Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Anhang Babel vorstehet/ eben nicht treffen wird/ daß nichts desto weniger ein schreck-liches gericht/ nach dem maaß der schwehre seiner sünde/ ihm bevorstehe/ und er also dessen wenig gebessert seye/ nicht in der gemeinschafft Babels gestan- den zu seyn. Ja es mag seine verdammniß so viel schwehrer werden/ gegen viele/ die in Babel aus unwissenheit sich ihrer greuel theilhafftig gemacht/ als er etwa nach mehr empfangener gnade sich der unwissenheit weniger be- helffen kan. §. LXXIV. Es hat sich aber ein solcher damit zu hüten/ kein Antichrist ge-
Anhang Babel vorſtehet/ eben nicht treffen wird/ daß nichts deſto weniger ein ſchreck-liches gericht/ nach dem maaß der ſchwehre ſeiner ſuͤnde/ ihm bevorſtehe/ und er alſo deſſen wenig gebeſſert ſeye/ nicht in der gemeinſchafft Babels geſtan- den zu ſeyn. Ja es mag ſeine verdammniß ſo viel ſchwehrer werden/ gegen viele/ die in Babel aus unwiſſenheit ſich ihrer greuel theilhafftig gemacht/ als er etwa nach mehr empfangener gnade ſich der unwiſſenheit weniger be- helffen kan. §. LXXIV. Es hat ſich aber ein ſolcher damit zu huͤten/ kein Antichriſt ge-
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Anhang
Babel vorſtehet/ eben nicht treffen wird/ daß nichts deſto weniger ein ſchreck-
liches gericht/ nach dem maaß der ſchwehre ſeiner ſuͤnde/ ihm bevorſtehe/ und
er alſo deſſen wenig gebeſſert ſeye/ nicht in der gemeinſchafft Babels geſtan-
den zu ſeyn. Ja es mag ſeine verdammniß ſo viel ſchwehrer werden/ gegen
viele/ die in Babel aus unwiſſenheit ſich ihrer greuel theilhafftig gemacht/
als er etwa nach mehr empfangener gnade ſich der unwiſſenheit weniger be-
helffen kan.
§. LXXIV. Es hat ſich aber ein ſolcher damit zu huͤten/ kein Antichriſt
zu werden/ wo er uͤber der heiligen und wahren lehre treulich haͤlt; wo er den
geboten ſeines Heylandes gemaͤß ſein leben anſtellet/ und ſich in ſeinem amt
aller herrſchafft uͤber die gewiſſen/ als dero ſich Paulus 2. Cor. 1/ 24. eben
ſo wenig anmaſſen wollen/ enthaͤlt: und alles dasjenige ſeiner ſeits unter-
laͤſſet/ was er ſelbs an dem groſſen Antichriſt ſtraffet. Und da haben dieje-
nige reglen/ die ihm n. 93. vorgeſchrieben werden/ ihren platz: daß er 1. in dem
betruͤbten ſtand der kirchen mit derſelben traure/ und ſich nicht in der welt-
luſt ſchwemme. 2. Daß er nicht von ſeiner gemeinde halte/ wie die Phari-
ſeer von den ihrigen Joh. 7/ 43. ſondern ſo wol fleiß anwende/ daß die gemei-
ne des willens GOttes nicht unwiſſend bleibe/ als glaube/ es ſeyen auch die-
ſelbe zur erkaͤntnuͤß des heils von GOtt beruffen/ auch ihnen ſolches treulich
vorſtelle/ ſie zu ihrer pflicht auffzumuntern. 3. Daß er mit ehrerbietung/ lie-
be/ treue und ſorge ſein amt verwalte/ undzwahr 4. in groſſer demuth der ge-
meinde vorſtehe/ nicht als der mann im hauſe/ oder als der Herr; dazu gehoͤ-
ret/ daß er von ſeinen zuhoͤrern niemahl fordere/ daß ſie ihm um ſeinet willen
glauben muͤſten/ ſondern ſie allezeit auff den HErrn und ſein wort weiſe/ da-
hin gewehnende/ daß ſie alles ihnen vorgetragene/ jeglicher nach der maaß
ſeiner gabe/ ſelbs aus GOttes wort pruͤfen/ um ihren glauben nicht auff des
Pfarherrn ſagen/ ſondern der ſchrifft und das zeugniß ihres gewiſſens aus
derſelben/ zu gruͤnden: alſo auch daß ers wol leiden moͤge/ wo die zuhoͤrer ei-
nigen zweifel bey ſeiner lehr finden/ ihnen daruͤber rechenſchafft zu geben/ und
ihnen/ draus zu helffen: ja auch dero liebreiche erinnerungen/ wo es an ihm
gefehlet/ mit willigem hertzen annehme. Jndeſſen ſoll er freylich 5. ſich nicht
als einen knecht halten laſſen/ daß man ihm in ſeinem amt wider die ordnung
ſeines Herrn ſtreitende geſetz wolte vorſchreiben/ und einen menſchen knecht
an ſtatt eines dieners GOttes aus ihm machen. Sondern 6. als der mut-
ter aͤlteſter ſohn/ der vor dieſelbe und vor ſeine mitbruͤder treulich zu ſorgen
hat: Aber 7. alles nicht nach eigenem wolgefallen und duͤnckeln/ ſondern nach
des vaters verordnung und des HErrn befehl. Da iſts alsdann wahr/ was
auch n. 96. gemeldet wird/ daß kein prediger zu ſorgen habe/ daß damit ſein
reſpect werde geſchmaͤlert werden/ ſondern diejenige ehre/ die er mit gutem
ge-
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