Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. II. SECTIO XXVII.
zu die öffentliche und absonderliche vermahnungen/ bestraffungen und zu-
sprüche/ auch auffsicht auff ihr leben/ gerichtet sind/ daher wenig bey dem
kirchen-amt (ohne die administration der Sacramenten) sich befindet/ so
nicht auch bey der schul-arbeit/ wo sie recht nach Christlicher ordnung einge-
richtet/ sich antreffen liesse: hingegen gibts auch kirchen-dienst hin und wieder
wo die Primarii mit der administratione Sacramentorum nichts zu
thun haben. Also ist so zu reden dieser unterscheid/ daß einige des
Herren schaafe/ andere seine lämmer weiden: wo dann die treue derer/
welche dieses thun/ von nicht geringerer wichtigkeit zur ehre GOttes ist als
der andern seyn mag. Sehe demnach nicht/ wie diese sache einen wichtigen
scrupel geben könte/ daß man nicht mit gutem grund und kräfftig demselben
zu begegnen vermöchte. 1684.

SECTIO XXVII.
Von angemutheter verlassung des predigamts um
der schul-arbeit willen.

JCh komme so bald auff den vornehmsten inhalt dessen schreibens/ wo die
frage lautet: Ob einer/ der in zwey stellen bey der kirchen/ da er
bey seiner gemeinde sonderlich in
studio Biblico durch GOT-
tes gnade nutzen geschafft/ und bey der schul in dem weinberg des
HErren zugleich arbeitet/ wann man ihn von jener ab- und allein
zu dieser/ mit auflegung mehrer
laborum, ziehen wolte/ sol-
ches vor göttlichen willen zu erkennen/ und zu folgen/ oder
lieber bey beyden stellen ferner seine arbeit fortzusetzen habe?

Zu beantwortung dieser frage bleiben einige dinge voraus gesetzt/ als
die nicht in zweiffel gezogen werden können. 1. Daß in kirchen und schu-
len GOTT dem HERRN gefällig und mit geistlichem nutzen in bey-
den an dessen schaaffen und lämmern gearbeitet werden könne. 2. Daß
jeglicher seine anvertraute gaben auff die weise anzuwenden habe/ daß als-
viel an ihm ist/ und ihm GOtt gelegenheit anweiset/ deroselben gebrauch er-
breitet und am wenigsten eingespannet werde. 3. Daß das urtheil über die
tüchtigkeit unserer gaben/ und worzu sie am bequemsten anzuwenden seyen/
am sichersten den jenigen/ welche über uns zu disponiren haben/ und dero liebe
zu beforderung göttlicher ehren uns bekant ist/ überlassen werde; Es seye
dann/ daß wir selbs eine gnugsame überzeugung über eine sache und neigung
unsers hertzens bey uns finden. Vorausgesetzt also dieser stücke/ so hielte
davor 1. daß in den beiden stellen/ darein der HErr denselben gesetzt/ auch sei-

nen
D d d d 2

ARTIC. II. SECTIO XXVII.
zu die oͤffentliche und abſonderliche vermahnungen/ beſtraffungen und zu-
ſpruͤche/ auch auffſicht auff ihr leben/ gerichtet ſind/ daher wenig bey dem
kirchen-amt (ohne die adminiſtration der Sacramenten) ſich befindet/ ſo
nicht auch bey der ſchul-arbeit/ wo ſie recht nach Chriſtlicher ordnung einge-
richtet/ ſich antreffen lieſſe: hingegen gibts auch kirchen-dienſt hin und wieder
wo die Primarii mit der adminiſtratione Sacramentorum nichts zu
thun haben. Alſo iſt ſo zu reden dieſer unterſcheid/ daß einige des
Herren ſchaafe/ andere ſeine laͤmmer weiden: wo dann die treue derer/
welche dieſes thun/ von nicht geringerer wichtigkeit zur ehre GOttes iſt als
der andern ſeyn mag. Sehe demnach nicht/ wie dieſe ſache einen wichtigen
ſcrupel geben koͤnte/ daß man nicht mit gutem grund und kraͤfftig demſelben
zu begegnen vermoͤchte. 1684.

SECTIO XXVII.
Von angemutheter veꝛlaſſung des predigamts um
der ſchul-arbeit willen.

JCh komme ſo bald auff den vornehmſten inhalt deſſen ſchreibens/ wo die
frage lautet: Ob einer/ der in zwey ſtellen bey der kirchen/ da er
bey ſeiner gemeinde ſonderlich in
ſtudio Biblico durch GOT-
tes gnade nutzen geſchafft/ und bey der ſchul in dem weinberg des
HErren zugleich arbeitet/ wann man ihn von jener ab- und allein
zu dieſer/ mit auflegung mehrer
laborum, ziehen wolte/ ſol-
ches vor goͤttlichen willen zu erkennen/ und zu folgen/ oder
lieber bey beyden ſtellen ferner ſeine arbeit fortzuſetzen habe?

Zu beantwortung dieſer frage bleiben einige dinge voraus geſetzt/ als
die nicht in zweiffel gezogen werden koͤnnen. 1. Daß in kirchen und ſchu-
len GOTT dem HERRN gefaͤllig und mit geiſtlichem nutzen in bey-
den an deſſen ſchaaffen und laͤmmern gearbeitet werden koͤnne. 2. Daß
jeglicher ſeine anvertraute gaben auff die weiſe anzuwenden habe/ daß als-
viel an ihm iſt/ und ihm GOtt gelegenheit anweiſet/ deroſelben gebrauch er-
breitet und am wenigſten eingeſpannet werde. 3. Daß das urtheil uͤber die
tuͤchtigkeit unſerer gaben/ und worzu ſie am bequemſten anzuwenden ſeyen/
am ſicherſten den jenigen/ welche uͤber uns zu diſponiren haben/ und dero liebe
zu beforderung goͤttlicher ehren uns bekant iſt/ uͤberlaſſen werde; Es ſeye
dann/ daß wir ſelbs eine gnugſame uͤberzeugung uͤber eine ſache und neigung
unſers hertzens bey uns finden. Vorausgeſetzt alſo dieſer ſtuͤcke/ ſo hielte
davor 1. daß in den beiden ſtellen/ darein der HErr denſelben geſetzt/ auch ſei-

nen
D d d d 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0595" n="579"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">ARTIC. II. <hi rendition="#g">SECTIO</hi> XXVII.</hi></hi></fw><lb/>
zu die o&#x0364;ffentliche und ab&#x017F;onderliche vermahnungen/ be&#x017F;traffungen und zu-<lb/>
&#x017F;pru&#x0364;che/ auch auff&#x017F;icht auff ihr leben/ gerichtet &#x017F;ind/ daher wenig bey dem<lb/>
kirchen-amt (ohne die <hi rendition="#aq">admini&#x017F;tration</hi> der Sacramenten) &#x017F;ich befindet/ &#x017F;o<lb/>
nicht auch bey der &#x017F;chul-arbeit/ wo &#x017F;ie recht nach Chri&#x017F;tlicher ordnung einge-<lb/>
richtet/ &#x017F;ich antreffen lie&#x017F;&#x017F;e: hingegen gibts auch kirchen-dien&#x017F;t hin und wieder<lb/>
wo die <hi rendition="#aq">Primarii</hi> mit der <hi rendition="#aq">admini&#x017F;tratione Sacramentorum</hi> nichts zu<lb/>
thun haben. Al&#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;o zu reden die&#x017F;er unter&#x017F;cheid/ daß einige des<lb/>
Herren <hi rendition="#fr">&#x017F;chaafe/</hi> andere &#x017F;eine <hi rendition="#fr">la&#x0364;mmer</hi> weiden: wo dann die treue derer/<lb/>
welche die&#x017F;es thun/ von nicht geringerer wichtigkeit zur ehre GOttes i&#x017F;t als<lb/>
der andern &#x017F;eyn mag. Sehe demnach nicht/ wie die&#x017F;e &#x017F;ache einen wichtigen<lb/>
&#x017F;crupel geben ko&#x0364;nte/ daß man nicht mit gutem grund und kra&#x0364;fftig dem&#x017F;elben<lb/>
zu begegnen vermo&#x0364;chte. 1684.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XXVII.</hi><lb/>
Von angemutheter ve&#xA75B;la&#x017F;&#x017F;ung des predigamts um<lb/>
der &#x017F;chul-arbeit willen.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">J</hi>Ch komme &#x017F;o bald auff den vornehm&#x017F;ten inhalt de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chreibens/ wo die<lb/>
frage lautet: <hi rendition="#fr">Ob einer/ der in zwey &#x017F;tellen bey der kirchen/ da er<lb/>
bey &#x017F;einer gemeinde &#x017F;onderlich in</hi> <hi rendition="#aq">&#x017F;tudio Biblico</hi> <hi rendition="#fr">durch GOT-<lb/>
tes gnade nutzen ge&#x017F;chafft/ und bey der &#x017F;chul in dem weinberg des<lb/>
HErren zugleich arbeitet/ wann man ihn von jener ab- und allein<lb/>
zu die&#x017F;er/ mit auflegung mehrer</hi> <hi rendition="#aq">laborum,</hi> <hi rendition="#fr">ziehen wolte/ &#x017F;ol-<lb/>
ches vor go&#x0364;ttlichen willen zu erkennen/ und zu folgen/ oder<lb/>
lieber bey beyden &#x017F;tellen ferner &#x017F;eine arbeit fortzu&#x017F;etzen habe?</hi><lb/>
Zu beantwortung die&#x017F;er frage bleiben einige dinge voraus ge&#x017F;etzt/ als<lb/>
die nicht in zweiffel gezogen werden ko&#x0364;nnen. 1. Daß in kirchen und &#x017F;chu-<lb/>
len GOTT dem HERRN gefa&#x0364;llig und mit gei&#x017F;tlichem nutzen in bey-<lb/>
den an de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chaaffen und la&#x0364;mmern gearbeitet werden ko&#x0364;nne. 2. Daß<lb/>
jeglicher &#x017F;eine anvertraute gaben auff die wei&#x017F;e anzuwenden habe/ daß als-<lb/>
viel an ihm i&#x017F;t/ und ihm GOtt gelegenheit anwei&#x017F;et/ dero&#x017F;elben gebrauch er-<lb/>
breitet und am wenig&#x017F;ten einge&#x017F;pannet werde. 3. Daß das urtheil u&#x0364;ber die<lb/>
tu&#x0364;chtigkeit un&#x017F;erer gaben/ und worzu &#x017F;ie am bequem&#x017F;ten anzuwenden &#x017F;eyen/<lb/>
am &#x017F;icher&#x017F;ten den jenigen/ welche u&#x0364;ber uns zu <hi rendition="#aq">di&#x017F;poni</hi>ren haben/ und dero liebe<lb/>
zu beforderung go&#x0364;ttlicher ehren uns bekant i&#x017F;t/ u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en werde; Es &#x017F;eye<lb/>
dann/ daß wir &#x017F;elbs eine gnug&#x017F;ame u&#x0364;berzeugung u&#x0364;ber eine &#x017F;ache und neigung<lb/>
un&#x017F;ers hertzens bey uns finden. Vorausge&#x017F;etzt al&#x017F;o die&#x017F;er &#x017F;tu&#x0364;cke/ &#x017F;o hielte<lb/>
davor 1. daß in den beiden &#x017F;tellen/ darein der HErr den&#x017F;elben ge&#x017F;etzt/ auch &#x017F;ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d d d 2</fw><fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[579/0595] ARTIC. II. SECTIO XXVII. zu die oͤffentliche und abſonderliche vermahnungen/ beſtraffungen und zu- ſpruͤche/ auch auffſicht auff ihr leben/ gerichtet ſind/ daher wenig bey dem kirchen-amt (ohne die adminiſtration der Sacramenten) ſich befindet/ ſo nicht auch bey der ſchul-arbeit/ wo ſie recht nach Chriſtlicher ordnung einge- richtet/ ſich antreffen lieſſe: hingegen gibts auch kirchen-dienſt hin und wieder wo die Primarii mit der adminiſtratione Sacramentorum nichts zu thun haben. Alſo iſt ſo zu reden dieſer unterſcheid/ daß einige des Herren ſchaafe/ andere ſeine laͤmmer weiden: wo dann die treue derer/ welche dieſes thun/ von nicht geringerer wichtigkeit zur ehre GOttes iſt als der andern ſeyn mag. Sehe demnach nicht/ wie dieſe ſache einen wichtigen ſcrupel geben koͤnte/ daß man nicht mit gutem grund und kraͤfftig demſelben zu begegnen vermoͤchte. 1684. SECTIO XXVII. Von angemutheter veꝛlaſſung des predigamts um der ſchul-arbeit willen. JCh komme ſo bald auff den vornehmſten inhalt deſſen ſchreibens/ wo die frage lautet: Ob einer/ der in zwey ſtellen bey der kirchen/ da er bey ſeiner gemeinde ſonderlich in ſtudio Biblico durch GOT- tes gnade nutzen geſchafft/ und bey der ſchul in dem weinberg des HErren zugleich arbeitet/ wann man ihn von jener ab- und allein zu dieſer/ mit auflegung mehrer laborum, ziehen wolte/ ſol- ches vor goͤttlichen willen zu erkennen/ und zu folgen/ oder lieber bey beyden ſtellen ferner ſeine arbeit fortzuſetzen habe? Zu beantwortung dieſer frage bleiben einige dinge voraus geſetzt/ als die nicht in zweiffel gezogen werden koͤnnen. 1. Daß in kirchen und ſchu- len GOTT dem HERRN gefaͤllig und mit geiſtlichem nutzen in bey- den an deſſen ſchaaffen und laͤmmern gearbeitet werden koͤnne. 2. Daß jeglicher ſeine anvertraute gaben auff die weiſe anzuwenden habe/ daß als- viel an ihm iſt/ und ihm GOtt gelegenheit anweiſet/ deroſelben gebrauch er- breitet und am wenigſten eingeſpannet werde. 3. Daß das urtheil uͤber die tuͤchtigkeit unſerer gaben/ und worzu ſie am bequemſten anzuwenden ſeyen/ am ſicherſten den jenigen/ welche uͤber uns zu diſponiren haben/ und dero liebe zu beforderung goͤttlicher ehren uns bekant iſt/ uͤberlaſſen werde; Es ſeye dann/ daß wir ſelbs eine gnugſame uͤberzeugung uͤber eine ſache und neigung unſers hertzens bey uns finden. Vorausgeſetzt alſo dieſer ſtuͤcke/ ſo hielte davor 1. daß in den beiden ſtellen/ darein der HErr denſelben geſetzt/ auch ſei- nen D d d d 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/595
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/595>, abgerufen am 22.11.2024.