Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. IV. SECT. I. offt in solchen verstand vorkommt: so dann 2) in vergleichung gegen andere: dawerden nun unter den Christen zweyerley leute gefunden/ einige sind kinder und noch unvollkommene/ andre aber vollkommene/ welche redensart sonderlich ge- gründet ist/ 1. Cor. 2/ 6. 3/ 1. 2. 14/ 20. Hebr. 5/ 11. 12. 13. 14. 1. Joh. 2/ 13. 14. Phil. 3/ 15. 2. Nach gemachtem unterscheid läßt sich nun nicht schwehr und mit gutem 3. Die Evangelische vollkommenheit der heiligung beyder arten muß auch 4. Was aber anlangt die so genante gesetzliche vollkommenheit/ ist die- 5. Jn den meisten angeführten sprüchen/ wird der vollkommenheit gar nichts Petr. s 2
ARTIC. IV. SECT. I. offt in ſolchen verſtand vorkommt: ſo dann 2) in vergleichung gegen andere: dawerden nun unter den Chriſten zweyerley leute gefunden/ einige ſind kinder und noch unvollkommene/ andre aber vollkommene/ welche redensart ſonderlich ge- gruͤndet iſt/ 1. Cor. 2/ 6. 3/ 1. 2. 14/ 20. Hebr. 5/ 11. 12. 13. 14. 1. Joh. 2/ 13. 14. Phil. 3/ 15. 2. Nach gemachtem unterſcheid laͤßt ſich nun nicht ſchwehr und mit gutem 3. Die Evangeliſche vollkommenheit der heiligung beyder arten muß auch 4. Was aber anlangt die ſo genante geſetzliche vollkommenheit/ iſt die- 5. Jn den meiſten angefuͤhrten ſpruͤchen/ wird der vollkommenheit gar nichts Petr. s 2
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ARTIC. IV. SECT. I.
offt in ſolchen verſtand vorkommt: ſo dann 2) in vergleichung gegen andere: da
werden nun unter den Chriſten zweyerley leute gefunden/ einige ſind kinder und
noch unvollkommene/ andre aber vollkommene/ welche redensart ſonderlich ge-
gruͤndet iſt/ 1. Cor. 2/ 6. 3/ 1. 2. 14/ 20. Hebr. 5/ 11. 12. 13. 14. 1. Joh. 2/ 13. 14. Phil. 3/ 15.
2. Nach gemachtem unterſcheid laͤßt ſich nun nicht ſchwehr und mit gutem
grund antworten. Von der Evangeliſchen vollkommenheit der rechtfertigung
wird wol die frage nicht eigentlich ſeyn/ ſondern ſie gern zugegeben werden/ wie
ſie denn zur ſeligkeit ſchlechterdings noͤthig iſt.
3. Die Evangeliſche vollkommenheit der heiligung beyder arten muß auch
zugegeben werden. Jch nenne ſie aber Evangeliſch/ weil ſie zwar in ſolchen
dingen beſtehet/ die das geſetz von uns fordert/ und alſo auch ſofern geſetzlich
gehalten werden moͤchte/ aber nicht allein die krafft dazu/ ſondern auch ihre
guͤltigkeit/ aus dem Evangelio her hat: jenes alſo/ daß was vor tugenden und
gute wercke ſich bey einem glaubigen finden/ ſolche nicht aus dem geſetz/ das ſie
zwar fordert/ ſondern von dem Heil. Geiſt/ den man aus dem Evangelio hat/
durch den glauben gewircket werden: dieſes ſofern weil alle unſere heiligkeit immer
noch einige ſuͤndliche maͤngel an ſich hat/ um dero willen ſie nach der ſtrenge des
geſetzes vor Gottes gericht nicht angenommen werden koͤnte; daher iſts die gnade
des Evangelii/ daß die anklebende gebrechen um des glaubens willen an Chriſtum
bedecket/ und was ſonſten an ſich gut iſt/ von dem Vater als gefaͤllig angenom-
men wird. Jndeſſen ſind die beyde arten ſo fern unterſchieden/ daß die eine voll-
kommenheit/ nemlich der auffrichtigkeit/ ſich bey allen glaͤubigen finden muß/ die
andre koͤmmt allein einigen zu/ und giebts in ſolchen verſtand unvollkommene/ die
doch wahre Chriſten ſind.
4. Was aber anlangt die ſo genante geſetzliche vollkommenheit/ iſt die-
ſelbe in dieſem leben/ ſo lang nemlich das fleiſch uns noch anklebet/ unmuͤglich zu-
erreichen/ noch kan ein deſſen verſichertes exempel gezeiget werden: daher wo un-
ſre chriſtliche Theologi die vollkommenheit laͤugnen/ und gegen diejenige eiffern
welche ſolche vorgeben/ reden ſie allein von dieſer art.
5. Jn den meiſten angefuͤhrten ſpruͤchen/ wird der vollkommenheit gar nichts
gedacht/ noch kan aus derſelben darvon geurtheilet werden. Der ſpruch 1. Joh.
3/ 3.-9. handelt darvon/ daß alle aus GOtt gebohrne nicht ſuͤnde thun/ das iſt/ der
ſuͤnde nicht muthwillig dienen/ welches ſo wol wahr ſeyn muß von denjenigen/
die in dem anfang ihres chriſtenthums ſtehen/ als denen/ die weiter gekommen ſind:
da man ſich doch etwa nicht leicht unterſtehen wird/ alle/ auch ſchwache Chriſten/
ſobald auch vollkommene zu nennen. Wo wir aber ihn auch zu einer vollkom-
menheit ziehen ſollen/ gehoͤret er zu der erſten art der Evangeliſchen vollkommenheit
der heiligung. Jndeſſen thaͤte er nichts zum erweiß der erſetzlichen vollkommenheit/
die nicht allein das ſuͤnde thun/ ſondern auch ſuͤnde haben ausſchlieſſen muß. 2.
Petr.
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