Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das erste Capitel. willen thäte. Daher 2. dienet er ihr auch nicht/ sondern ist von dero dienstbefreyet. Hingegen 3. dienet er allein einem Herren/ seinem GOtt. Jn- dessen 4. thut er was er hasset also/ daß er wider seinen willen die auffsteigen- de lüste/ welche auch ein thun des bösen nach dem geistlichen gesetze sind/ lei- den muß. Ja 5. solche sünde/ die in ihm wohnet/ wircket noch manche wirck- liche schwachheit-fehler/ die doch nicht ihm sondern der sünde zugeschrieben werden/ weil er nach dem theil was bey ihm herrschet/ nicht drein williget. 2. Ein jeglicher wiedergebohrner hat den geist Christi. Röm. 8/ 8. Wo aber der geist GOttes ist/ da ist freyheit. 2. Cor. 3/ 17. So ist bey einem wiedergebohrnen kein sünden-dienst/ denn er wandelt nicht nach dem fleisch. Antw. Es ist alles angeführte wahr 1. Ein wiedergebohrner hat den geist Christi/ welches man eben daraus sihet/ weil er das gute will/ das böse nicht will/ und an dem gesetz GOttes nach dem inwendigen menschen lust hat; welches alles ohne den H. Geist nicht geschehen kan. 2. So findet sich auch bey dem wiedergebohrnen in seinem geist freyheit/ daraus er das gute nicht aus zwang/ sondern mit willigem hertzen thut. 3. Es ist kein sünden- dienst bey ihm/ noch wandelt er nach dem fleisch. 4. Jndessen ist er doch noch wider seinen willen gefangen unter der sünden gesetz/ daß er derselben zwahr nicht dienet/ aber seine tyranney wider seinen willen in seinen gliedern leiden muß. 5. Sein fleisch aber wird nimmer frey/ und will allezeit der sünden dienen/ aber er befleißt sich/ solchen dienst ihm auch nicht frey zu gestatten. 3. Ein wiedergebohrner ist nicht unter dem gesetz. Gal. 5/ 1. Antw. Er ist nicht unter demselben weder nach dessen fluch noch nach dem zwang: dann er hat aus dem glauben die vergebung der sünden/ auch den freudigen willen das gute zu thun. 2. Aber das fleisch ist noch immer unter dem gesetz/ und weil er noch dasselbige an sich träget/ hat es sofern noch einige macht über ihn/ daß es an ihm dasjenige strafft/ was von dem fleisch ihm an- klebet: obwol der geist frey bleibet. 4. Ein wiedergebohrner tödtet die wercke des fleisches Röm. 8/ 13. Phil. 2/ 13. Antw. Jst auch wahr: es ist aber ein mühesames/ und stets- währendes tödten. Also ist das fleisch und die sünde an ihm nicht todt/ son- dern lebendig und zu wercken kräfftig. Der geist aber widerstehet solchen wercken/ und ist in stäter arbeit sie zu tödten/ die sich hingegen auch starck wehren/ und das tödten saur machen/ ja manchmal selbs einige wunden schlagen. 5. Jn einem wiedergebohrnen wohnet der geist GOttes Joh. 14/ 23. Röm. 8/ 11. 2. Cor. 6/ 6. Eph. 3/ 17/ 2. Tim. 1/ 14. Jn den unwiederge- bohrnen aber die sünde. Röm. 7/ 20. 6/ 11-14. Antw. Es wohnet frey- lich
Das erſte Capitel. willen thaͤte. Daher 2. dienet er ihr auch nicht/ ſondern iſt von dero dienſtbefreyet. Hingegen 3. dienet er allein einem Herren/ ſeinem GOtt. Jn- deſſen 4. thut er was er haſſet alſo/ daß er wider ſeinen willen die auffſteigen- de luͤſte/ welche auch ein thun des boͤſen nach dem geiſtlichen geſetze ſind/ lei- den muß. Ja 5. ſolche ſuͤnde/ die in ihm wohnet/ wircket noch manche wirck- liche ſchwachheit-fehler/ die doch nicht ihm ſondern der ſuͤnde zugeſchrieben werden/ weil er nach dem theil was bey ihm herrſchet/ nicht drein williget. 2. Ein jeglicher wiedergebohrner hat den geiſt Chriſti. Roͤm. 8/ 8. Wo aber der geiſt GOttes iſt/ da iſt freyheit. 2. Cor. 3/ 17. So iſt bey einem wiedergebohrnen kein ſuͤnden-dienſt/ denn er wandelt nicht nach dem fleiſch. Antw. Es iſt alles angefuͤhrte wahr 1. Ein wiedergebohrner hat den geiſt Chriſti/ welches man eben daraus ſihet/ weil er das gute will/ das boͤſe nicht will/ und an dem geſetz GOttes nach dem inwendigen menſchen luſt hat; welches alles ohne den H. Geiſt nicht geſchehen kan. 2. So findet ſich auch bey dem wiedergebohrnen in ſeinem geiſt freyheit/ daraus er das gute nicht aus zwang/ ſondern mit willigem hertzen thut. 3. Es iſt kein ſuͤnden- dienſt bey ihm/ noch wandelt er nach dem fleiſch. 4. Jndeſſen iſt er doch noch wider ſeinen willen gefangen unter der ſuͤnden geſetz/ daß er derſelben zwahr nicht dienet/ aber ſeine tyranney wider ſeinen willen in ſeinen gliedern leiden muß. 5. Sein fleiſch aber wird nimmer frey/ und will allezeit der ſuͤnden dienen/ aber er befleißt ſich/ ſolchen dienſt ihm auch nicht frey zu geſtatten. 3. Ein wiedergebohrner iſt nicht unter dem geſetz. Gal. 5/ 1. Antw. Er iſt nicht unter demſelben weder nach deſſen fluch noch nach dem zwang: dann er hat aus dem glauben die vergebung der ſuͤnden/ auch den freudigen willen das gute zu thun. 2. Aber das fleiſch iſt noch immer unter dem geſetz/ und weil er noch daſſelbige an ſich traͤget/ hat es ſofern noch einige macht uͤber ihn/ daß es an ihm dasjenige ſtrafft/ was von dem fleiſch ihm an- klebet: obwol der geiſt frey bleibet. 4. Ein wiedergebohrner toͤdtet die wercke des fleiſches Roͤm. 8/ 13. Phil. 2/ 13. Antw. Jſt auch wahr: es iſt aber ein muͤheſames/ und ſtets- waͤhrendes toͤdten. Alſo iſt das fleiſch und die ſuͤnde an ihm nicht todt/ ſon- dern lebendig und zu wercken kraͤfftig. Der geiſt aber widerſtehet ſolchen wercken/ und iſt in ſtaͤter arbeit ſie zu toͤdten/ die ſich hingegen auch ſtarck wehren/ und das toͤdten ſaur machen/ ja manchmal ſelbs einige wunden ſchlagen. 5. Jn einem wiedergebohrnen wohnet der geiſt GOttes Joh. 14/ 23. Roͤm. 8/ 11. 2. Cor. 6/ 6. Eph. 3/ 17/ 2. Tim. 1/ 14. Jn den unwiederge- bohrnen aber die ſuͤnde. Roͤm. 7/ 20. 6/ 11-14. Antw. Es wohnet frey- lich
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Das erſte Capitel.
willen thaͤte. Daher 2. dienet er ihr auch nicht/ ſondern iſt von dero dienſt
befreyet. Hingegen 3. dienet er allein einem Herren/ ſeinem GOtt. Jn-
deſſen 4. thut er was er haſſet alſo/ daß er wider ſeinen willen die auffſteigen-
de luͤſte/ welche auch ein thun des boͤſen nach dem geiſtlichen geſetze ſind/ lei-
den muß. Ja 5. ſolche ſuͤnde/ die in ihm wohnet/ wircket noch manche wirck-
liche ſchwachheit-fehler/ die doch nicht ihm ſondern der ſuͤnde zugeſchrieben
werden/ weil er nach dem theil was bey ihm herrſchet/ nicht drein williget.
2. Ein jeglicher wiedergebohrner hat den geiſt Chriſti. Roͤm. 8/ 8. Wo
aber der geiſt GOttes iſt/ da iſt freyheit. 2. Cor. 3/ 17. So iſt bey einem
wiedergebohrnen kein ſuͤnden-dienſt/ denn er wandelt nicht nach dem
fleiſch. Antw. Es iſt alles angefuͤhrte wahr 1. Ein wiedergebohrner hat
den geiſt Chriſti/ welches man eben daraus ſihet/ weil er das gute will/ das
boͤſe nicht will/ und an dem geſetz GOttes nach dem inwendigen menſchen luſt
hat; welches alles ohne den H. Geiſt nicht geſchehen kan. 2. So findet ſich
auch bey dem wiedergebohrnen in ſeinem geiſt freyheit/ daraus er das gute
nicht aus zwang/ ſondern mit willigem hertzen thut. 3. Es iſt kein ſuͤnden-
dienſt bey ihm/ noch wandelt er nach dem fleiſch. 4. Jndeſſen iſt er doch noch
wider ſeinen willen gefangen unter der ſuͤnden geſetz/ daß er derſelben zwahr
nicht dienet/ aber ſeine tyranney wider ſeinen willen in ſeinen gliedern leiden
muß. 5. Sein fleiſch aber wird nimmer frey/ und will allezeit der ſuͤnden
dienen/ aber er befleißt ſich/ ſolchen dienſt ihm auch nicht frey zu geſtatten.
3. Ein wiedergebohrner iſt nicht unter dem geſetz. Gal. 5/ 1. Antw.
Er iſt nicht unter demſelben weder nach deſſen fluch noch nach dem zwang:
dann er hat aus dem glauben die vergebung der ſuͤnden/ auch den freudigen
willen das gute zu thun. 2. Aber das fleiſch iſt noch immer unter dem
geſetz/ und weil er noch daſſelbige an ſich traͤget/ hat es ſofern noch einige
macht uͤber ihn/ daß es an ihm dasjenige ſtrafft/ was von dem fleiſch ihm an-
klebet: obwol der geiſt frey bleibet.
4. Ein wiedergebohrner toͤdtet die wercke des fleiſches Roͤm. 8/ 13.
Phil. 2/ 13. Antw. Jſt auch wahr: es iſt aber ein muͤheſames/ und ſtets-
waͤhrendes toͤdten. Alſo iſt das fleiſch und die ſuͤnde an ihm nicht todt/ ſon-
dern lebendig und zu wercken kraͤfftig. Der geiſt aber widerſtehet ſolchen
wercken/ und iſt in ſtaͤter arbeit ſie zu toͤdten/ die ſich hingegen auch ſtarck
wehren/ und das toͤdten ſaur machen/ ja manchmal ſelbs einige wunden
ſchlagen.
5. Jn einem wiedergebohrnen wohnet der geiſt GOttes Joh. 14/ 23.
Roͤm. 8/ 11. 2. Cor. 6/ 6. Eph. 3/ 17/ 2. Tim. 1/ 14. Jn den unwiederge-
bohrnen aber die ſuͤnde. Roͤm. 7/ 20. 6/ 11-14. Antw. Es wohnet frey-
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/184>, abgerufen am 16.02.2025. |