weiterung der Bedürfnisse immer zwekloser werden? Wäre es nicht zwekmäßiger, vielmehr der Wahl einen freiern Spiel-Raum zu verschaffen?
Aber dem weiblichen Geschlechte ist es ohnehin durch unsre Sitten ganz untersagt, auf die Wahl eines Mannes auszugehen, selbst die Aeußerung eines Wunsches der ehelichen Verbindung, also der Bestimmung, die doch einzig ihrem Daseyn in der Menschheit Werth giebt, darf nur leise sich hören lassen. Mag man denn immer bei Mädchen der höchsten und liebenswürdigsten ihrer Tugen- den, der Sittsamkeit und Schaamhaftigkeit, dieses Opfer bringen, aber mindestens löse man die Fesseln der Männer.
Wie selten muß nicht der Fall seyn, wo der Mann, der einer Gattin bedarf, durch
weiterung der Beduͤrfniſſe immer zwekloſer werden? Waͤre es nicht zwekmaͤßiger, vielmehr der Wahl einen freiern Spiel-Raum zu verſchaffen?
Aber dem weiblichen Geſchlechte iſt es ohnehin durch unſre Sitten ganz unterſagt, auf die Wahl eines Mannes auszugehen, ſelbſt die Aeußerung eines Wunſches der ehelichen Verbindung, alſo der Beſtimmung, die doch einzig ihrem Daſeyn in der Menſchheit Werth giebt, darf nur leiſe ſich hoͤren laſſen. Mag man denn immer bei Maͤdchen der hoͤchſten und liebenswuͤrdigſten ihrer Tugen- den, der Sittſamkeit und Schaamhaftigkeit, dieſes Opfer bringen, aber mindeſtens loͤſe man die Feſſeln der Maͤnner.
Wie ſelten muß nicht der Fall ſeyn, wo der Mann, der einer Gattin bedarf, durch
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weiterung der Beduͤrfniſſe immer zwekloſer
werden? Waͤre es nicht zwekmaͤßiger,
vielmehr der Wahl einen freiern Spiel-Raum
zu verſchaffen?
Aber dem weiblichen Geſchlechte iſt es
ohnehin durch unſre Sitten ganz unterſagt,
auf die Wahl eines Mannes auszugehen, ſelbſt
die Aeußerung eines Wunſches der ehelichen
Verbindung, alſo der Beſtimmung, die
doch einzig ihrem Daſeyn in der Menſchheit
Werth giebt, darf nur leiſe ſich hoͤren laſſen.
Mag man denn immer bei Maͤdchen der
hoͤchſten und liebenswuͤrdigſten ihrer Tugen-
den, der Sittſamkeit und Schaamhaftigkeit,
dieſes Opfer bringen, aber mindeſtens loͤſe
man die Feſſeln der Maͤnner.
Wie ſelten muß nicht der Fall ſeyn, wo
der Mann, der einer Gattin bedarf, durch
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Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/128>, abgerufen am 16.02.2025.
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