Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das erste Capitel. ren/ und seiner väterlichen liebe werckzeuge gegen jedermann zu werden.Sonderlich war mir angenehm/ daß dem HErrn HErrn gefallen/ nechst den Sprüchen H. Schrifft vor andern des S. Arndten wahres Christenthum bey ihm dermassen zu segnen/ daß er mehr von der welt zu GOtt gezogen wor- den. Denn wie ich mich auch aus lesung solches buchs durch GOttes gnade offt kräfftig gerühret worden zu seyn erinnere/ und daraus gegen dasselbe ei- ne so viel inniglichere liebe gefast/ daß dieselbe auch nicht berge/ und es daher jedermann nach vermögen recommendire/ obwol nicht weniger verdruß und widerwillen gewisser leute hin und wieder auff mich dadurch geladen habe; also freuet mich/ so offt mich GOtt noch von andern Christl. brüdern das zeugnüß des guten hören lässet/ was er durch die schrifften solches vorlängst in seine freude eingegangenen knechts bey denselben gewircket habe: davor billig allemal seine güte zu preisen habe. Daß zu erkäntnüß göttl. wahrheit und willens die Heil. Schrifft das von GOtt geordnete einige haupt-mit- tel seye/ wird bey mir und allen Christen eine ausgemachte sache bleiben/ da- her auch zu solchem zweck nichts wichtiger und dienlicher so bey denjenigen/ welche ihrem eignen Christenthum allein obligen/ als die sich auch zu dem dienst der gemeinde bereiten/ gedacht werden kan/ als deroselben fleißige und gründliche untersuchung/ wie auch unsre Symbolische bücher solchem haupt- buch die ehre der einigen richtschnur und probiersteins aller wahrheit mit recht beylegen/ und weder andre ältere bekäntnüssen/ noch sich selbst densel- ben im wenigsten gleich geachtet haben wollen/ massen sie sich insgesamt aus denselben prüfen und urtheilen lassen müssen: daher es ferne seye/ daß ich ei- nigen menschen von diesem heiligsten studio und nöthigsten arbeit abhalten/ oder nur darinnen träge machen solte/ dazu lieber jedermann auffmuntern will. Jndessen bekenne/ daß ohne praejudiz jenes studii und ohne dessen nach- setzung Christl. personen/ sonderlich welche sich darzu geschickt machen sollen/ dermaleins GOtt an einer gemeine zu dienen/ billig und hertzlich rathe/ daß sie neben der Heil. Schrifft auch einige zeit anwenden zu lesung/ wie unsrer librorum symbolicorum, also auch einiges Compendii, Systematis oder der- gleichen/ da unsre Theologie in einer gebräuchlichen ordnung vorgestellet wird. Einmahl zwahr/ weil aus denselben eine gantze idea unsrer wahren glaubens-lehr leichter zu fassen stehet/ die in der Heil. Schrifft hin und her zerstreuet ist/ und es eine schwehrere arbeit wird/ daß die auch ungeübte die völlige ordnung aller göttlichen wahrheit hin und her aus der lieben Bibel zusammen bringen und fassen lönnen/ als sie bereits/ nachdem sie mit vieler mühe von andern dienern GOttes in seiner gnade aus der schrifft zusammen gebracht sind/ auff einmahl an- und überzusehen: darnach/ daß die nun in der kirche gewöhnliche redens-arten/ so aus unterschiedlichen ursachen eingefüh- ret
Das erſte Capitel. ren/ und ſeiner vaͤterlichen liebe werckzeuge gegen jedermann zu werden.Sonderlich war mir angenehm/ daß dem HErrn HErrn gefallen/ nechſt den Spruͤchen H. Schrifft vor andern des S. Arndten wahres Chriſtenthum bey ihm dermaſſen zu ſegnen/ daß er mehr von der welt zu GOtt gezogen wor- den. Denn wie ich mich auch aus leſung ſolches buchs durch GOttes gnade offt kraͤfftig geruͤhret worden zu ſeyn erinnere/ und daraus gegen daſſelbe ei- ne ſo viel inniglichere liebe gefaſt/ daß dieſelbe auch nicht berge/ und es daher jedermann nach vermoͤgen recommendire/ obwol nicht weniger verdruß und widerwillen gewiſſer leute hin und wieder auff mich dadurch geladen habe; alſo freuet mich/ ſo offt mich GOtt noch von andern Chriſtl. bruͤdern das zeugnuͤß des guten hoͤren laͤſſet/ was er durch die ſchrifften ſolches vorlaͤngſt in ſeine freude eingegangenen knechts bey denſelben gewircket habe: davor billig allemal ſeine guͤte zu preiſen habe. Daß zu erkaͤntnuͤß goͤttl. wahrheit und willens die Heil. Schrifft das von GOtt geordnete einige haupt-mit- tel ſeye/ wird bey mir und allen Chriſten eine ausgemachte ſache bleiben/ da- her auch zu ſolchem zweck nichts wichtiger und dienlicher ſo bey denjenigen/ welche ihrem eignen Chriſtenthum allein obligen/ als die ſich auch zu dem dienſt der gemeinde bereiten/ gedacht werden kan/ als deroſelben fleißige und gruͤndliche unterſuchung/ wie auch unſre Symboliſche buͤcher ſolchem haupt- buch die ehre der einigen richtſchnur und probierſteins aller wahrheit mit recht beylegen/ und weder andre aͤltere bekaͤntnuͤſſen/ noch ſich ſelbſt denſel- ben im wenigſten gleich geachtet haben wollen/ maſſen ſie ſich insgeſamt aus denſelben pruͤfen und urtheilen laſſen muͤſſen: daher es ferne ſeye/ daß ich ei- nigen menſchen von dieſem heiligſten ſtudio und noͤthigſten arbeit abhalten/ oder nur darinnen traͤge machen ſolte/ dazu lieber jedermann auffmuntern will. Jndeſſen bekenne/ daß ohne præjudiz jenes ſtudii und ohne deſſen nach- ſetzung Chriſtl. perſonen/ ſonderlich welche ſich darzu geſchickt machen ſollen/ dermaleins GOtt an einer gemeine zu dienen/ billig und hertzlich rathe/ daß ſie neben der Heil. Schrifft auch einige zeit anwenden zu leſung/ wie unſrer librorum ſymbolicorum, alſo auch einiges Compendii, Syſtematis oder der- gleichen/ da unſre Theologie in einer gebraͤuchlichen ordnung vorgeſtellet wird. Einmahl zwahr/ weil aus denſelben eine gantze idea unſrer wahren glaubens-lehr leichter zu faſſen ſtehet/ die in der Heil. Schrifft hin und her zerſtreuet iſt/ und es eine ſchwehrere arbeit wird/ daß die auch ungeuͤbte die voͤllige ordnung aller goͤttlichen wahrheit hin und her aus der lieben Bibel zuſammen bringen und faſſen loͤnnen/ als ſie bereits/ nachdem ſie mit vieler muͤhe von andern dienern GOttes in ſeiner gnade aus der ſchrifft zuſammen gebracht ſind/ auff einmahl an- und uͤberzuſehen: darnach/ daß die nun in der kirche gewoͤhnliche redens-arten/ ſo aus unterſchiedlichen urſachen eingefuͤh- ret
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0312" n="296"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das erſte Capitel.</hi></fw><lb/> ren/ und ſeiner vaͤterlichen liebe werckzeuge gegen jedermann zu werden.<lb/> Sonderlich war mir angenehm/ daß dem HErrn HErrn gefallen/ nechſt den<lb/> Spruͤchen H. Schrifft vor andern des S. <hi rendition="#fr">Arndten wahres Chriſtenthum</hi><lb/> bey ihm dermaſſen zu ſegnen/ daß er mehr von der welt zu GOtt gezogen wor-<lb/> den. Denn wie ich mich auch aus leſung ſolches buchs durch GOttes gnade<lb/> offt kraͤfftig geruͤhret worden zu ſeyn erinnere/ und daraus gegen daſſelbe ei-<lb/> ne ſo viel inniglichere liebe gefaſt/ daß dieſelbe auch nicht berge/ und es daher<lb/> jedermann nach vermoͤgen <hi rendition="#aq">recommendi</hi>re/ obwol nicht weniger verdruß und<lb/> widerwillen gewiſſer leute hin und wieder auff mich dadurch geladen habe;<lb/> alſo freuet mich/ ſo offt mich GOtt noch von andern Chriſtl. bruͤdern das<lb/> zeugnuͤß des guten hoͤren laͤſſet/ was er durch die ſchrifften ſolches vorlaͤngſt<lb/> in ſeine freude eingegangenen knechts bey denſelben gewircket habe: davor<lb/> billig allemal ſeine guͤte zu preiſen habe. Daß zu erkaͤntnuͤß goͤttl. wahrheit<lb/> und willens <hi rendition="#fr">die Heil. Schrifft</hi> das von GOtt geordnete einige haupt-mit-<lb/> tel ſeye/ wird bey mir und allen Chriſten eine ausgemachte ſache bleiben/ da-<lb/> her auch zu ſolchem zweck nichts wichtiger und dienlicher ſo bey denjenigen/<lb/> welche ihrem eignen Chriſtenthum allein obligen/ als die ſich auch zu dem<lb/> dienſt der gemeinde bereiten/ gedacht werden kan/ als deroſelben fleißige und<lb/> gruͤndliche unterſuchung/ wie auch unſre Symboliſche buͤcher ſolchem haupt-<lb/> buch die ehre der einigen richtſchnur und probierſteins aller wahrheit mit<lb/> recht beylegen/ und weder andre aͤltere bekaͤntnuͤſſen/ noch ſich ſelbſt denſel-<lb/> ben im wenigſten gleich geachtet haben wollen/ maſſen ſie ſich insgeſamt aus<lb/> denſelben pruͤfen und urtheilen laſſen muͤſſen: daher es ferne ſeye/ daß ich ei-<lb/> nigen menſchen von dieſem heiligſten <hi rendition="#aq">ſtudio</hi> und noͤthigſten arbeit abhalten/<lb/> oder nur darinnen traͤge machen ſolte/ dazu lieber jedermann auffmuntern<lb/> will. Jndeſſen bekenne/ daß ohne <hi rendition="#aq">præjudiz</hi> jenes <hi rendition="#aq">ſtudii</hi> und ohne deſſen nach-<lb/> ſetzung Chriſtl. perſonen/ ſonderlich welche ſich darzu geſchickt machen ſollen/<lb/> dermaleins GOtt an einer gemeine zu dienen/ billig und hertzlich rathe/ daß<lb/> ſie neben der Heil. Schrifft auch einige zeit anwenden zu leſung/ wie unſrer<lb/><hi rendition="#aq">librorum ſymbolicorum,</hi> alſo auch einiges <hi rendition="#aq">Compendii, Syſtematis</hi> oder der-<lb/> gleichen/ da unſre <hi rendition="#aq">Theologie</hi> in einer gebraͤuchlichen ordnung vorgeſtellet<lb/> wird. Einmahl zwahr/ weil aus denſelben eine gantze <hi rendition="#aq">idea</hi> unſrer wahren<lb/> glaubens-lehr leichter zu faſſen ſtehet/ die in der Heil. Schrifft hin und her<lb/> zerſtreuet iſt/ und es eine ſchwehrere arbeit wird/ daß die auch ungeuͤbte die<lb/> voͤllige ordnung aller goͤttlichen wahrheit hin und her aus der lieben Bibel<lb/> zuſammen bringen und faſſen loͤnnen/ als ſie bereits/ nachdem ſie mit vieler<lb/> muͤhe von andern dienern GOttes in ſeiner gnade aus der ſchrifft zuſammen<lb/> gebracht ſind/ auff einmahl an- und uͤberzuſehen: darnach/ daß die nun in der<lb/> kirche gewoͤhnliche redens-arten/ ſo aus unterſchiedlichen urſachen eingefuͤh-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ret</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [296/0312]
Das erſte Capitel.
ren/ und ſeiner vaͤterlichen liebe werckzeuge gegen jedermann zu werden.
Sonderlich war mir angenehm/ daß dem HErrn HErrn gefallen/ nechſt den
Spruͤchen H. Schrifft vor andern des S. Arndten wahres Chriſtenthum
bey ihm dermaſſen zu ſegnen/ daß er mehr von der welt zu GOtt gezogen wor-
den. Denn wie ich mich auch aus leſung ſolches buchs durch GOttes gnade
offt kraͤfftig geruͤhret worden zu ſeyn erinnere/ und daraus gegen daſſelbe ei-
ne ſo viel inniglichere liebe gefaſt/ daß dieſelbe auch nicht berge/ und es daher
jedermann nach vermoͤgen recommendire/ obwol nicht weniger verdruß und
widerwillen gewiſſer leute hin und wieder auff mich dadurch geladen habe;
alſo freuet mich/ ſo offt mich GOtt noch von andern Chriſtl. bruͤdern das
zeugnuͤß des guten hoͤren laͤſſet/ was er durch die ſchrifften ſolches vorlaͤngſt
in ſeine freude eingegangenen knechts bey denſelben gewircket habe: davor
billig allemal ſeine guͤte zu preiſen habe. Daß zu erkaͤntnuͤß goͤttl. wahrheit
und willens die Heil. Schrifft das von GOtt geordnete einige haupt-mit-
tel ſeye/ wird bey mir und allen Chriſten eine ausgemachte ſache bleiben/ da-
her auch zu ſolchem zweck nichts wichtiger und dienlicher ſo bey denjenigen/
welche ihrem eignen Chriſtenthum allein obligen/ als die ſich auch zu dem
dienſt der gemeinde bereiten/ gedacht werden kan/ als deroſelben fleißige und
gruͤndliche unterſuchung/ wie auch unſre Symboliſche buͤcher ſolchem haupt-
buch die ehre der einigen richtſchnur und probierſteins aller wahrheit mit
recht beylegen/ und weder andre aͤltere bekaͤntnuͤſſen/ noch ſich ſelbſt denſel-
ben im wenigſten gleich geachtet haben wollen/ maſſen ſie ſich insgeſamt aus
denſelben pruͤfen und urtheilen laſſen muͤſſen: daher es ferne ſeye/ daß ich ei-
nigen menſchen von dieſem heiligſten ſtudio und noͤthigſten arbeit abhalten/
oder nur darinnen traͤge machen ſolte/ dazu lieber jedermann auffmuntern
will. Jndeſſen bekenne/ daß ohne præjudiz jenes ſtudii und ohne deſſen nach-
ſetzung Chriſtl. perſonen/ ſonderlich welche ſich darzu geſchickt machen ſollen/
dermaleins GOtt an einer gemeine zu dienen/ billig und hertzlich rathe/ daß
ſie neben der Heil. Schrifft auch einige zeit anwenden zu leſung/ wie unſrer
librorum ſymbolicorum, alſo auch einiges Compendii, Syſtematis oder der-
gleichen/ da unſre Theologie in einer gebraͤuchlichen ordnung vorgeſtellet
wird. Einmahl zwahr/ weil aus denſelben eine gantze idea unſrer wahren
glaubens-lehr leichter zu faſſen ſtehet/ die in der Heil. Schrifft hin und her
zerſtreuet iſt/ und es eine ſchwehrere arbeit wird/ daß die auch ungeuͤbte die
voͤllige ordnung aller goͤttlichen wahrheit hin und her aus der lieben Bibel
zuſammen bringen und faſſen loͤnnen/ als ſie bereits/ nachdem ſie mit vieler
muͤhe von andern dienern GOttes in ſeiner gnade aus der ſchrifft zuſammen
gebracht ſind/ auff einmahl an- und uͤberzuſehen: darnach/ daß die nun in der
kirche gewoͤhnliche redens-arten/ ſo aus unterſchiedlichen urſachen eingefuͤh-
ret
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |