auch in dem hertzen ſo ſeye/ wie er ſich mit dem
munde als bußfertig darſtellet) dermaſſen clauſuliren/ daß dem menſchen/ da
er redlich iſt/ an ſeinem troſt nichts abgehe/ aber auch/ wo er GOtt und den
Prediger zubetriegen geſucht/ ſein hertz und gewiſſen aus derſelben wenig tro-
ſtes zu ſtaͤrckung ſeiner ſicherheit laſſe. Womit der Prediger ſein gewiſſen al-
lerdings retten kan. Der HErr gebe auch hierinn/ und in allem die noͤ-
thige klugheit der gerechten/ und wende alles kuͤnfftige aͤrgernuͤß kraͤfftig ab.
1688.

SECTIO VIII.
Enthaltung von poetiſchen gedichten von den
heidniſchen goͤttern.

JCh finde die geſchickte emblemata alle ingeniös und ſinnreich/ jedoch
hat mich das erſte/ deß durch die lantze von oben her regierten loͤwen/ am
meiſten contentiret. Was die uͤbrige anlanget/ laͤugne ich nicht/ daß
ich bedencken habe uͤber den poetiſchen gedichten/ dafern ſie zu goͤttlichen din-
gen angewendet werden/ wann etwas die heidniſche goͤtter/ in denen der teuf-
fel geehrt worden/ betreffend/ eingefuͤhret wird; und trauete ich ſie in nichts
anzufuͤhren/ das einigerley maſſen zu ihrer ehre dienen moͤchte. Wie ich vor
dem in meiner jugend von einem frommen anweiſer (Herr Georg Sigismund
Vorbergern/ nachmal Caͤmmerern zu Budißin/) in poeticis gewehnt worden
bin/ nimmeꝛmehr in einigem carmine ſolcheꝛ goͤtter nahmen/ es waͤꝛe dann/ daß
es zu dero ſchande gereichete/ zu gedencken. Weil wir den nahmen der Baa-
lim aus unſerm munde thun ſollen. Hoſe 2/ 17. Man achtet zwahr insge-
mein/ es koͤnte kein Carmen eine rechte poetiſche zierde ohne ſolche dinge ha-
ben/ aber gedachter Herr Vorberger zeigte mit ſeinem exempel/ daß die aller
ſchoͤnſte und eben ſo wol ſinnreichſte Carmina moͤchten gemacht werden/ ohne
einige vermiſchung dieſer aus der GOtt widrigen abgoͤtterey hergenomme-
nen gedichten. Daher getraute ich mich nimmer der Minervæ oder einiger
der genannten goͤtter gabe mich zu bezeichnung der goͤttlichen weißheit oder
leitung zu bedienen/ ſorgende ich moͤchte dieſelbe verunehren/ da ich ſie dem

jeni-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0034" n="26"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das dritte Capitel.</hi></fw><lb/>
den-mittel nur zu &#x017F;einem gericht nehme/ &#x017F;o wu&#x0364;rde doch der Prediger/ welcher<lb/>
als ein men&#x017F;ch die hertzen nicht unmittelbar pru&#x0364;fete/ vor GOtt ohne &#x017F;chuld<lb/>
&#x017F;eyn; die&#x017F;er aber/ der leichtfertige men&#x017F;ch allein tragen/ und gewiß/ wie der-<lb/>
gleichen exempel zu finden/ da&#x017F;&#x017F;elbe zu &#x017F;einer zeit &#x017F;chwehrer als er ge&#x017F;orgt/ er-<lb/>
fahren. Jedoch/ &#x017F;o viel mehr als der Prediger noch zimliche ur&#x017F;ach an dem<lb/>
men&#x017F;chen zu haben meinet/ &#x017F;o viel mehr mag er auch &#x017F;eine <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olution</hi> (die oh-<lb/>
ne das alle/ &#x017F;o fern &#x017F;ie von men&#x017F;chen kommet/ dem ver&#x017F;tand nach <hi rendition="#aq">conditionata</hi><lb/>
i&#x017F;t/ wo nemlich der beichtende auch in dem hertzen &#x017F;o &#x017F;eye/ wie er &#x017F;ich mit dem<lb/>
munde als bußfertig dar&#x017F;tellet) derma&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">clau&#x017F;uli</hi>ren/ daß dem men&#x017F;chen/ da<lb/>
er redlich i&#x017F;t/ an &#x017F;einem tro&#x017F;t nichts abgehe/ aber auch/ wo er GOtt und den<lb/>
Prediger zubetriegen ge&#x017F;ucht/ &#x017F;ein hertz und gewi&#x017F;&#x017F;en aus der&#x017F;elben wenig tro-<lb/>
&#x017F;tes zu &#x017F;ta&#x0364;rckung &#x017F;einer &#x017F;icherheit la&#x017F;&#x017F;e. Womit der Prediger &#x017F;ein gewi&#x017F;&#x017F;en al-<lb/>
lerdings retten kan. Der HErr gebe auch hierinn/ und in allem die no&#x0364;-<lb/>
thige klugheit der gerechten/ und wende alles ku&#x0364;nfftige a&#x0364;rgernu&#x0364;ß kra&#x0364;fftig ab.<lb/>
1688.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO VIII</hi>.</hi><lb/>
Enthaltung von poeti&#x017F;chen gedichten von den<lb/>
heidni&#x017F;chen go&#x0364;ttern.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">J</hi>Ch finde die ge&#x017F;chickte <hi rendition="#aq">emblemata</hi> alle <hi rendition="#aq">ingeniös</hi> und &#x017F;innreich/ jedoch<lb/>
hat mich das er&#x017F;te/ deß durch die lantze von oben her regierten lo&#x0364;wen/ am<lb/>
mei&#x017F;ten <hi rendition="#aq">contenti</hi>ret. Was die u&#x0364;brige anlanget/ la&#x0364;ugne ich nicht/ daß<lb/>
ich bedencken habe u&#x0364;ber den poeti&#x017F;chen gedichten/ dafern &#x017F;ie zu go&#x0364;ttlichen din-<lb/>
gen angewendet werden/ wann etwas die heidni&#x017F;che go&#x0364;tter/ in denen der teuf-<lb/>
fel geehrt worden/ betreffend/ eingefu&#x0364;hret wird; und trauete ich &#x017F;ie in nichts<lb/>
anzufu&#x0364;hren/ das einigerley ma&#x017F;&#x017F;en zu ihrer ehre dienen mo&#x0364;chte. Wie ich vor<lb/>
dem in meiner jugend von einem frommen anwei&#x017F;er (Herr Georg Sigismund<lb/>
Vorbergern/ nachmal Ca&#x0364;mmerern zu Budißin/) in <hi rendition="#aq">poeticis</hi> gewehnt worden<lb/>
bin/ nimme&#xA75B;mehr in einigem <hi rendition="#aq">carmine</hi> &#x017F;olche&#xA75B; go&#x0364;tter nahmen/ es wa&#x0364;&#xA75B;e dann/ daß<lb/>
es zu dero &#x017F;chande gereichete/ zu gedencken. Weil wir den nahmen der Baa-<lb/>
lim aus un&#x017F;erm munde thun &#x017F;ollen. <hi rendition="#fr">Ho&#x017F;e 2/ 17.</hi> Man achtet zwahr insge-<lb/>
mein/ es ko&#x0364;nte kein <hi rendition="#aq">Carmen</hi> eine rechte poeti&#x017F;che zierde ohne &#x017F;olche dinge ha-<lb/>
ben/ aber gedachter Herr Vorberger zeigte mit &#x017F;einem exempel/ daß die aller<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te und eben &#x017F;o wol &#x017F;innreich&#x017F;te <hi rendition="#aq">Carmina</hi> mo&#x0364;chten gemacht werden/ ohne<lb/>
einige vermi&#x017F;chung die&#x017F;er aus der GOtt widrigen abgo&#x0364;tterey hergenomme-<lb/>
nen gedichten. Daher getraute ich mich nimmer der <hi rendition="#aq">Minervæ</hi> oder einiger<lb/>
der genannten go&#x0364;tter gabe mich zu bezeichnung der go&#x0364;ttlichen weißheit oder<lb/>
leitung zu bedienen/ &#x017F;orgende ich mo&#x0364;chte die&#x017F;elbe verunehren/ da ich &#x017F;ie dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">jeni-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0034] Das dritte Capitel. den-mittel nur zu ſeinem gericht nehme/ ſo wuͤrde doch der Prediger/ welcher als ein menſch die hertzen nicht unmittelbar pruͤfete/ vor GOtt ohne ſchuld ſeyn; dieſer aber/ der leichtfertige menſch allein tragen/ und gewiß/ wie der- gleichen exempel zu finden/ daſſelbe zu ſeiner zeit ſchwehrer als er geſorgt/ er- fahren. Jedoch/ ſo viel mehr als der Prediger noch zimliche urſach an dem menſchen zu haben meinet/ ſo viel mehr mag er auch ſeine abſolution (die oh- ne das alle/ ſo fern ſie von menſchen kommet/ dem verſtand nach conditionata iſt/ wo nemlich der beichtende auch in dem hertzen ſo ſeye/ wie er ſich mit dem munde als bußfertig darſtellet) dermaſſen clauſuliren/ daß dem menſchen/ da er redlich iſt/ an ſeinem troſt nichts abgehe/ aber auch/ wo er GOtt und den Prediger zubetriegen geſucht/ ſein hertz und gewiſſen aus derſelben wenig tro- ſtes zu ſtaͤrckung ſeiner ſicherheit laſſe. Womit der Prediger ſein gewiſſen al- lerdings retten kan. Der HErr gebe auch hierinn/ und in allem die noͤ- thige klugheit der gerechten/ und wende alles kuͤnfftige aͤrgernuͤß kraͤfftig ab. 1688. SECTIO VIII. Enthaltung von poetiſchen gedichten von den heidniſchen goͤttern. JCh finde die geſchickte emblemata alle ingeniös und ſinnreich/ jedoch hat mich das erſte/ deß durch die lantze von oben her regierten loͤwen/ am meiſten contentiret. Was die uͤbrige anlanget/ laͤugne ich nicht/ daß ich bedencken habe uͤber den poetiſchen gedichten/ dafern ſie zu goͤttlichen din- gen angewendet werden/ wann etwas die heidniſche goͤtter/ in denen der teuf- fel geehrt worden/ betreffend/ eingefuͤhret wird; und trauete ich ſie in nichts anzufuͤhren/ das einigerley maſſen zu ihrer ehre dienen moͤchte. Wie ich vor dem in meiner jugend von einem frommen anweiſer (Herr Georg Sigismund Vorbergern/ nachmal Caͤmmerern zu Budißin/) in poeticis gewehnt worden bin/ nimmeꝛmehr in einigem carmine ſolcheꝛ goͤtter nahmen/ es waͤꝛe dann/ daß es zu dero ſchande gereichete/ zu gedencken. Weil wir den nahmen der Baa- lim aus unſerm munde thun ſollen. Hoſe 2/ 17. Man achtet zwahr insge- mein/ es koͤnte kein Carmen eine rechte poetiſche zierde ohne ſolche dinge ha- ben/ aber gedachter Herr Vorberger zeigte mit ſeinem exempel/ daß die aller ſchoͤnſte und eben ſo wol ſinnreichſte Carmina moͤchten gemacht werden/ ohne einige vermiſchung dieſer aus der GOtt widrigen abgoͤtterey hergenomme- nen gedichten. Daher getraute ich mich nimmer der Minervæ oder einiger der genannten goͤtter gabe mich zu bezeichnung der goͤttlichen weißheit oder leitung zu bedienen/ ſorgende ich moͤchte dieſelbe verunehren/ da ich ſie dem jeni-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/34
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/34>, abgerufen am 23.11.2024.