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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das andere Capitel.
den lassen/ und solches auff den Salomo spahrte/ nicht übel gefallen/ und zu
herrlicher verheissung gelegenheit gegeben hat. Und wo der vocandus sich
nicht vor der vocation rühren darff/ warum darff er sich dann insgemein an-
melden und anerbieten? 4. Wird auch dem anmelden entgegen gehalten/
die nothwendigkeit der sendung und beruffs Rom. 10/ 15. u. Hebr.
5/ 4. wider welche ich freylich nichts zugeben noch billigen wollte/ daß einer
ohne sendung und beruff sich des amtes zu unternehmen gelüsten liesse. Es
ist aber bereits gezeiget/ daß senden und anmelden gantz wohl neben einander
stehen: und wie mein anmelden das göttliche senden nicht erzwinget/ so wenig
das erste allgemeine anerbieten/ so hebet das senden auch jenes nicht auf/
sondern lässet es mit unter die vorbereitungs-wercke gehören/ deren manch-
mahl viele vorhergehen/ ohne daß deswegen der beruff aufgehaben würde.
5. Solle es auch wider die praxin des A. und N. T. lauffen. Jch mercke a-
ber billich dabey dieses/ daß die exempel der unmittelbahr-beruffenen blosser
dings hieher nicht gehören/ da freylich gern gestanden wird/ daß sich
niemand dazu anbieten können/ was in keine ordnung gehörte/ und also nie-
mand vorher wissen konte/ daß GOtt einen Propheten senden wolle/ biß er
solches gethan. So war der gemeine Priester- und Leviten-beruff eine sache/ die
an ihrem geschlecht hieng. Nachdem aber dieselbe hin und wieder ihre gewisse
verrichtungen hatten/ wolte ich eben nicht leugnen/ ob nicht einer oder andere
zuweilen zu gewissen stellen sich anbieten mögen. Wo auch jemand dem HEr-
ren und zu seinem dienst verlobet wurde/ wie das exempel bey Samuel gescha-
he/ ist es auch eine art einer anbietung: ob wir wohl sonsten/ da die kirchen-
historie des Jüdischen volcks so ausführlich nicht beschrieben ist/ nicht eben
andere exempel und wie es in allem hergegangen/ vorweisen können. Jn
dem N. T. werden uns meistentheils auch nur die exempel der unmittelbah-
ren beruffungen austrücklicher beschrieben: von den andern aber fast nur ins-
gemein gesagt/ daß der heilige Geist/ oder auch ein Apostel und Apostolische
männer einige zu bischoffen/ zu hirten/ zu ältesten gesetzt und verordnet ha-
ben: Ob wir nun nicht eben zeigen können/ daß sich einige selbs angemeldet
und anerboten/ wird doch auch hingegen nicht nur das gegentheil/ daß sich/ kei-
ner nie anerboten/ nicht gesaget/ sondern es ist der herrlichen und brünstigen
liebe der Christen solcher zeit nicht ungemäß/ daß damal als der kirchendienst
nichts als gefahr und last war und nicht wohl jemand aus fleischlichen absich-
ten darnach trachten konte/ einige sich zu dem dienst der gemeinde/ da man ei-
nige leute bedorfft/ von freyen stücken anerbotten hätten. Davon gedancken
zu schöpffen die wort Pauli möchten anlaß geben 1. Cor. 16/ 15. Jhr ken-
net das hauß Stephana/ daß sie sind die erstlinge in Achaja und ha-
ben sich selbs verordnet zum dienst der heiligen.
6. Das sechste argu-

ment

Das andere Capitel.
den laſſen/ und ſolches auff den Salomo ſpahrte/ nicht uͤbel gefallen/ und zu
herrlicher verheiſſung gelegenheit gegeben hat. Und wo der vocandus ſich
nicht vor der vocation ruͤhren darff/ warum darff er ſich dann insgemein an-
melden und anerbieten? 4. Wird auch dem anmelden entgegen gehalten/
die nothwendigkeit der ſendung und beruffs Rom. 10/ 15. u. Hebr.
5/ 4. wider welche ich freylich nichts zugeben noch billigen wollte/ daß einer
ohne ſendung und beruff ſich des amtes zu unternehmen geluͤſten lieſſe. Es
iſt aber bereits gezeiget/ daß ſenden und anmelden gantz wohl neben einander
ſtehen: und wie mein anmelden das goͤttliche ſenden nicht erzwinget/ ſo wenig
das erſte allgemeine anerbieten/ ſo hebet das ſenden auch jenes nicht auf/
ſondern laͤſſet es mit unter die vorbereitungs-wercke gehoͤren/ deren manch-
mahl viele vorhergehen/ ohne daß deswegen der beruff aufgehaben wuͤrde.
5. Solle es auch wider die praxin des A. und N. T. lauffen. Jch mercke a-
ber billich dabey dieſes/ daß die exempel der unmittelbahr-beruffenen bloſſer
dings hieher nicht gehoͤren/ da freylich gern geſtanden wird/ daß ſich
niemand dazu anbieten koͤnnen/ was in keine ordnung gehoͤrte/ und alſo nie-
mand vorher wiſſen konte/ daß GOtt einen Propheten ſenden wolle/ biß er
ſolches gethan. So war der gemeine Prieſter- und Leviten-beruff eine ſache/ die
an ihrem geſchlecht hieng. Nachdem aber dieſelbe hin und wieder ihre gewiſſe
verrichtungen hatten/ wolte ich eben nicht leugnen/ ob nicht einer oder andere
zuweilen zu gewiſſen ſtellen ſich anbieten moͤgen. Wo auch jemand dem HEr-
ren und zu ſeinem dienſt verlobet wurde/ wie das exempel bey Samuel geſcha-
he/ iſt es auch eine art einer anbietung: ob wir wohl ſonſten/ da die kirchen-
hiſtorie des Juͤdiſchen volcks ſo ausfuͤhrlich nicht beſchrieben iſt/ nicht eben
andere exempel und wie es in allem hergegangen/ vorweiſen koͤnnen. Jn
dem N. T. werden uns meiſtentheils auch nur die exempel der unmittelbah-
ren beruffungen austruͤcklicher beſchrieben: von den andern aber faſt nur ins-
gemein geſagt/ daß der heilige Geiſt/ oder auch ein Apoſtel und Apoſtoliſche
maͤnner einige zu biſchoffen/ zu hirten/ zu aͤlteſten geſetzt und verordnet ha-
ben: Ob wir nun nicht eben zeigen koͤnnen/ daß ſich einige ſelbs angemeldet
und anerboten/ wird doch auch hingegen nicht nur das gegentheil/ daß ſich/ kei-
ner nie anerboten/ nicht geſaget/ ſondern es iſt der herrlichen und bruͤnſtigen
liebe der Chriſten ſolcher zeit nicht ungemaͤß/ daß damal als der kirchendienſt
nichts als gefahr und laſt war und nicht wohl jemand aus fleiſchlichen abſich-
ten darnach trachten konte/ einige ſich zu dem dienſt der gemeinde/ da man ei-
nige leute bedorfft/ von freyen ſtuͤcken anerbotten haͤtten. Davon gedancken
zu ſchoͤpffen die wort Pauli moͤchten anlaß geben 1. Cor. 16/ 15. Jhr ken-
net das hauß Stephana/ daß ſie ſind die erſtlinge in Achaja und ha-
ben ſich ſelbs verordnet zum dienſt der heiligen.
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ment
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[446/0462] Das andere Capitel. den laſſen/ und ſolches auff den Salomo ſpahrte/ nicht uͤbel gefallen/ und zu herrlicher verheiſſung gelegenheit gegeben hat. Und wo der vocandus ſich nicht vor der vocation ruͤhren darff/ warum darff er ſich dann insgemein an- melden und anerbieten? 4. Wird auch dem anmelden entgegen gehalten/ die nothwendigkeit der ſendung und beruffs Rom. 10/ 15. u. Hebr. 5/ 4. wider welche ich freylich nichts zugeben noch billigen wollte/ daß einer ohne ſendung und beruff ſich des amtes zu unternehmen geluͤſten lieſſe. Es iſt aber bereits gezeiget/ daß ſenden und anmelden gantz wohl neben einander ſtehen: und wie mein anmelden das goͤttliche ſenden nicht erzwinget/ ſo wenig das erſte allgemeine anerbieten/ ſo hebet das ſenden auch jenes nicht auf/ ſondern laͤſſet es mit unter die vorbereitungs-wercke gehoͤren/ deren manch- mahl viele vorhergehen/ ohne daß deswegen der beruff aufgehaben wuͤrde. 5. Solle es auch wider die praxin des A. und N. T. lauffen. Jch mercke a- ber billich dabey dieſes/ daß die exempel der unmittelbahr-beruffenen bloſſer dings hieher nicht gehoͤren/ da freylich gern geſtanden wird/ daß ſich niemand dazu anbieten koͤnnen/ was in keine ordnung gehoͤrte/ und alſo nie- mand vorher wiſſen konte/ daß GOtt einen Propheten ſenden wolle/ biß er ſolches gethan. So war der gemeine Prieſter- und Leviten-beruff eine ſache/ die an ihrem geſchlecht hieng. Nachdem aber dieſelbe hin und wieder ihre gewiſſe verrichtungen hatten/ wolte ich eben nicht leugnen/ ob nicht einer oder andere zuweilen zu gewiſſen ſtellen ſich anbieten moͤgen. Wo auch jemand dem HEr- ren und zu ſeinem dienſt verlobet wurde/ wie das exempel bey Samuel geſcha- he/ iſt es auch eine art einer anbietung: ob wir wohl ſonſten/ da die kirchen- hiſtorie des Juͤdiſchen volcks ſo ausfuͤhrlich nicht beſchrieben iſt/ nicht eben andere exempel und wie es in allem hergegangen/ vorweiſen koͤnnen. Jn dem N. T. werden uns meiſtentheils auch nur die exempel der unmittelbah- ren beruffungen austruͤcklicher beſchrieben: von den andern aber faſt nur ins- gemein geſagt/ daß der heilige Geiſt/ oder auch ein Apoſtel und Apoſtoliſche maͤnner einige zu biſchoffen/ zu hirten/ zu aͤlteſten geſetzt und verordnet ha- ben: Ob wir nun nicht eben zeigen koͤnnen/ daß ſich einige ſelbs angemeldet und anerboten/ wird doch auch hingegen nicht nur das gegentheil/ daß ſich/ kei- ner nie anerboten/ nicht geſaget/ ſondern es iſt der herrlichen und bruͤnſtigen liebe der Chriſten ſolcher zeit nicht ungemaͤß/ daß damal als der kirchendienſt nichts als gefahr und laſt war und nicht wohl jemand aus fleiſchlichen abſich- ten darnach trachten konte/ einige ſich zu dem dienſt der gemeinde/ da man ei- nige leute bedorfft/ von freyen ſtuͤcken anerbotten haͤtten. Davon gedancken zu ſchoͤpffen die wort Pauli moͤchten anlaß geben 1. Cor. 16/ 15. Jhr ken- net das hauß Stephana/ daß ſie ſind die erſtlinge in Achaja und ha- ben ſich ſelbs verordnet zum dienſt der heiligen. 6. Das ſechſte argu- ment

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/462>, abgerufen am 22.11.2024.