Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spee, Friedrich von: Gewissens-Buch: Von Processen Gegen die Hexen. Bremen, 1647.

Bild:
<< vorherige Seite

daß auch die vnschuldigste Person könte darvon
kommen? O du aller armeste Gaia, waß hastu
gehoffet? warumb hastu den ersten Fußtritt zum
Gefängniß nicht alsobald gesagt: du seyest eine
Hexe? O du aller elendestes weibliches Ge-
schlecht/ warumb bistu so närrisch/ daß du nicht
einen Todt/ für so viel grawsames nicht-sterben
können/ erwehlest? Folg doch gutem Rath/ vnd
sag: duseyest schuldig. Vnd stirb: dann das will
der vnsinnige Teutsche Justitien-eyffer einmal
für allemal von dir haben.

xxxvi. Dann wann eine vor Schmertzen/
sich einmal fälschlich hat schuldig geben/ so ist jhr
Elend nicht mehr außzusprechen. Dann es ist hie
gantz kein mittel mehr/ wieder ledig zu kommen.
Sie mus jhre Gespielen angeben/ deren sie doch
keine hat vnd kennet/ vnd die man jhr doch in der
tortur vorliset: welches stücklein ohnlängst ein
Lutrischer Prediger auch von den Catholischen
gelernet: oder der Hencker gibt jhr ein/ welche sie
besagen soll: oder sie saget selbst welche an/ die
vorhin verschreyet oder verbrennet/ oder einmal
wegen Hexerey gesessen/ vnd auff Caution vnd
andere weg wieder loß kommen: dieselben müssen
dann auch andere: jene wiederumben andere/
vnd so fort angeben: Wer siehet hie nicht/ daß
das Spiel in infinitum will hinauß lauffen?

xxxvii. Darumben müssen die Richter ent-
weder diese Processen vnnd böse Künsten ein-
stellen/ * oder sich vnnd alle die jhrigen vor-

her
* pag. 389.

daß auch die vnſchuldigſte Perſon koͤnte darvon
kommen? O du aller armeſte Gaia, waß haſtu
gehoffet? warumb haſtu den erſten Fußtritt zum
Gefaͤngniß nicht alſobald geſagt: du ſeyeſt eine
Hexe? O du aller elendeſtes weibliches Ge-
ſchlecht/ warumb biſtu ſo naͤrriſch/ daß du nicht
einen Todt/ fuͤr ſo viel grawſames nicht-ſterben
koͤnnen/ erwehleſt? Folg doch gutem Rath/ vnd
ſag: duſeyeſt ſchuldig. Vnd ſtirb: dann das will
der vnſinnige Teutſche Juſtitien-eyffer einmal
fuͤr allemal von dir haben.

xxxvi. Dann wann eine vor Schmertzen/
ſich einmal faͤlſchlich hat ſchuldig geben/ ſo iſt jhr
Elend nicht mehr außzuſprechen. Dann es iſt hie
gantz kein mittel mehr/ wieder ledig zu kommen.
Sie mus jhre Geſpielen angeben/ deren ſie doch
keine hat vnd kennet/ vnd die man jhr doch in der
tortur vorliſet: welches ſtuͤcklein ohnlaͤngſt ein
Lutriſcher Prediger auch von den Catholiſchen
gelernet: oder der Hencker gibt jhr ein/ welche ſie
beſagen ſoll: oder ſie ſaget ſelbſt welche an/ die
vorhin verſchreyet oder verbrennet/ oder einmal
wegen Hexerey geſeſſen/ vnd auff Caution vnd
andere weg wieder loß kommen: dieſelben muͤſſen
dann auch andere: jene wiederumben andere/
vnd ſo fort angeben: Wer ſiehet hie nicht/ daß
das Spiel in infinitum will hinauß lauffen?

xxxvii. Darumben muͤſſen die Richter ent-
weder dieſe Proceſſen vnnd boͤſe Kuͤnſten ein-
ſtellen/ * oder ſich vnnd alle die jhrigen vor-

her
* pag. 389.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0210" n="190"/>
daß auch die vn&#x017F;chuldig&#x017F;te Per&#x017F;on ko&#x0364;nte darvon<lb/>
kommen? O du aller arme&#x017F;te <hi rendition="#aq">Gaia,</hi> waß ha&#x017F;tu<lb/>
gehoffet? warumb ha&#x017F;tu den er&#x017F;ten Fußtritt zum<lb/>
Gefa&#x0364;ngniß nicht al&#x017F;obald ge&#x017F;agt: du &#x017F;eye&#x017F;t eine<lb/>
Hexe? O du aller elende&#x017F;tes weibliches Ge-<lb/>
&#x017F;chlecht/ warumb bi&#x017F;tu &#x017F;o na&#x0364;rri&#x017F;ch/ daß du nicht<lb/>
einen Todt/ fu&#x0364;r &#x017F;o viel graw&#x017F;ames nicht-&#x017F;terben<lb/>
ko&#x0364;nnen/ erwehle&#x017F;t? Folg doch gutem Rath/ vnd<lb/>
&#x017F;ag: du&#x017F;eye&#x017F;t &#x017F;chuldig. Vnd &#x017F;tirb: dann das will<lb/>
der vn&#x017F;innige Teut&#x017F;che <hi rendition="#aq">Ju&#x017F;titien</hi>-eyffer einmal<lb/>
fu&#x0364;r allemal von dir haben.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">xxxvi.</hi></hi> Dann wann eine vor Schmertzen/<lb/>
&#x017F;ich einmal fa&#x0364;l&#x017F;chlich hat &#x017F;chuldig geben/ &#x017F;o i&#x017F;t jhr<lb/>
Elend nicht mehr außzu&#x017F;prechen. Dann es i&#x017F;t hie<lb/>
gantz kein mittel mehr/ wieder ledig zu kommen.<lb/>
Sie mus jhre Ge&#x017F;pielen angeben/ deren &#x017F;ie doch<lb/>
keine hat vnd kennet/ vnd die man jhr doch in der<lb/><hi rendition="#aq">tortur</hi> vorli&#x017F;et: welches &#x017F;tu&#x0364;cklein ohnla&#x0364;ng&#x017F;t ein<lb/>
Lutri&#x017F;cher Prediger auch von den Catholi&#x017F;chen<lb/>
gelernet: oder der Hencker gibt jhr ein/ welche &#x017F;ie<lb/>
be&#x017F;agen &#x017F;oll: oder &#x017F;ie &#x017F;aget &#x017F;elb&#x017F;t welche an/ die<lb/>
vorhin ver&#x017F;chreyet oder verbrennet/ oder einmal<lb/>
wegen Hexerey ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en/ vnd auff <hi rendition="#aq">Caution</hi> vnd<lb/>
andere weg wieder loß kommen: die&#x017F;elben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
dann auch andere: jene wiederumben andere/<lb/>
vnd &#x017F;o fort angeben: Wer &#x017F;iehet hie nicht/ daß<lb/>
das Spiel <hi rendition="#aq">in infinitum</hi> will hinauß lauffen?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">xxxvii.</hi></hi> Darumben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die Richter ent-<lb/>
weder die&#x017F;e Proce&#x017F;&#x017F;en vnnd bo&#x0364;&#x017F;e Ku&#x0364;n&#x017F;ten ein-<lb/>
&#x017F;tellen/ <note place="foot" n="*"><hi rendition="#aq">pag.</hi> 389.</note> oder &#x017F;ich vnnd alle die jhrigen vor-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">her</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0210] daß auch die vnſchuldigſte Perſon koͤnte darvon kommen? O du aller armeſte Gaia, waß haſtu gehoffet? warumb haſtu den erſten Fußtritt zum Gefaͤngniß nicht alſobald geſagt: du ſeyeſt eine Hexe? O du aller elendeſtes weibliches Ge- ſchlecht/ warumb biſtu ſo naͤrriſch/ daß du nicht einen Todt/ fuͤr ſo viel grawſames nicht-ſterben koͤnnen/ erwehleſt? Folg doch gutem Rath/ vnd ſag: duſeyeſt ſchuldig. Vnd ſtirb: dann das will der vnſinnige Teutſche Juſtitien-eyffer einmal fuͤr allemal von dir haben. xxxvi. Dann wann eine vor Schmertzen/ ſich einmal faͤlſchlich hat ſchuldig geben/ ſo iſt jhr Elend nicht mehr außzuſprechen. Dann es iſt hie gantz kein mittel mehr/ wieder ledig zu kommen. Sie mus jhre Geſpielen angeben/ deren ſie doch keine hat vnd kennet/ vnd die man jhr doch in der tortur vorliſet: welches ſtuͤcklein ohnlaͤngſt ein Lutriſcher Prediger auch von den Catholiſchen gelernet: oder der Hencker gibt jhr ein/ welche ſie beſagen ſoll: oder ſie ſaget ſelbſt welche an/ die vorhin verſchreyet oder verbrennet/ oder einmal wegen Hexerey geſeſſen/ vnd auff Caution vnd andere weg wieder loß kommen: dieſelben muͤſſen dann auch andere: jene wiederumben andere/ vnd ſo fort angeben: Wer ſiehet hie nicht/ daß das Spiel in infinitum will hinauß lauffen? xxxvii. Darumben muͤſſen die Richter ent- weder dieſe Proceſſen vnnd boͤſe Kuͤnſten ein- ſtellen/ * oder ſich vnnd alle die jhrigen vor- her * pag. 389.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spee_cautio_1647
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spee_cautio_1647/210
Zitationshilfe: Spee, Friedrich von: Gewissens-Buch: Von Processen Gegen die Hexen. Bremen, 1647, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spee_cautio_1647/210>, abgerufen am 23.11.2024.