Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Betrachtungen
in der Kirch bettete, sahe er ohngefehr die Al-
lerseeligste Jungfrau, mit einer Schaar der
heiligen Engel umgeben. Einige ladeten ihne
ein, an den Göttlichen Opffer-Tisch zu kom-
men, und in Gegenwart MARIAE das heilige
Meß-Opffer abzulesen. Allein der demüthige
Kirchen-Prälat schätzte sich solcher Ehr ohn-
würdig, zoge sich demnach zuruck, und in dem
Zuruckgehen kame er mit dem Rucken an ei-
nen Stein, welcher sich, wie ein Wachs, er-
weichte, und die Gestalt des des heiligen Leibs
Boniti annahme. Nachmahls wurde er von
denen heiligen Englen gezwungen, die heilige
Meß zu lesen; darzu sie ihme selbst dieneten,
und die Mutter GOttes gabe ihme ein schnee-
weisses Kleid, von kostbarer Arbeit. Marcbes.
Pan. quot. Tom. 1. c.
2.

Wenn nun die Heil. Engel, so edle Geister,
nicht nur allein sich nicht gescheut, sondern für
die höchste Ehr gehabt, bey dem Göttlichen
Opfer-Tisch der Heil. Meß dienen zu können,
um wie viel mehr solten wir elende Erd-Würm
trachten, und alle Gelegenheit ergreiffen, in so
Göttlichem Geschäfft GOtt zu dienen?

Also thate es Thomas Morus, jener grosse
Cantzler des Königreichs Engellands, da er,
seiner ausnehmenden Tugend, Andacht, und
Demuth genug zu thun, mit so grossem hei-
ligen Eyfer zum Heil. Meß-Opfer diente, als
er einsmahls eben ministrirte, und zugleich von
seinem König nach Hof beruffen wurde, geant-

wortet:

Betrachtungen
in der Kirch bettete, ſahe er ohngefehr die Al-
lerſeeligſte Jungfrau, mit einer Schaar der
heiligen Engel umgeben. Einige ladeten ihne
ein, an den Göttlichen Opffer-Tiſch zu kom-
men, und in Gegenwart MARIÆ das heilige
Meß-Opffer abzuleſen. Allein der demüthige
Kirchen-Prälat ſchätzte ſich ſolcher Ehr ohn-
würdig, zoge ſich demnach zuruck, und in dem
Zuruckgehen kame er mit dem Rucken an ei-
nen Stein, welcher ſich, wie ein Wachs, er-
weichte, und die Geſtalt des des heiligen Leibs
Boniti annahme. Nachmahls wurde er von
denen heiligen Englen gezwungen, die heilige
Meß zu leſen; darzu ſie ihme ſelbſt dieneten,
und die Mutter GOttes gabe ihme ein ſchnee-
weiſſes Kleid, von koſtbarer Arbeit. Marcbeſ.
Pan. quot. Tom. 1. c.
2.

Wenn nun die Heil. Engel, ſo edle Geiſter,
nicht nur allein ſich nicht geſcheut, ſondern für
die höchſte Ehr gehabt, bey dem Göttlichen
Opfer-Tiſch der Heil. Meß dienen zu können,
um wie viel mehr ſolten wir elende Erd-Würm
trachten, und alle Gelegenheit ergreiffen, in ſo
Göttlichem Geſchäfft GOtt zu dienen?

Alſo thate es Thomas Morus, jener groſſe
Cantzler des Königreichs Engellands, da er,
ſeiner ausnehmenden Tugend, Andacht, und
Demuth genug zu thun, mit ſo groſſem hei-
ligen Eyfer zum Heil. Meß-Opfer diente, als
er einsmahls eben miniſtrirte, und zugleich von
ſeinem König nach Hof beruffen wurde, geant-

wortet:
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0307" n="270"/><fw place="top" type="header">Betrachtungen</fw><lb/>
in der Kirch bettete, &#x017F;ahe er ohngefehr die Al-<lb/>
ler&#x017F;eelig&#x017F;te Jungfrau, mit einer Schaar der<lb/>
heiligen Engel umgeben. Einige ladeten ihne<lb/>
ein, an den Göttlichen Opffer-Ti&#x017F;ch zu kom-<lb/>
men, und in Gegenwart <hi rendition="#aq">MARIÆ</hi> das heilige<lb/>
Meß-Opffer abzule&#x017F;en. Allein der demüthige<lb/>
Kirchen-Prälat &#x017F;chätzte &#x017F;ich &#x017F;olcher Ehr ohn-<lb/>
würdig, zoge &#x017F;ich demnach zuruck, und in dem<lb/>
Zuruckgehen kame er mit dem Rucken an ei-<lb/>
nen Stein, welcher &#x017F;ich, wie ein Wachs, er-<lb/>
weichte, und die Ge&#x017F;talt des des heiligen Leibs<lb/><hi rendition="#aq">Boniti</hi> annahme. Nachmahls wurde er von<lb/>
denen heiligen Englen gezwungen, die heilige<lb/>
Meß zu le&#x017F;en; darzu &#x017F;ie ihme &#x017F;elb&#x017F;t dieneten,<lb/>
und die Mutter GOttes gabe ihme ein &#x017F;chnee-<lb/>
wei&#x017F;&#x017F;es Kleid, von ko&#x017F;tbarer Arbeit. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Marcbe&#x017F;.</hi><lb/>
Pan. quot. Tom. 1. c.</hi> 2.</p><lb/>
          <p>Wenn nun die Heil. Engel, &#x017F;o edle Gei&#x017F;ter,<lb/>
nicht nur allein &#x017F;ich nicht ge&#x017F;cheut, &#x017F;ondern für<lb/>
die höch&#x017F;te Ehr gehabt, bey dem Göttlichen<lb/>
Opfer-Ti&#x017F;ch der Heil. Meß dienen zu können,<lb/>
um wie viel mehr &#x017F;olten wir elende Erd-Würm<lb/>
trachten, und alle Gelegenheit ergreiffen, in &#x017F;o<lb/>
Göttlichem Ge&#x017F;chäfft GOtt zu dienen?</p><lb/>
          <p>Al&#x017F;o thate es <hi rendition="#aq">Thomas Morus,</hi> jener gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Cantzler des Königreichs Engellands, da er,<lb/>
&#x017F;einer ausnehmenden Tugend, Andacht, und<lb/>
Demuth genug zu thun, mit &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;em hei-<lb/>
ligen Eyfer zum Heil. Meß-Opfer diente, als<lb/>
er einsmahls eben <hi rendition="#aq">mini&#x017F;tri</hi>rte, und zugleich von<lb/>
&#x017F;einem König nach Hof beruffen wurde, geant-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wortet:</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[270/0307] Betrachtungen in der Kirch bettete, ſahe er ohngefehr die Al- lerſeeligſte Jungfrau, mit einer Schaar der heiligen Engel umgeben. Einige ladeten ihne ein, an den Göttlichen Opffer-Tiſch zu kom- men, und in Gegenwart MARIÆ das heilige Meß-Opffer abzuleſen. Allein der demüthige Kirchen-Prälat ſchätzte ſich ſolcher Ehr ohn- würdig, zoge ſich demnach zuruck, und in dem Zuruckgehen kame er mit dem Rucken an ei- nen Stein, welcher ſich, wie ein Wachs, er- weichte, und die Geſtalt des des heiligen Leibs Boniti annahme. Nachmahls wurde er von denen heiligen Englen gezwungen, die heilige Meß zu leſen; darzu ſie ihme ſelbſt dieneten, und die Mutter GOttes gabe ihme ein ſchnee- weiſſes Kleid, von koſtbarer Arbeit. Marcbeſ. Pan. quot. Tom. 1. c. 2. Wenn nun die Heil. Engel, ſo edle Geiſter, nicht nur allein ſich nicht geſcheut, ſondern für die höchſte Ehr gehabt, bey dem Göttlichen Opfer-Tiſch der Heil. Meß dienen zu können, um wie viel mehr ſolten wir elende Erd-Würm trachten, und alle Gelegenheit ergreiffen, in ſo Göttlichem Geſchäfft GOtt zu dienen? Alſo thate es Thomas Morus, jener groſſe Cantzler des Königreichs Engellands, da er, ſeiner ausnehmenden Tugend, Andacht, und Demuth genug zu thun, mit ſo groſſem hei- ligen Eyfer zum Heil. Meß-Opfer diente, als er einsmahls eben miniſtrirte, und zugleich von ſeinem König nach Hof beruffen wurde, geant- wortet:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/307
Zitationshilfe: Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/307>, abgerufen am 22.07.2024.